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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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zu leisten«, bemerkte er nachdenklich.
    » Das ist doch ein dummer Aberglaube!«
    » Wieso? Dobner hat seinen Dorn im Fuß, Dr. Meyerwald hat sich eine geschwollene Hand eingehandelt. Da bleibe nur noch ich übrig.«
    » Du?«
    Sie hörte sein leises Lachen.
    » Natürlich. Ich habe auch nicht ausgespuckt.«

Auf der nächsten Etappe ließen sich Dobner und Dr. Meyerwald tragen. Sie schaukelten auf Tüchern wie in einer Hängematte zwischen den afrikanischen Trägern, was Charlotte für eine angenehme Art der Beförderung hielt. Beide Männer waren jedoch missgelaunt und riefen den Schwarzen immer wieder zornige Befehle zu. Dobner versuchte zu zeichnen, was wegen des Schaukelns nicht recht gelingen wollte, Dr. Meyerwald beklagte, die gewohnten Eintragungen in sein Tagebuch nicht machen zu können, da seine rechte Hand immer noch geschwollen war. Über Nacht hatten sich auf seinem Arm bis hinauf zur Schulter juckende, rote Pusteln gebildet, auch konnte er schlecht schlucken, und das Atmen fiel ihm schwer.
    Charlotte fühlte sich gut; sie nahm immer noch eine winzige Dosis Chinin, doch das Fieber hatte sich nicht zurückgemeldet. Christian ging es angeblich ausgezeichnet, doch sie wusste, dass er log. In der Nacht hatte ihn Schüttelfrost geplagt, das angebotene Medikament wollte er jedoch nicht nehmen.
    » Du wirst das Chinin selbst benötigen, Charlotte. Ich bin das Fieber gewohnt, es kommt und geht. Morgen wird es vorbei sein.«
    Die letzten Ausläufer der Usambara-Berge gingen in eine flache, baumlose Steppenlandschaft über. Dürres, braungrünes Gras wuchs auf dem verwitterten Boden, nur rechts und links des Flusses war ein grüner Vegetationsgürtel geblieben, in dem auch einzelne Akazien und Tamarinden überlebten. In der Ferne erblickte man die ersten Hügel des Pare-Gebirges, die Höhen und Felsen des wilden Berglandes lagen jedoch in bläulichem Dunst und wirkten aus der Entfernung seltsam unwirklich. Gnus grasten auf der anderen Seite des Flusses, schlanke, sehnige Tiere, von deren hohen Schultern schwarzes Fell herabhing, ein paar graue Kälber vollführten übermütige Bocksprünge– die Herde schien sich sicher zu fühlen.
    » Das ist schon Massai-Land«, bemerkte Dr. Meyerwald. » Mich wundert überhaupt, dass wir die Kerlchen noch nicht zu Gesicht bekommen haben.«
    Er hustete und strich behutsam über seinen rechten Ärmel, die elenden Pusteln juckten unerträglich, er durfte sich jedoch auf keinen Fall kratzen, das hätte die Entzündung verschlimmert.
    Gegen Mittag, bei glühender Hitze, wurde die übliche Rast eingelegt. Dieses Mal lagerten sie dicht am Flussufer, und Charlotte staunte über die ungewohnten Vorsichtsmaßnahmen, die heute getroffen wurden. Die Afrikaner schleppten dorniges Gestrüpp herbei, das sie ähnlich einem Zaum um das Lager legten, die Waren hatten sie in der Mitte abgestellt und ließen sie von bewaffneten Kriegern bewachen. Dann erst setzten sie sich zum Ausruhen nieder, tranken Flusswasser, rauchten und dösten in der Sonne. Für die Weißen wurde Tee gekocht, zu dem es Maisfladen und kaltes Hühnerfleisch gab.
    Die fünf Massai-Krieger waren schon von Weitem zu sehen, schlanke Gestalten, in orangerote Gewänder gewickelt, von ihren langen Speeren mit den blattförmigen Spitzen überragt. Sie gingen in einer Reihe, ohne Eile, mit den sparsamen Bewegungen der Bewohner der Wildnis, die ihre Kräfte zu schonen wissen, um Opfer oder Gegner im rechten Moment zu überraschen.
    » Jetzt wird es lustig«, bemerkte Dr. Meyerwald. » Pack um Himmels willen deine Zeichnungen weg, Anton. Und passen Sie auf Ihr Gewehr auf, Ohlsen. Die Kerle sind unberechenbar.«
    Das ist ja albern, dachte Charlotte. Was sollten uns diese fünf schmalen Knaben wohl antun können?
    Unter den schwarzen Trägern und Kriegern war Unruhe entstanden; sie starrten missmutig auf die sich nähernden Massai, und dem Tonfall ihrer Gespräche war zu entnehmen, dass sie die rot gewandeten Burschen lieber gehen als kommen sahen. Den Grund dafür begriff Charlotte zunächst nicht.
    Die fünf Massai-Krieger betraten das Lager mit einer Selbstverständlichkeit, als handele es sich um ihren höchsteigenen Besitz. Charlotte konnte den Blick nicht von den hochgewachsenen Männern wenden, die so ganz anders auftraten als alle Afrikaner, die sie bisher gesehen hatte. Ihre Nasen waren schmal, die Gesichter ebenmäßig, sie trugen das lange Haar zu zahllosen kleinen Zöpfchen geflochten und mit Bändern und Perlenschnüren

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