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Himmel ueber Falludscha

Titel: Himmel ueber Falludscha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Dean Myers
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Jonesy.
    Ahmed sagte etwas zu dem Mann, bekam aber keine Antwort. Ahmed schlug ihm mit dem Handballen vor die Stirn, sodass sein Kopf in den Nacken flog. Zuerst sah der Mann verwirrt drein, dann zornig. Mein Gewehr lag zwischen meinen Beinen und ich drehte mich leicht um, sodass es auf ihn gerichtet war.
    Der alte Mann sprach arabisch und ich sah Ahmed an. Der fragte ihn etwas und der Mann antwortete. Seine Stimme war leise und er sprach mit gesenktem Kopf. Ich wollte, dass er lauter sprach, obwohl ich seine Sprache nicht verstand.
    »Was sagt er?«, wollte Jonesy wissen.
    »Er sagt, er ist immer ein guter Mensch gewesen«, übersetzte Ahmed. »Er hat seinen Hadsch gemacht und GottesWillen befolgt. Er sagt, er ist ein alter Mann und weiß nicht, warum wir ihn töten wollen.«
    »Warum nehmen wir ihn mit statt der anderen?«, fragte Jonesy.
    Wieder sprach Ahmed mit dem Mann. Diesmal antwortete der Mann weicher. Ich fragte mich, was er wohl sagte, denn jetzt änderte sich Ahmeds Haltung ihm gegenüber. Eben noch hatte er ihn vor die Stirn geschlagen, doch jetzt bemerkte ich eine deutliche Veränderung seines Tonfalls.
    Der Mann antwortete und schaute dann aus dem Fenster. Er betrachtete die Straße, auf der er wahrscheinlich sein ganzes Leben lang gefahren war; vorbei an vertrauten Felsen, einem ausgebrannten Gebäude, vielleicht sogar an Menschen, die er kannte.
    »Er sagt, die Amerikaner hätten eine Kalaschnikow in seinem Haus gefunden«, übersetzte Ahmed. »Dieses russische Gewehr hat er vor ein paar Jahren zu seinem eigenen Schutz gekauft, zum Schutz vor Räubern. Er hat nicht damit gerechnet, dass die Amerikaner kommen, um ihn zu töten.«
    »Sag ihm, dass wir nicht gekommen sind, um ihn zu töten«, sagte ich, »sondern dass wir versuchen, hier eine Demokratie zu errichten.«
    »Ihr habt mein Dorf bombardiert«, sagte der alte Mann auf Englisch, langsam und mit gesenktem Kopf. »Erst schießt ihr in mein Haus, dann stürmt ihr zur Tür herein.«
    »Wo hast du Englisch gelernt?«, fragte Jonesy.
    »Ich bin zwölf Jahre lang in London Taxi gefahren«, antwortete der alte Mann. »Als ich genug Geld hatte, um meiner Familie ein Haus zu kaufen, bin ich in mein Land zurückgekehrt.«
    »Es wird alles wieder gut«, behauptete Jonesy. »Wir tun unseren Gefangenen nichts.«
    »Mein Haus hat Löcher in den Wänden«, erwiderte der alte Mann. »Ich bin von meiner Familie getrennt. Ist das gut?«
    »Du könntest auch tot sein«, gab Jonesy zurück.
    Die nächsten Kilometer fuhren wir schweigend.
    Es war alles sehr verwirrend. Wir waren angegriffen worden. Die Kerle, die auf uns gefeuert hatten, kannten uns nicht und wir kannten sie nicht. Ich stellte mir vor, wie sie morgens aufstanden und frühstückten. Vielleicht redeten sie über den Krieg. Vielleicht malten sie sich aus, wie sie heldenhaft gegen uns kämpften. Jetzt waren sie tot. Der Sinn des Ganzen glich irgendwie dem dünnen Rauch, der sich über den Gebäuden kräuselte.
    Es waren viele Fahrzeuge auf der Straße: Bradleys, große Laster, alle in Richtung Norden unterwegs. Wir kamen an Irakern vorbei, die an der Straße ihren Geschäften nachgingen. Einige standen einfach am Rand und beobachteten uns. Auf einem Karren voller alter Möbel, der von einem Esel gezogen wurde, saßen ein Mann und ein Junge. Wir kamen an einem Panzer vorbei, auf dem geschrieben stand: JOHANNES 13:15. Ich fragte Jonesy, ob er wusste, was das heißen sollte, aber er hatte keine Ahnung.
    Wir kamen zu einem Kommandoposten in einem Privathaus. Ein Militärpolizist nahm uns den alten Mann ab und zog ihm eine Kapuze über den Kopf, bevor er ihn wegführte. Ich hoffte, sie würden sanft mit ihm umgehen.
    Captain Coles zufolge war die Dritte auf dem Weg zum Flughafen Tallil, der südöstlich von uns lag.
    »Hey, Captain, lässt die Dritte eigentlich immer ein paar Kompanien zurück, wenn sie einen Ort einnehmen, um ihn zu sichern?«, erkundigte sich Jonesy. »Die sind so schnell, dass sie nur noch einen Mann übrig haben, wenn sie Bagdad erreichen.«
    »Genau darum geht es doch«, erklärte Captain Coles. »Schnell und hart zuschlagen.«
    »Ja, auf dem Papier ist das alles schön und gut, Sir«, sagte Jonesy. »Aber einmal habe ich bei einem Typen so schnell und hart zugeschlagen, dass ihm ein Zahn rausgeflogen ist. Daraufhin hat er mir so lange den Arsch versohlt, dass er zwischendurch eine Mittagspause brauchte.«
    Ich glaube, Jonesy störte das Gleiche wie mich: Es war schwer zu sagen, wer

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