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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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besser vor ihr verborgen geblieben wären. Dennoch schloss sie sich Sarah an, die mit wiegendem Schritt vorausging, geschickt die schlimmsten Schlammlöcher umschiffte und dabei noch die Stirn hatte, einem vorübereilenden Postbeamten mit strahlendem Lächeln einen guten Abend zu wünschen. Der Weg führte zurück, sie überquerten die Inderstraße, liefen an den verlassenen Markthallen vorbei in westlicher Richtung. Dort begann sich der Himmel im Abendrot zu färben, kleine Wölkchen schwammen darin, die ehemals grau gewesen waren, jetzt aber gelblich und orangerot leuchteten. Die verfallenen Häuser, an denen sie vorübergingen, erhielten in diesem Licht ein seltsam unwirkliches Aussehen, so als stünden die Trümmer und losen Steine in Flammen.
    » Du willst doch nicht etwa ins Negerviertel?«
    Das Viertel der Schwarzen lag am westlichen Rand von Daressalam; Charlotte hatte es nur von Weitem gesehen, man hatte ihr geraten, diese Gegend zu meiden. Dort standen niedrige Lehmhütten mit Strohdächern in ordentlichen Reihen, dazwischen wimmelten Kinder und Frauen, Hühner, Ziegen und Esel. Vor den Hütten wurde gekocht, getrunken, gefeiert, manchmal– so hatte man ihr erzählt– kam es auch zu üblen Schlägereien. Die Deutschen kontrollierten das Viertel häufig, denn es war ein unermüdlicher Quell von Ärgernissen.
    » Nur an den Rand. Komm zu mir herüber. Von hier aus kannst du es sehen.«
    Sarah war auf einen der Schutthügel gestiegen und deutete mit dem Arm auf ein lang gezogenes, flaches Gebäude, das mit Wellblechplatten gedeckt war. Eine niedrige Mauer umgab das Anwesen, in einer Ecke der Einfriedung lag allerlei Gerümpel, darunter Holzkisten, leere Blechdosen und Flaschen. Von der Rückseite des Gebäudes stieg eine feine Rauchsäule auf, dort wurde vermutlich auf offenem Feuer gekocht.
    » Was ist das?«
    Wieder tat Sarah einen Seufzer, dann überwand sie sich zu einer Erklärung.
    » Also hör zu. Du musst es ja nicht an die große Glocke hängen und vor allem nicht die arme, kleine Klara damit behelligen. Versprich mir das. Mädchen wie Klara sollten von diesen Dingen besser nichts wissen.«
    » Nun rede schon!«
    » Dort halten sie sich ihre Negerinnen«, sagte Sarah in verächtlichem Ton. » Sie mögen nicht ins Negerviertel gehen, das wäre ihnen zu dreckig und zu gefährlich. Also haben sie sie hier eingepfercht, versorgen sie mit allem, was sie brauchen, und geben ihnen auch ein wenig Geld. Die Mädchen müssen sich vorher gründlich waschen, darauf legen sie Wert, und wenn eine krank wird, dann schicken sie sie zu ihrer Familie zurück.«
    Charlotte starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Konnte das sein? Sie hatte von solchen Häusern gehört, dort verkehrten heruntergekommene Gestalten, schmutzige Ganoven, der Abschaum der Menschheit.
    » Ich kann sie ja verstehen«, schwatzte Sarah weiter. » Es sind lauter junge Kerle, die hierher nach Deutsch-Ost kommen, die meisten bleiben nicht allzu lang, und verheiratet sind die wenigsten. Tagsüber laufen sie in ihren schönen, weißen Uniformen herum, polieren ihre Orden und Silberknöpfe, aber in den Nächten überfällt sie die Einsamkeit. Es sind eben Männer, die halten es nicht lange aus, wenn sie nicht hin und wieder mal… na, du weißt schon. Und mit einer Schwarzen ist das für manche ganz besonders aufregend, das haben sie zu Hause in Deutschland nicht…«
    » Hör auf!«, rief Charlotte entsetzt und hielt sich die Ohren zu.
    Sarah betrachtete sie stirnrunzelnd, dann stieg sie von dem Schutthaufen hinunter und machte Anstalten, in die Stadt zurückzukehren.
    » Sie sind ihren Liebhabern nicht besonders treu, die Negerweiber, wenn sie etwas nebenbei verdienen können, dann tun sie es, weil sie das Geld für ihre Familien brauchen. Wie ich hörte, hat dein Mann gestern Ärger mit einem der Offiziere gehabt, der ihn mit seinem Negerliebchen erwischte…«
    Sarah war schon einige Schritte weit entfernt und fast hinter einer Mauer verschwunden, als Charlotte sich wieder gefasst hatte.
    » Sarah! Lauf doch nicht fort. Bitte! Ich kann doch unmöglich ganz allein da hineingehen.«
    Sie blieb nicht stehen, wendete nur ein wenig den Kopf zur Seite.
    » Es ist jetzt keiner dort, Mädchen. Sie kommen erst, wenn es dunkel ist…«
    Damit war sie fort, und Charlotte blieb in hilfloser Verzweiflung zurück. Vielleicht war das alles ja gar nicht wahr, diese boshafte Person hatte ihr ein Märchen erzählt. Deutsche Offiziere und Beamte der

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