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Himmel über Darjeeling

Himmel über Darjeeling

Titel: Himmel über Darjeeling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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östlichen Himalayas ausbreitete. Unterhalb der eingezeichneten Bergkette, oberhalb des Städtchens Darjeeling, war eine Fläche umrandet und schraffiert, auf die Ian nun den Finger legte. »Dieses Land habe ich vor einiger Zeit kaufen lassen. Als ich mich anfangs dafür interessierte, durften keine Europäer dort Grundstücke erwerben. Dann wurden die Gesetze geändert, und nun dürfen keine Inder oder Eurasier dort Land besitzen. Also zog Rajiv Chand sein Angebot zurück, und Ian Neville trat stattdessen in Verhandlungen mit der Regierung.« Er streifte Mohan mit einem amüsierten Seitenblick. »Welche Ironie, nicht wahr?«
    Rajiv, das Chamäleon , schoss es Mohan durch den Kopf. Sein Blick wanderte auf den Maßstab am unteren Rand der Karte und schätzte die Ausdehnung des Grundstücks ab.
    »Was hast du vor mit so viel Land?«
    »Ich werde einen Teegarten anlegen.« Fast zärtlich fuhren Ians Fingerspitzen über die markierte Fläche. »Und mein Tee wird der beste weit und breit sein.« Er musste Mohans überraschten Blick gespürt haben, denn er sah mit einem Schmunzeln auf. »Ich habe nichts von dem vergessen, was ich damals bei Tientsin gelernt habe. Gar nichts.«
    Mohan begriff, dass es das gewesen war, was ihn all die Jahre beschäftigt, wovon er geträumt hatte – wie ein Sadhu, in wahrhaft weiser Gelassenheit, hatte er auf seine Stunde gewartet, die Stunde, in der Surya Mahal und das dazugehörige Vermögen seines sein würden. Und wie er Ian kannte, hatte er diesen Plan bis in das winzigste Detail ausgearbeitet, würde er nichts dem Zufall überlassen. Er wies mit dem Kinn auf die Karte. »Hast du schon einen Namen?«
    »Das Land ist bereits unter dem Namen Shikhara im Grundbuch eingetragen.« Mit einem Murmeln fügte er hinzu: »Von dort aus kann man den Kanchenjunga sehen …« Und in seinen Augen lag ein Anflug von Sehnsucht.
    Shikhara … Mohan wiederholte den Namen im Geiste. Gipfel , weil man von dort aus den Heiligen Berg Shivas und andere Bergspitzen des Himalaya sehen konnte. Tempel , nach den steinernen Monumenten in Kangra, dem Tal, in dem Ian seine Kindheit verbracht hatte, deren Bauart als shikhara -Stil bezeichnet wurde – vielleicht auch ein Tempel zu Ehren Shivas. Und Shikhara ahmte den Klang des Namens seiner Mutter Sitara nach. Doch die Wurzel dieses Namens ließ sich auch auf shikar und shikari zurückführen, Jagd undJäger, und Mohan sah Ian aufmerksam an. Jagd wonach?, rätselte er insgeheim; laut aber fragte er: »Und was wird aus Surya Mahal?«
    Ian faltete die Karte wieder zusammen. »Ich werde morgen bekannt geben, dass Djanahara mich während meiner Abwesenheit vertreten wird. Sie wird auch dafür sorgen, dass der verbotene Garten wieder gepflegt wird und sich jemand um den Ánsú Berdj kümmert. Er soll in Ordnung gehalten werden und zugänglich sein, aber unbewohnt bleiben.«
    Der Turm der Tränen … Mohan hatte immer vermutet, dass Ian dort viel Zeit verbracht hatte, heimlich, immer dann, wenn er im übrigen Teil des Palastes unauffindbar gewesen war. Ob er dort seine Pläne geschmiedet hatte, im obersten Stockwerk, dessen Boden von den ruhelosen Schritten seiner gefangen gehaltenen Mutter blank poliert war, von dem aus man weit in das Land hinaussehen konnte?
    Djanahara als Stellvertreterin war eine gute Wahl, fand Mohan. Sie war seine ältere Schwester, eine energische und kluge Frau, und lebte seit gut einem Jahr bei ihnen auf Surya Mahal. Damals war ein hilfesuchender Brief bei ihnen eingegangen: Ihr Ehemann war nach langer Krankheit gestorben, und sie sah sich von ihren Kindern genötigt, seinen Scheiterhaufen mit zu besteigen, um den ehrenvollen sati zu begehen. Ian hatte ihr sofort Zuflucht zugesichert und sie von einem Tross Rajputenkrieger abholen lassen. Nun erst begriff Mohan, weshalb der sonst auf Einhaltung der religiösen Gesetze beharrende Raja ihn hatte gewähren lassen – er hatte da schon gewusst, dass Ian der neue Herrscher über Surya Mahal werden würde, und dessen Entscheidung respektiert, mochte sie auch noch so sehr seinem eigenen Weltbild widersprechen.
    »Wann wirst du aufbrechen?«
    »Sobald ich kann – in zwei bis drei Tagen.«
    »Ich würde dich gern begleiten«, sagte Mohan und sah Ian abwartend an.
    Ian erwiderte diesen Blick, und ein kleines Lächeln schien in seinem Gesicht auf, als er ihm zunickte.
    »Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest.« Urplötzlich wurde seine Miene wieder ernst, und er machte ein paar Schritte durch den

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