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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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Pfefferstraße, vor dem großen Laden und vor allem vor den vielen Bekannten, die in der Wohnung vorsprechen würden. Auch davor, dass sie dann allein schlafen musste. Seit Ettjes Hochzeit teilten die Cousinen zwar nicht mehr das Bett miteinander, aber immerhin schliefen sie noch in derselben Schlafkammer. Die hatten sie jetzt ganz für sich, denn Tante Fanny war in das Arbeitszimmer des Großvaters umgezogen, wo früher Paul geschlafen hatte.
    » Wenn man sich aufrichtig liebt…«, wiederholte Charlotte nachdenklich.
    Welche Art der Liebe war da wohl gemeint? Die große Leidenschaft oder das kleine Pflänzchen, das erst noch wachsen musste?
    » Du magst ihn doch… irgendwie? Oder?«
    » Irgendwie… schon.«
    Die kleine Pendeluhr fing an zu rasseln, dann schaffte sie es, vier grelle Schläge von sich zu geben, die wie die Schelle auf dem Postamt klangen. Charlotte klappte den Deckel der Klaviertastatur über die seidene Blütenstickerei und erhob sich, um ans Fenster zu treten.
    Er war schon dicht vor dem Haus. Der Wind zerrte mit wütender Kraft an seinem Regenschirm, mit der Linken hielt er einen Blumenstrauß gegen die Brust gepresst, um das schöne Seidenpapier, in das die Blumen eingewickelt waren, vor dem Regen zu schützen. Als er schon fast den Kiesweg zum Hauseingang erreicht hatte, blieb er stehen, klemmte den Blumenstrauß unter den Arm und versuchte mit der freien Hand die Schlammspritzer von seinen Hosenbeinen zu entfernen. Seine Verrenkung wirkte so grotesk, dass Charlotte kichern musste. Dann aber hob er den Kopf, und sie sah seinen verzweifelten Gesichtsausdruck.
    Er liebte sie. Zwei Wochen lang hatte er gewartet und gebangt, nun kam er, um aus ihrem Mund sein Urteil zu empfangen. Gerührt sah sie zu, wie er mit dem flatternden Schirm kämpfte und das Monstrum schließlich zusammengefaltet gegen die Hauswand lehnte. Er liebte sie– weshalb sollte sie ihn unglücklich machen?

Januar 1894
    Christian Ohlsen steckte den Federhalter zurück ins Tintenfass und rieb sich die kältesteifen Finger. Das Feuer in dem kleinen Kanonenöfchen war längst niedergebrannt, aber eigentlich lohnte es nicht, noch eine Schaufel Kohle nachzulegen– er würde diese lästige Rechnerei ohnehin bald beenden. Missmutig starrte er auf das aufgeschlagene Handelsbuch. Dort waren die Ausgaben der beiden letzten Monate vermerkt, doch er hatte– wie meist– nicht regelmäßig eingetragen, da lagen noch Rechnungen herum, die er nicht ordentlich abgelegt und vergessen hatte, und außerdem fehlten noch die Weihnachtsgeschenke für die Angestellten. Doch ganz gleich, was er noch hinzufügen musste, es war jetzt schon ersichtlich, dass die Ausgaben die Einnahmen erheblich übersteigen würden. Und das trotz des recht guten Weihnachtsgeschäfts. Es lag an den Kunden, die knauserten, wo sie nur konnten, und all die schönen Dinge, die er von weither bestellte, in den Regalen verkommen ließen. Ja, wenn er in Bremen oder Hamburg ein Geschäft hätte– da gab es die reichen Reeder, die wohlhabende Bürgerschaft, die konnten den Beutel wohl auftun. In Leer drehte man den Pfennig dreimal um, bevor man ihn ausgab, und wenn, dann kaufte man nur ein wenig Kaffee, etwas Tee, den billigen Tabak, vielleicht auch Pomade oder Hautcreme, aber das war schon Luxus. Viele konnten sich noch nicht einmal das leisten, die hatten keine Arbeit und Schulden obendrein, sie verkauften Haus und Hof, um nach Übersee auszuwandern. Dort in der Fremde erhofften sie sich Glück und Wohlstand, doch das war– wie man so erfuhr– bisher nur in wenigen Fällen eingetreten. Von den meisten hörte man nie wieder etwas.
    Er zog die Uhr aus der Westentasche und stellte fest, dass es schon nach neun war, höchste Zeit, nach oben in die Wohnung zu gehen. Dort würde es angenehm warm sein, denn Charlotte ließ immer gut einheizen; er würde noch ein wenig mit ihr plaudern und dabei ein, zwei Gläser Wein trinken, die Bilanz konnte auch bis morgen warten.
    Er klappte die Bücher zu, entdeckte noch eine unbezahlte Rechnung, die sich unter dem Ablagekasten versteckt hatte, und legte sie zu den anderen. Er würde sie vorerst sowieso nicht bezahlen können, morgen wollte er dem Lieferanten in Bremen schreiben, um Stundung bitten, am besten bis Ostern. Sorgfältig löschte er die Lampe und schloss das kleine Büro ab, das er sich seit seiner Heirat unten im Laden eingerichtet hatte. Früher, als er noch Junggeselle gewesen war, hatte er die Bücher oben in der Wohnung

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