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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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unverständlich, weshalb man an einem ganz gewöhnlichen Sonntag einen solchen Aufwand trieb, nicht einmal zu den Feiertagen wurde die Auricher Verwandtschaft so reichlich bewirtet. Es konnte eigentlich nur an dem Gast liegen, den Tante Edine dieses Mal mitgebracht hatte. Charlotte hatte den jungen Mann am Morgen in der Lutherischen Kirche nur von hinten betrachten können, da sie mit Klara gegangen und erst knapp vor Beginn des Gottesdienstes eingetroffen war. George Johanssen hatte drei Reihen vor ihnen zwischen Paul und dem Großvater in der Bank gesessen. Er war groß, hatte einen langen Hals und schmale Schultern, die in einer dunkelgrauen Jacke steckten. Das blonde Haar reichte ihm bis zum Kragen, etwas, das sich Paul hier in Leer nicht hätte erlauben dürfen, aber George Johanssen lebte in England, und außerdem war er Student der Medizin.
    Die Frauen waren gleich nach dem Gottesdienst nach Hause gestürmt, um das Mittagessen vorzubereiten, während die Mannsleute den Gast noch in der Stadt herumführten, um ihm die Sehenswürdigkeiten des Ortes zu zeigen: die Kirchen, das Rathaus und jenes Backsteinhaus am Markt, in dem die große Waage stand, die maßgeblich für alle Händler des Marktes war und jedem verkündete, dass Leer das Marktrecht besaß.
    » Denk daran, dir den Teller nicht so vollzuladen«, mahnte Tante Fanny. » Zwei Scheiben Fleisch sind genug– du kannst ja Salat und Kartoffeln essen. Und nachher noch Puffert. Das Fleisch muss für die Gäste bleiben, vor allem für den jungen Engländer.«
    Als ob Charlotte jetzt noch Appetit verspürt hätte, nach all dieser Hektik! Gestern hatten sie das Haus gewienert, das Unterste zuoberst gekehrt, die Teppiche geklopft, die Stiege gebohnert, sogar die Vorhänge gewaschen. Anschließend hatten sie Kuchen gebacken, die Kleider zurechtgemacht, das Haar onduliert… Großer Gott– kam vielleicht der Kaiser auf Besuch?
    » Sie müssen gleich hier sein«, ließ sich die Großmutter vernehmen. » Schau mal nach, ob Edine in der Stube mit dem Tischdecken und den Stühlen zurechtkommt, Fanny. Wo sind Marie und Menna? Sie können auftragen helfen.«
    » Die sind drüben bei Hilke Hansen– Gläser ausleihen. Edine mag nicht, wenn die Limonade aus dem Weinglas getrunken wird.«
    Die Großmutter, der diese Eigenmächtigkeit nicht passte, schwieg verdrossen. Gast hin, Gast her– wenn ein Glas kaputtging, würde sie es der Hansen’schen ersetzen müssen.
    » Lauf mal hoch zu Ettje und Klara«, rief Tante Fanny Charlotte im Vorübergehen zu. » Du kannst Ettje noch fix das Haar aufstecken– du bist doch so geschickt darin, Charlotte.«
    » Das habe ich doch heute früh schon gemacht!«
    Die Stubentür klappte hinter der Tante zu. Charlotte überlegte rasch, ob sie den Auftrag ausführen sollte, dann entschied sie sich dafür, nach oben zu laufen, damit die Großmutter nicht auf die Idee kam, sie nach Marie und Menna auszuschicken, die sich anscheinend drüben bei der Nachbarin festgequatscht hatten. Nebenan würde sie ganz sicher Peter Hansen begegnen, den sie nicht leiden konnte, weil er sich vor ihr immer so wichtig machte.
    Ettje saß in steifer Haltung auf ihrem Bett und ließ sich von Klara den Wandspiegel vorhalten. Ihr sommersprossiges Gesicht war schweißbedeckt, die kleinen Löckchen, die Charlotte ihr gebrannt hatte, klebten an ihrer Stirn.
    » Das wird nicht besser, wenn du daran herumdrückst«, sagte Klara bekümmert. » Der wird nur dicker und röter, das ist alles.«
    » Halt den Mund, und schau lieber nach, ob sie schon kommen«, stöhnte Ettje. » Weshalb muss mir das immer passieren– gestern Abend war noch nichts zu sehen, und jetzt habe ich diesen grässlichen Pickel zwischen den Augen. Gerade heute! Was soll ich bloß machen, Charlotte?«
    Sie sah so jämmerlich aus, dass Charlotte Mitleid bekam. Sie mochte Ettje zwar immer noch nicht besonders leiden, aber inzwischen flackerte der Streit zwischen ihnen nur noch selten auf. » Leg was Kaltes darauf, dann schwillt es nicht weiter an. Einen Löffel oder einen kalten Lappen.«
    » Gib den Waschlappen her, Klara! Und häng den Spiegel wieder auf.«
    Klara schenkte Charlotte ein kleines Lächeln, das Ettje nicht sehen konnte, weil sie sich bereits den feuchten Waschlappen auf Stirn und Augen presste. Klara war immer noch ihre engste Vertraute, ihre Schutzbefohlene und der einzige Mensch auf der Welt, dem Charlotte sich öffnete. Klara wusste nahezu alles von ihr, sogar ihre Träume und ihren

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