Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
Vom Netzwerk:
Peter Hansen. Charlotte war froh, mit dem Rücken zum Geschehen zu sitzen, so dass sie nur an dem lauten Gerede und dem ab und zu aufbrandenden Gelächter erahnen konnte, was sich hinter ihr abspielte. Hin und wieder war die mahnende Stimme der Großmutter zu vernehmen, die sich sorgte, der Lärm könne die Nachbarn stören. Georges Stimme war nicht leicht aus dem Gewirr herauszuhören, er redete viel, gab Anweisungen, lobte und ermunterte, oft lachte er, manchmal aber wurde seine Stimme seltsam weich, und Charlotte kniff schmerzlich berührt die Augen zusammen.
    Einmal spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und kam völlig aus dem Takt, als sie dicht an ihrem Ohr sein Flüstern vernahm.
    » Du spielst großartig, kleine indische Prinzessin mit den Tigeraugen…«
    Es gab keine Möglichkeit, mit ihm allein zu sein und die Frage zu stellen. Als die Großmutter das bunte Treiben endlich beendete und Charlotte damit von ihrer Fron erlöste, mussten die Möbel wieder gerückt und alle Gegenstände an ihren ursprünglichen Platz gestellt werden. Vor dem Haus wartete schon der Wagen, denn obgleich es noch hell war, wollte Tante Edine aufbrechen, man fuhr gut zwei Stunden bis Aurich, und es würde keinen guten Eindruck machen, wenn die Familie des Pastors erst gegen Mitternacht nach Hause kam.
    Den Abschied verpatzte ihr der lästige Peter Hansen, der schon darauf gewartet hatte, sie anzusprechen und vom bevorstehenden Ehrentag seiner Eltern zu erzählen, zu dem auch die Nachbarschaft am kommenden Samstag eingeladen sei. Man habe bunte Lampions aus Papier geschnitten und echten Schaumwein bei Ohlsen bestellt. George sagte nur wenige, belanglose Worte zu ihr, an die sie sich später nicht mehr erinnern konnte. Er war erhitzt und übermütig gestimmt, saß im Wagen zwischen Marie und Menna, und als er sich umwandte, um noch einmal zu winken, galt sein Gruß keiner bestimmten Person, sondern allen, die vor dem Haus zurückgeblieben waren.

Drei Wochen später flatterte ein Brief ins Haus, in dem Tante Edine der Verwandtschaft mitteilte, dass sich George Johanssen mit ihrer ältesten Tochter Marie verlobt habe.
    Tante Fanny sank in den Sessel und stieß seltsame Laute aus, die wie ein Lachen, dann aber auch wieder wie Schluchzen klangen. Als sie begann, nach Luft zu ringen, und man fürchtete, sie könne ersticken, liefen Ettje und Charlotte in die Küche, um kaltes Wasser und Riechsalz zu besorgen. All diese Bemühungen halfen jedoch wenig, erst als die Großmutter ihr befahl, sofort mit dem hysterischen Getue aufzuhören, beruhigte sich die unglückliche Fanny.
    » So eine hinterhältige Person… Tut, als könne sie kein Wässerlein trüben…«
    » Was regst du dich auf? Marie ist vier Jahre älter als Ettje– es war höchste Zeit, dass sie unter die Haube kam.«
    » Marie war verlobt!«
    Auch der Großvater fand diesen Umstand bedenklich, schließlich bedeutete eine Verlobung eine Verpflichtung, die im Einverständnis mit Eltern und Familien eingegangen worden war und die man nicht so mir nichts dir nichts in den Wind schlagen könne. Der junge Assessor hatte Marie keinen Grund gegeben, die Verlobung zu lösen, er hatte sich vorbildlich verhalten, war eifrig in seinem Beruf und hatte sogar einen Verlobungsring gekauft. Wie stand er nun in der Öffentlichkeit da?
    » Eine Verlobung ist eine Zeit der Prüfung«, sagte die Großmutter und betonte dabei jedes Wort.
    » Drum prüfe, wer sich ewig bindet– ob sich nicht noch was Bess’res findet«, zitierte Gymnasiast Paul mit verhaltenem Spott.
    » Friedrich Schiller ist ein Aufrührer und Unruhegeist, der den jungen Menschen nur die Köpfe verwirrt«, gab der Großvater ärgerlich zurück. » Außerdem ist das Zitat verballhornt und ganz falsch!«
    Das wusste Paul natürlich, er hatte witzig sein wollen, was leider gründlich danebengegangen war. Die Großmutter, von literarischer Bildung vollkommen unbelastet und eher praktisch denkend, fand jedoch, dass Paul nicht unrecht hatte.
    » Bei einer Heirat kommt es immer darauf an, in die Zukunft zu denken. Und George ist für Marie auf jeden Fall die bessere Partie.«
    Das war nicht zu leugnen. Für die Großmutter konnte es gleich sein, ob George Marie oder Ettje nahm– die Hauptsache war, er heiratete in die Familie ein. Die Sache war somit beredet und trotz leichter Vorbehalte des Großvaters für in Ordnung befunden, was bedeutete, dass Tante Fanny ihre enttäuschten Hoffnungen mit sich selbst auszumachen hatte.
    Ettje

Weitere Kostenlose Bücher