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Himmel uber Langani

Himmel uber Langani

Titel: Himmel uber Langani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara und Stefanie Keating
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des Studiums und seines großen Interesses an der Arbeit zu wenig Zeit für sie gehabt hatte. Vor einem Jahr hatte er das Plakat gesehen, mit dem Freiwillige gesucht wurden.
    »Ich arbeite manchmal nachts in der Unterkunft, und am Wochenende teile ich Suppe aus. Ehrenamtlich, aber trotzdem sehr lohnend«, erklärte er. »Oft ist es sehr traurig, aber manchmal auch wahnsinnig komisch. Es hat mir gezeigt, wie zäh Menschen sein können, selbst wenn sie sich in einer verzweifelten Lage befinden. Vielleicht möchtest du mich einmal auf einer Nachtschicht begleiten?«
    In der folgenden Woche hatte Sarah sich der Gruppe angeschlossen. Sie half dabei, riesige Töpfe mit Suppe, Tee mit Milch und Zucker und Stapel von dick belegten Brötchen zuzubereiten und an die Menschen zu verteilen, die auf Parkplätzen im Freien, in verfallenen Gebäuden oder auf Bänken schliefen oder sich auf den nassen Gehsteigen unter Pappkartons und Zeitungen zusammenkauerten. Dann schrieb sie sich für die Montagsschicht im Obdachlosenasyl ein.
    St. Joseph’s war ein baufälliges Haus im georgianischen Stil mit langen Schiebefenstern, die im Wind klapperten. Innen hingen nackte Glühbirnen von dem bröckelnden, mit Rosen verzierten Stuck. Der einzige warme Ort im Haus war die Küche. Die großen Gasbrenner und der Herd gaben eine behagliche Wärme ab, die das Feuer in den offenen Kaminen nicht spenden konnte – in den hohen, spartanischen Räumen war nur ein kleiner Bereich wirklich warm. Die meisten Leute versammelten sich in der Küche und drängten sich um den Kamin. Ihre Gesichter waren von der Hitze der glühenden Kohlen gerötet, und ihre Rücken eiskalt von der Zugluft, die unter der Tür hindurchpfiff. Mit der Zeit lernte Sarah die ständigen Gäste lieben, verlorene Menschen mit bedrückenden Schicksalen und zerfurchten Gesichtern, in denen sich ihr verpfuschtes Leben widerspiegelte. Endlich hatte sie das Gefühl, dass ihr Leben einen Sinn und Erfüllung hatte.
    Und es gab einen Mann in ihrem Leben. Den Großteil ihrer Freizeit verbrachte sie nun mit Mike Daly. Er war dynamisch, leidenschaftlich und sehr engagiert bei allem, was er tat. Und er schien einen ausgeprägten Sinn für soziale Gerechtigkeit zu haben, was ihn ihrer Meinung nach zu einem ausgezeichneten Anwalt machen würde. Ihre ungewöhnliche Herkunft schien ihn zu faszinieren, und nach anfänglicher Zurückhaltung begann sie, ihm von ihrem Leben in Kenia zu erzählen. Zumindest versuchte er, sich vorzustellen, was sie ihm beschrieb. Sie genoss die gemeinsamen Nachtschichten und erzählte ihm Geschichten aus ihrer Kindheit in Afrika. Sein Interesse schmeichelte ihr. Er wollte alles wissen über das Leben der »großen Bwanas« , wie er sie nannte, und über die kulturelle Vielfalt der Afrikaner und der weißen Siedler. Seine eigene Familie stammte aus Limerick. Sein Vater besaß eine Drogerie, und seine Mutter war Lehrerin. Er hatte sich für ein Jurastudium entschieden, weil es so viele Menschen gab, die sich selbst nicht helfen konnten, die ein schweres Schicksal hatten und keine Hilfe bei ihren Familien fanden. Die Gesellschaft hatte sie verstoßen, und der Staat bot ihnen kein Sicherheitsnetz. Die Politiker verkündeten ständig, wie sehr ihnen ihr Schicksal am Herzen liege, doch sie taten nichts für sie.
    Zum ersten Mal seit Beginn ihres Studiums spürte Sarah, dass sie einen Menschen gefunden hatte, der sie verstand. Wenn Mike sie mit Fragen überhäufte, wurde ihr bewusst, wie wenig sie eigentlich über die einheimische Bevölkerung in Kenia wusste, obwohl sie dort aufgewachsen war. Wenn er sie küsste, regte sich ein warmes, angenehmes Gefühl in ihr. Überwältigende Erregung verspürte sie jedoch nicht, aber vielleicht würde das noch kommen, wenn sie sich näher kannten.
    »Wie ich höre, hast du dich mit Mike Daly angefreundet«, sagte Tim, als sie sich eines Abends zum Ausgehen zurechtmachte. »Er macht sich gerade einen Namen bei der extremen Linken.«
    »Ihm geht es um die Rechte der benachteiligten Menschen, nicht um Politik.« Sie hatte den kritischen Unterton in seinen Worten sehr wohl gehört. »Er ist sehr engagiert, und das ist doch nichts Schlechtes.«
    »Soviel ich gehört habe, ist er ein Linksradikaler. Es überrascht mich, dass du mit ihm gehst.«
    »Ich gehe mit niemandem«, verteidigte sie sich und wechselte das Thema. »Übrigens siehst du völlig erschöpft aus. Du solltest etwas essen und trinken und dann ins Bett gehen. Das Sofa ist zu kurz

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