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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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Meyerwald, der beständig dabei fluchte, er habe es ja gewusst. Zu beiden Seiten der Furt brachten sich die Träger in Sicherheit, Warenballen wurden abgeworfen und landeten im braunen Wasser, die Frauen, die bereits das jenseitige Ufer erreicht hatten, kreischten in heller Verzweiflung, einige warfen mit Steinen. Eine der Frauen lief sogar in den Fluss hinein und musste gewaltsam zurückgerissen werden. Vermutlich war der Unglückliche dort in der Flussmitte ihr Mann.
    Das Opfer verschwand, als habe der Mkomasi es verschluckt, einige behaupteten später, er sei weiter flussabwärts noch einmal aufgetaucht, doch wegen der Krokodile hatte niemand Lust, am Ufer entlangzulaufen, um den Leichnam zu bergen. Man erzählte von der riesigen Echse, die sich aus dem seichten Wasser aufgebäumt habe, den Mann am Oberschenkel packte und ihn mit sich zog. Keiner der Weißen hatte dieses Tier gesehen, es musste aber da gewesen sein, was sonst hatte den armen Burschen angefallen?
    Es dauerte lange, bis die Karawanenführer die restlichen Träger dazu überreden konnten, ans andere Ufer zu gehen. Krieger, mit Speeren und Karabinern bewaffnet, säumten die Furt, und es gelang ihnen, den vollkommen durchweichten Warenballen aus dem Fluss zu ziehen.
    Am Abend waren die Afrikaner schon wieder guter Dinge. An den Feuern wurde aufgeregt erzählt und gestikuliert, Gesänge ertönten, der Geruch der Hanfpfeifen breitete sich über dem Lager aus. Die Frau, die ihren Mann verloren hatte, saß schweigsam bei den anderen, einige trösteten sie, viele jedoch schwatzten und lachten, als sei nichts geschehen. Charlotte wusste von Kamal Singh, dass nicht alle Träger die Reise überlebten; Fieber, Unfälle oder feindliche Übergriffe forderten regelmäßig ihre Opfer. Der Tod konnte hinter jedem Fels, in jedem Fluss auf sie lauern– vielleicht besaßen diese Menschen deshalb die Gabe, den Augenblick in unbefangener Fröhlichkeit zu leben?
    Die Stimmung bei den weißen Mitreisenden war eher bedrückt. Dobner laborierte immer noch an seinem Fuß herum, Dr. Meyerwald hatte sich wie jeden Abend auf die Suche nach unbekannten Insekten begeben und ein besonders schönes Exemplar einer großen, behaarten Raupenart entdeckt. Das Tier war jedoch nicht bereit, der Wissenschaft als Forschungsobjekt zu dienen, und so handelte sich der Biologe einige Stiche auf dem Handrücken ein.
    » Das ist hochinteressant«, bemerkte Dr. Meyerwald, während Charlotte seine Hand beim Schein der Lampe untersuchte. » Vermutlich ist ein Gift in der Behaarung enthalten, mit dem die Raupe sich gegen natürliche Feinde wehrt. Leider sind einige dieser Härchen abgebrochen und stecken noch in meiner Haut. Können Sie sie entfernen, Frau Ohlsen? Nehmen Sie diese Pinzette dafür.«
    » Ich will es versuchen.«
    Die winzigen Stiche waren bereits heftig angeschwollen, so dass die Operation nicht ganz einfach war. Dr. Meyerwald bekämpfte etwaige Folgen der Verletzung mit einem Glas Whiskey und erzählte dann von einer Löwenjagd in der Savanne von Deutsch-Südwest, wo er drei dieser Burschen erlegt hatte und noch dazu zwei Treiber durch einen Meisterschuss vor dem sicheren Tod rettete. Sein Eifer ließ jedoch bald nach, er bat, sich zurückziehen zu dürfen, der Alkohol und die heutigen Vorkommnisse hätten ihn ein wenig ermüdet. Beklommen sah Charlotte, dass seine Hand bereits unförmig angeschwollen und krebsrot war.
    Christian hatte die Rücksicht besessen, vor dem Zelt zu warten, bis Charlotte sich drinnen trockene Kleider angezogen hatte. Als er sich jetzt durch den niedrigen Zelteingang bückte und sich sogleich auf sein Lager legen wollte, hatte sie das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Bisher hatte er sich wirklich sehr anständig benommen, es wäre feige von ihr gewesen, zu schweigen.
    » Es war doch richtig, dass du dein Gewehr im Anschlag hattest, als wir über den Fluss gingen.«
    Er zog die Jacke eng um den Körper und streckte sich auf der Bastmatte aus.
    » Wer weiß? Wahrscheinlich hat nicht ein Krokodil den armen Kerl getötet, sondern die Kugeln dieser Verrückten, die ohne etwas sehen zu können ins Wasser schossen.«
    » Wie auch immer– er ist tot«, gab sie beklommen zurück.
    Sie löschte die Lampe und legte sich zurecht. Das Feldbett war keineswegs weich, doch unten auf dem Boden war man noch dazu allerlei Insekten ausgeliefert. Weshalb hatte Christian auch keine anständige Ausrüstung mitgenommen!
    » Vielleicht hatte er ja vergessen, bei dem Felsen Tribut

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