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Himmel ueber Falludscha

Titel: Himmel ueber Falludscha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Dean Myers
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sei.
    »Nur eine Riesenbeule«, sagte sie.
    »Dann setzen Sie den verdammten Helm wieder auf«, sagte der Sergeant. »Und zwar sofort.«
    Der Sanitäter warf ihm einen bösen Blick zu und setzte dann vorsichtig den Helm über Owens Bandage. Im Caféwaren verwundete Zivilisten, Männer, Frauen und Kinder. Die am schwersten Verwundeten lagen auf Tragen an der Wand, wo sich unsere Sanitäter um sie kümmerten. Wir sollten alle durchsuchen. Die Jungs durchsuchten die Männer, Marla und die weiblichen Sanitäter die Frauen. Niemand trug Waffen.
    Nur eine der Personen war angeschossen worden. Alle anderen hatten entweder Verbrennungen oder waren von Schrapnells oder Splittern getroffen worden. Ein dürrer brauner Mann mit Kahlkopf sah aus, als ob er gleich sterben würde, obwohl er, abgesehen von ein paar Blutflecken unter der Nase, keine sichtbaren Verletzungen aufwies. Ein Iraker, der englisch sprach, erklärte, dass der Mann auf einem Klappstuhl gesessen hatte, als eine Granate in der Straße eingeschlagen hatte. Die Druckwelle hatte ihn aus dem Stuhl gerissen und gegen die Wand geschleudert.
    Ein paar der anderen Wunden sahen grässlich aus. In einer Ecke lag ein alter Mann auf dem Rücken. In seiner Hand lag eine Perlenkette. Hand und Kette zitterten unkontrollierbar. Die Vorderseite seines Gewandes war mit mehr Blut getränkt, als ein Mensch verlieren sollte. Als ihm die Kette aus der Hand fiel, bückte ich mich, hob sie auf, nahm sein Handgelenk und legte sie ihm über die Finger. Der alte Mann sah zu mir auf. Ich weiß nicht, ob er mich deutlich sehen konnte, aber er sah mich an.
    »Birdy, hilf mir mal!«, rief Marla.
    Sie hielt ein kleines Mädchen mit einem blutigen Bein. Wir brachten sie zur Erste-Hilfe-Station, die unsere Leute eingerichtet hatten, und legten sie auf den Boden. Die Vorderseite ihres Kleides, es konnte auch ihr Nachthemd gewesensein, war blutig. Marla hob es an, um zu sehen, ob sie schwer verletzt war. Die Antwort war positiv. Aus einer bösen Wunde lief ihr Blut quer über die schmale Brust.
    Nichts davon war gut. Ich wollte nichts mit den Wunden oder den Sterbenden zu tun haben. In den Lehrfilmen, wo die Gestalten nur Silhouetten waren, die über einen Bildschirm huschten, sah alles so viel besser aus. Als alles noch ein Videospiel war. Aber aus der Nähe verband sich der Geruch von Blut mit echten Menschen. Ich wusste, dass viele von ihnen es nicht schaffen würden. Noch bevor der Tag zu Ende war, bestimmt aber am nächsten Morgen, würden sie sterben.
    Dann war es Mittag und jemand sagte, dass die Dritte an der Straße heißes Essen ausgab. Immer noch erklang sporadisches Gewehrfeuer, aber es schien jetzt weiter weg. Ich sah mich nach Marla und Jonesy um und fragte sie, ob sie etwas essen gehen wollten. Jonesy wollte, aber Marla half lieber den Sanitätern. Auch ich überlegte, ob ich bleiben sollte, aber dann ging ich doch lieber frühstücken.
    Wir stellten uns mit den Jungs von der Dritten für Rührei und Würstchen an. Die Armeeköche ließen sich tatsächlich von einem einheimischen Iraker helfen. Jonesy und ich setzten uns zum Essen hin. Marla brachten wir Eier und Kaffee mit. Sie war von der anstrengenden Arbeit ganz blass. Sie aß die Eier am Rand einer Trage, auf der eine irakische Frau mit dem Gesicht zur Wand lag.
    »Geht es ihr gut?«, fragte ich Marla.
    »Was glaubst du denn?«, antwortete sie.
    * * *
    Die mobilen Toiletten stanken und in der kleinen Kabine schwirrten winzige Fliegen, die mich in den Hintern stachen. Aber am meisten zermürbte mich das Geräusch der näher kommenden Einschläge der Granaten.
    »Hey, Mann, das wär’s: Du hockst unter einem Baum und dich trifft eine Granate – und alles ist vorbei«, hatte Jonesy mal gesagt.
    Mein erster Gedanke war: Ich will nicht mit heruntergelassenen Hosen sterben. Dann erkannte ich, dass der Lärm, das ständige Dröhnen meine Eingeweide rumoren ließ. Wenn ich einen Knall hörte, wusste ich, dass ich sicher war, weil das, was da explodiert war, nicht mich getroffen hatte. Aber die Vorstellung, dass es jeden Moment vorbei sein könnte, dass ich tot sein oder mich im Todeskampf im Sand winden könnte, erfüllte mich mit einem Grauen, wie ich es noch nie zuvor verspürt hatte. Grauen. Es war nicht einfach Angst. Es war ein Gefühl, das mich überwältigte. Ich hoffte, dass es mir niemand ansah.
    Als ich herauskam, sah ich Jonesy eine Flasche Wasser trinken. Er hatte den Helm zurückgeschoben und hielt die Flasche an die

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