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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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Keineswegs. Erst einmal muss der Wegzoll bezahlt werden, denn diese Bande beansprucht die Herrschaft über das Gebiet, durch das wir reisen. Schauen Sie sich das an: Der Häuptling lässt seine Frauen entscheiden, ob die Waren angenommen werden oder noch andere ausgepackt werden müssen!«
    Was für ein spannendes Schauspiel: So aufgeputzt und eitel sich diese Krieger gaben, es waren ihre Frauen, die sich die Tributgeschenke kritisch besahen, einiges verwarfen, anderes für gut befanden und schließlich weitere Angebote forderten. Zähneknirschend mussten sich die Araber darauf einlassen, Ballen um Ballen wurde ausgewickelt, der Inhalt ausgebreitet und von prüfenden Weiberhänden durchwühlt. Währenddessen machten sich einige der Araber an dem mitgebrachten Stoßzahn zu schaffen, kratzen daran, beklopften das Elfenbein, maßen den Umfang mit einem Band, und man sah ihnen an, dass sie nicht allzu begeistert von der Qualität waren.
    Charlotte war Händlerin genug, um zu wissen, dass dies zum Geschäft gehörte. Wahrscheinlich würden Kamal Singhs Leute vorerst gar nichts kaufen, sondern nur ein wenig die Preise sondieren und sich alle Möglichkeiten offen lassen, zumal sie noch andere Elfenbeinverkäufer, vor allem die Dschagga am Kilimandscharo, aufsuchen wollten.
    Sie hatte sich nicht getäuscht. Der Häuptling war ein älterer Mann, ein wenig kleiner als die Krieger, die ihn ständig wie eine Schildwache umgaben, doch an seinen Gesten und der Redeweise war zu erkennen, dass er ebenfalls kein schlechter Händler war. Charlotte starrte neugierig auf die Vorgänge, versuchte, ein paar Worte aufzuschnappen, den Ausdruck der Gesichter zu deuten, die erhobenen Finger, die raschen Blicke, die scheinbar unbeweglichen Mienen der Araber, das überlegene Lächeln des Massai. Wie ärgerlich, dass sie nicht mitmischen konnte, sie hätte zu gern gewusst, wie da geschachert und taktiert wurde. Nachdenklich besah sie das Lederband an ihrem Arm, es war hübsch mit Perlen bestickt – ob man solche Dinge nicht auch an der Küste verkaufen konnte? Ganz sicher besaßen die Massai Kuhhörner; auch die runden Lederschilde, die sie bei sich trugen, waren sorgfältig gearbeitet und phantasievoll verziert. So etwas hatte sie auf Sansibar gesehen, also ließ es sich verkaufen. Wieso waren alle nur hinter dem Elfenbein her?
    Die Verhandlungen schienen wie vermutet zu keinem Ergebnis zu kommen, der Häuptling konnte warten, es gab viele Karawanen, und er war nicht bereit, seinen Schatz an Elfenbein billig zu verschleudern. Man trennte sich in guter Freundschaft, und die Besucher verließen nach und nach das Lager, nicht ohne ihre Geschenke und den Elefantenzahn mitzunehmen. Als die Letzten gegangen waren, mussten die verschmähten Waren wieder eingepackt und verschnürt werden, dann gab der Karawanenführer das Zeichen zum Aufbruch.
    Dobner und Dr. Meyerwald schaukelten weiterhin in ihren Hängematten, beide fühlten sich noch nicht in der Lage, zu Fuß zu gehen. Dr. Meyerwald war schlecht gelaunt, er hustete, klagte über Kopfschmerz, und außerdem fehlte ihm seine Notration Whiskey. Die flache Metallflasche, die er in der Hosentasche aufbewahrte, war auf geheimnisvolle Weise verschwunden.
    » Da trinkt ein Massai heute Abend auf dein Wohl«, meinte Dobner schadenfroh. » Afrika fordert nun einmal Opfer von uns allen!«
    Das Tempo war rascher als gewöhnlich; sie wollten heute noch den Ort Mikotscheni erreichen, um dort in der Nähe das Nachtlager aufzuschlagen. Dumpf klangen die Trommeln, die Wechselgesänge wurden mehr gebrüllt als gesungen, hin und wieder versuchte jemand, die Müdigkeit mit einem lang gezogenen Hornsignal oder einem schrillen, trillernden Ruf zu vertreiben. Niemand hatte Lust, noch weite Strecken zu laufen, und die Mehrzahl der Träger hatte schon gehofft, das Mittagslager würde zum Nachtlager werden.
    Charlotte war erstaunt über sich selbst, denn sie verspürte nicht die geringste Erschöpfung. Immer wieder spähte sie zwischen Akazien und hohem Buschwerk hindurch auf die schier endlos weite Savanne jenseits des Flusses. Noch gab es dort Inseln aus graugrünem Gras, weiße Blumen neigten sich im Wind, inmitten von dürrem Gebüsch breiteten Schirmakazien ihre flachen, filigranen Baumkronen aus. Und dann, als sie schon nicht mehr daran geglaubt hatte, entdeckte sie die schlanken Hälse, die sich dem Blattwerk einer Akazie entgegenstreckten, die schräg abfallende Form des Rückens, den behaarten Rist, der sich wie

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