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Himmel über Darjeeling

Himmel über Darjeeling

Titel: Himmel über Darjeeling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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Winston trotteten ihm müde hinterher.
    Das Misstrauen des schmierigen bhatiyárá der versteckt gelegenen Herberge erstickte Mohan Tajid mit ein paar Silberstücken im Keim, und die beiden durch eine Tür miteinander verbundenen Zimmer waren einfach, aber erstaunlich sauber.
    Wie Steine schliefen sie eine Nacht und einen Tag, und als Winston am nächsten Morgen vom gleichmäßigen Rauschen des Monsuns erwachte, fühlte er sich trotz seiner schmerzenden Muskeln wie neugeboren. Den Gefahren des Rajputenhofs unmittelbar entkommen zu sein ließ ihn sich befreit fühlen. Er wandte den Kopf zu Sitara, die sich auf dem leinenbezogenen Strohsack neben ihm zusammengerollt hatte und noch tief und fest schlief. Ihr Haar strähnig und verknotet, ihr Gesicht verschmiert, wirkte sie wie ein verwildertes Dorfkind, doch auch ihre Züge zeigten den Frieden einer der Bedrohung Entronnenen. Als hätte sie seinen Blick gespürt, flatterten ihre Augenlider, blinzelte sie in das perlgraue Tageslicht, und als sie Winston sah, glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. Wie eine Katze streckte sie sich und schmiegte sich an ihn, ebenso stumm, wie sie die bisherige Flucht über gewesen war.
    Ein Klopfen an der Tür ließ sie beide auffahren. Doch es war nur Mohan Tajid, sauber und in den schlichten, schlammfarbenen Kleidungsstücken der einfachen Landbevölkerung, dem dhoti und der langen Jacke, einen langen Baumwollschal als Turban um den Kopf geschlungen, der ein hölzernes Tablett mit einer dampfenden Schüssel, einem Stapel chapatis und einer Kanne chai vor sich her balancierte. Im Schneidersitz machten sie sich hungrig über den Berg muttar pilaw – in Brühe gekochter Reis mit Gemüse und Huhn – her und schmiedeten Pläne für die Fortsetzung ihres Fluchtweges.
    In aller Frühe war Mohan schon auf dem Basar gewesen und hatte ihnen neue Kleidung besorgt. Wieder von zivilisiertem Äußeren war er wenig später noch einmal losgezogen und hatte ihre Pferde für nur ein paar Rupien abgestoßen – mehr hatten die müden Gäule nicht eingebracht –, bei der Gelegenheit aber erfahren, dass der Schreiber zwei Gassen weiter händeringend Hilfe suchte: Jetzt, während des Monsuns, schienen sich alle plötzlich liegen gebliebener oder dringendst zu schreibender Briefe zu besinnen und bestürmten den Schreiber, diese für ihn zu lesen beziehungsweise zu Papier zu bringen. Mohan Tajid hatte sich dort unter einem anderen Namen vorgestellt und eine haarsträubende Lügengeschichte zum Besten gegeben, in der er mit seiner frisch angetrauten jungen Frau dem Monsun zum Trotz nach Jaipur geflohen war, um seinem lüsternen Grundherren zu entgehen, der sein Recht auf die erste Nacht mit der Braut hatte geltend machen wollen – eine Geschichte, die so ganz nach dem Geschmack der zu Tragik, Drama und Geschichten von Liebespaaren in Nöten neigenden rajputanischen Volksseele war, und neben einer Hand voll Rupien pro Woche hatte der Schreiber ihm sogleich ein leerstehendes Zimmer im Hinterhof seines Hauses als Wohnstatt angeboten.
    »Spätestens in zwei Monaten ist die Regenzeit vorüber«, fuhr Mohan fort und stopfte sich den letzten Bissen des Fladenbrotes in den Mund, ehe er das Tablett zwischen ihnen gegen eine ausgebreitete Karte Nordindiens austauschte, »und der Wüstenboden trocknet schnell. Zu lange dürfen wir nicht hier bleiben – Jaipur ist zu klein, zu geordnet, als dass wir ohne Gefahr längere Zeit hier untertauchen könnten.«
    Widerstrebend musste Winston zugeben, dass Mohan Tajid mit seiner Argumentation Recht hatte und er durch seine Größe und helle Hautfarbe selbst in der geschicktesten Verkleidung noch als Engländer zu erkennen war und damit ein Sicherheitsrisiko für sie alle war. Mohans Zeigefinger fuhr auf der Karte diagonal nach oben, blieb auf dem größten Punkt auf der Karte liegen. »Delhi ist ungleich größer und chaotischer, die Gassen der Basare wirr, überlaufen, unübersichtlich. Wenn wir irgendwo unsere Spur verwischen können, dann dort.«
    »Und da werden wir dann sicher sein?« Halb zweifelnd, halb hoffend sah Winston Mohan Tajid an.
    Ernst erwiderte Mohan diesen Blick. Durch den sprießenden Vollbart, den er sich hatte stehen lassen, schien er seit dem Verlassen des Palastes um Jahre gealtert zu sein.
    »Wir werden nirgendwo mehr sicher sein«, entgegnete er mit einem metallischen Unterton in der Stimme. »Allerdings halte ich es mit dem Mahabharata, in dem geschrieben steht, dass ein Mann, dessen Stunde noch nicht

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