Himmel uber Langani
Entschuldigung vor, um sich ihm zu entziehen. Ihr wurde klar, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er mehr von ihr erwarten würde, aber mit diesem Thema wollte sie sich noch nicht beschäftigen. Es war lächerlich, dass sie das Gefühl hatte, Piet untreu zu werden, aber er war immer noch fest in ihrem Herzen verankert, wie eine alte Gewohnheit, die man nur schwer ablegen konnte. Sie musste eben Tag für Tag ein wenig daran arbeiten, um ihn allmählich zu vergessen.
Ende März fragte Mike sie, ob sie zu einer Party im Haus eines Senatsmitglieds mitkommen wolle.
»Gerry McCall hat mich zum Abendessen eingeladen, und ich möchte gern, dass du mich begleitest«, sagte er.
Sarah war erfreut, aber auch nervös, als sie erfuhr, dass der Gastgeber für seine Karriere wichtig sein konnte. Also hatte Tim doch Recht gehabt – Mike hatte politische Ambitionen. Sie machte sich sorgfältig zurecht und rief sich dabei ins Gedächtnis, was Camilla ihr geraten hatte, um das Beste aus ihrem Aussehen zu machen. Mikes anerkennender Pfiff zeigte ihr, dass es ihr gelungen war.
Zu Beginn des Abends unterhielten sich die Gäste über die Situation im Norden. Sarah verstand zu wenig davon und war nicht in der Lage, auch nur eine kluge Bemerkung dazu beizusteuern. Aber dann wandte sich das Gespräch zwangsläufig der britischen Regierung und den Kolonien in weit entfernten Ländern zu, und Mike berichtete von Sarahs Hintergrund. Alle Augen waren auf sie gerichtet, und sie beschlich das unbehagliche Gefühl, dass das von Anfang an sein Plan gewesen war. Er stellte ihr eine Frage nach der anderen über ihre Familie und ihr Leben dort. Zuerst antwortete sie ganz offen, doch nach und nach wurde ihr klar, dass er sie seinen sozialistischen Freunden vorführen wollte – als sein persönliches Beispiel für die Übel der Kolonialherrschaft. Allmählich begann sie sich über die Engstirnigkeit und die Feindseligkeit gegenüber den Briten zu ärgern.
»Für die Hausarbeit waren erwachsene Männer zuständig, nicht wahr?«, fragte Mike. »Sie nannten sie Hausboy«, fügte er dann als witzige Nebenbemerkung hinzu. »Gleichgültig, wie alt sie waren. Wie demütigend!«
»Hatten Sie kein schlechtes Gewissen, wenn Sie Menschen so ausbeuteten? Sie lebten doch zusammengepfercht in winzigen Unterkünften hinter Ihren Herrschaftshäusern.« Tom Russell, ein Journalist, musterte sie durch den Rauch, der aus seiner Zigarre aufstieg. »Wie viele Leute mussten sich ein Zimmer teilen?«
»Jede Familie hatte zwei Räume und ein …«
»Eine ganze Familie in zwei Zimmern? Das klingt ein wenig wie auf den Sklavenplantagen in den Südstaaten.«
»Also bitte! Gebt dem Mädchen eine Chance«, mischte McCall sich ein, und sie warf ihm einen dankbaren Blick zu. »Um Himmels willen, es gibt etliche Familien hier in der Benburb Straße, die so leben. Und wer tut etwas für sie? Die Hälfte von ihnen wird schon längst im Grab liegen, bevor unser Mike ihnen helfen kann.«
Alle lachten, aber Sarah regte sich auf. »Aber so ist das wirklich nicht. So wie Sie das sagen, klingt es furchtbar und beschämend. Aber das ist es nicht. Das afrikanische Personal gehört zur Familie. Sie sind glücklich. Ihre Bezahlung ist gut, ihre Kinder können eine Ausbildung machen, und sie werden medizinisch versorgt, wenn es nötig ist. Und die Unterkünfte, in denen sie leben, sind viel besser als die Lehmhütten auf ihrem eigenen Land. Dort hausen sie in nur einem Raum und haben weder fließendes Wasser noch eine richtige Belüftung.« Sobald sie das gesagt hatte, wurde ihr klar, wie gönnerhaft es klang.
»Feudal. Das ist es doch, oder?«, meinte Mike. »Es erstaunt mich immer wieder, wie die Briten selbst heute noch damit durchkommen können. Jetzt fordern die Kolonien zwar lautstark ihre Unabhängigkeit, aber wie sind sie darauf vorbereitet worden? Sie kennen nichts anderes als die Abhängigkeit von ihren Herren.«
Sarah schwieg. Wie konnte sie das Engagement ihres Vaters im Krankenhaus beschreiben? Die ständige Fürsorge ihrer Mutter für die Frauen und Kinder, die auf ihrem Land lebten, oder das Gefühl des Stolzes, das die Bediensteten empfanden, weil sie zu ihrem Haushalt gehörten? Keiner der Menschen hier würde diese besondere Beziehung begreifen. Und jetzt gab es so viele Schulen, Colleges und Lehrgänge, wo Afrikaner sich weiterbilden konnten. Von Mike hatte sie so etwas nicht erwartet. Sie war verwirrt und verletzt von der Art und Weise, wie er sie benutzt
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