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Himmel uber Langani

Himmel uber Langani

Titel: Himmel uber Langani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara und Stefanie Keating
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dem Film aufgesogen wurde. Beinahe empfand sie es als Geschenk Gottes, dass es ihr gegeben war, diese heiteren Momente einzufangen und zu bewahren.
    Diese Bilder würden bleiben, selbst wenn es in dem Haus still wurde und nur noch das Schnarchen aus zerwühlten Betten zu hören sein würde, oder das Brutzeln eines Essens spätnachts, mit dem jemand ausgenüchtert werden sollte. Selbst nachdem die Wirklichkeit wieder alle in ihren eigenen Überlebenskampf geschickt hatte, würde diese Nacht der Magie, der Befreiung und der Freundschaft auf zehn mal acht großen Hochglanzbildern bestehen bleiben und niemals in Vergessenheit geraten. In dieser Nacht gab es in St. Joseph’s keinen Ärger. Sarah hatte es kaum erwarten können, den Film zu entwickeln, um zu sehen, ob die Bilder wirklich so großartig geworden waren, wie sie glaubte. Jetzt, als sie die Fotos mit wachsender Begeisterung betrachtete, wusste sie, dass ihr ein hochwertiger Beitrag für den Wettbewerb gelungen war. Und wenn sie ausgestellt wurden, würden sie eine Stimme sein, die für ihre Freunde im Obdachlosenasyl sprach. Als die Fotos trocken waren, steckte sie sie behutsam in eine Mappe, räumte die Dunkelkammer auf und fuhr nach Hause.
    In der Küche spülte sie die Bratpfanne und den fettigen Teller ab, den ihr Bruder in das Spülbecken gestellt hatte. Als sie nach Tim sah, lag er quer auf dem Bett. Seine Schuhe, die Brille und der weiße Mantel bildeten einen Haufen auf dem Boden neben ihm. Er sieht sehr verletzlich aus, dachte Sarah. So jung. Die ehrenwerte Deirdre hatte er nicht mehr erwähnt. Aber wenn er nun bis über beide Ohren verliebt in das Mädchen war und das seiner Schwester nicht anvertrauen konnte? Sarah schauderte, als sie sich ein heißes Bad einlaufen ließ, sich in der Wanne zurücklegte und nachdachte. Sie war sicher, dass Deirdre nicht die Richtige für ihren Bruder war. Aber zumindest hatte er jemanden, während sie sich wieder einmal zum Narren gemacht hatte.
    Von Camilla hatte sie nichts mehr gehört. Nach dem Vorfall in jener Nacht hatte sie erbärmliche Entschuldigungen vorgebracht und versucht, das restliche Wochenende zu retten, indem sie mit ihnen ins Theater, in eine angesagte italienische Trattoria und in einen Club gegangen war, wo die Rolling Stones spielten. Sie hatten sogar Gelegenheit gehabt, eines der Bandmitglieder kennen zu lernen. Aber es war unmöglich, das Debakel mit Marina zu vergessen. Tim war einen Tag früher als geplant nach Irland zurückgefahren.
    »Sie versucht sich unsere Vergebung zu erkaufen, und das ertrage ich nicht«, erklärte er. »Ich fahre. Wir sehen uns in Dublin.«
    »Nein, Tim. Sie ist chaotisch, das stimmt, aber sie ist nicht so berechnend. Sieh dir doch ihre Herkunft an! Was wäre aus uns geworden, wenn wir in solchen Verhältnissen aufgewachsen wären?«
    »Du bist zu großzügig, Sarah. Zu nachsichtig. Camilla macht nur Ärger. Vielleicht kann sie nichts dafür, aber sie ist genau wir ihre Mutter und verbreitet Unglück, wohin sie kommt. Es war idiotisch von Piet, auf sie hereinzufallen, aber das hat er nicht verdient. Du solltest vorsichtig sein, sonst macht sie als Nächstes dich fertig und wirft deine Überreste zum Müll. Wenn der Schaden dann angerichtet ist, wird ihr natürlich alles wieder Leid tun. Eine solche Schwester brauchst du nicht.«
    Wie naiv sie alle gewesen waren, als sie diesen kindischen Pakt geschlossen hatten! Jetzt waren sie weit voneinander entfernt, getrennt durch familiäre Umstände und Probleme, die offenbar alle Versuche, die Freundschaft zu erhalten, scheitern ließen. Es hatte so natürlich geschienen, so richtig, einander immerwährende Liebe und Loyalität zu geloben. Sarah stieg aus der Wanne und rieb sich kräftig die blasse Haut mit einem Handtuch ab. Sie hasste es, dass sie so teigig und milchig wirkte. An ihrem kleinen Schreibtisch füllte sie die Bewerbungsunterlagen für den Wettbewerb aus und etikettierte sorgfältig jedes Foto auf der Rückseite, bevor sie die Bilder in einen festen Umschlag schob. Als sie ins Wohnzimmer ging, saß Tim zusammengesunken auf dem Sofa und sah sie aus blutunterlaufenen Augen an.
    »Ich wollte auf dich warten, aber du bist spät dran, und so bin ich eingenickt. Ich wollte dich nicht verpassen.« Er starrte auf den abgewetzten Teppich. »Es gibt Neuigkeiten von daheim. Mum hat angerufen.«
    »Ist alles in Ordnung?« Eine dunkle Vorahnung befiel sie. Betty rief nur an Geburtstagen und zu besonderen Anlässen – oder

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