Himmel ueber Falludscha
habe Euch beide sehr lieb und ich vermisse Euch.
Euer Sohn Robin
PS: Ein Mädchen in unserer Einheit, Marla Kennedy aus Long Island, nennt mich immer Birdy. Mittlerweile tun das alle, aber das macht mir nichts aus.
12. April 2003
Lieber Onkel Richie!
Es ist vorbei! Ich hätte nicht gedacht, dass wir so erleichtert wären, aber ich bin es. Hier feiern alle. Wir sind heute Morgen in Bagdad eingetroffen, und die Leute auf der Straße haben uns zugewunken. Wow! Das war, wie wenn man den Superbowl gewinnt oder so. Wir trafen eine Patrouille der Marines, die uns fragten, ob wir zum Firdos-Platz gehen wollten, was so etwas wie der zentrale Platz in Bagdad ist. Wir sagten natürlich Ja, und sie brachten uns dahin, wo die Statue von Saddam niedergerissen wurde.
Wir sitzen jetzt in einem Bürogebäude. Vor dem Krieg hatte es eine Klimaanlage, aber jetzt fällt der Strom die meiste Zeit aus. Jonesy hat etwas gefunden, das so ähnlich aussieht wie eine Gitarre. Die Iraker nennen es Oud. Jonesy versucht, den Blues darauf zu spielen.
Wir sind alle ziemlich relaxt. Es hat Verluste gegeben, aber nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Ich glaube, am schlimmsten hat es die Vierte der Marines erwischt. Es heißt, ihre Verluste sind größer, als in den Zeitungen und im Fernsehen gesagt wird. Ein paar Jungs von der Vierten kamen her, um Wundstillverbände zu holen. Sie behaupteten, sie brauchten das nicht für sich selbst, sondern für kurdische Kämpfer aus dem Norden. Um die Wahrheit zu sagen: Ohne eine Mannschaftsliste kann man die Zahl der Spieler hier gar nicht überprüfen. Überall sind Iraker – schließlich ist es ja ihre Stadt –, aber wer weiß, was sie denken. Ich habe Ahmed gefragt, ob die Iraker wirklich froh darüber sind, dass wir Saddam rausgeworfen haben. Er kann es nicht recht beurteilen, weil die Leute Angst vor ihm haben. Na ja, und vor uns.
Ich glaube, die Iraker waren froh, uns zu sehen. Sonst hätten sie doch sicher heftiger gekämpft, oder? Ich weiß nicht, wie viele Iraker getötet oder verwundet worden sind. Sie werden offiziell nur in den Kampfberichten gezählt – und das sind wohl eher grobe Schätzungen. Einer aus der Dritten hat mir erzählt, dass die Iraker ihre Leichen immer sofort wegbringen. Sie hätten viel mehr Widerstand leisten können, denn wir finden riesige Mengen an Granaten, Munition und so weiter. Manches davon ist ziemlich alt und niemand legt großen Wert darauf – aber es gibt das Zeug tonnenweise.
Es wird auch geplündert. Die Leute schaffen Möbel, Büromaschinen und alles, was nicht niet- und nagelfest ist, auf Handkarren fort.
Ich nehme an, bei Euch zu Hause ist jeder froh, dass der Krieg vorbei ist. Gestern (oder vorgestern, ich weiß es nicht mehr genau) hat sich das 5. Corps der Iraker formell ergeben. Es gibt Gerüchte, dass wir in zwei Wochen nach Hause gehen können. Ich glaube allerdings eher, dass wir ein halbes Jahr hierbleiben müssen, bevor sie anfangen, uns zurückzuschicken. Ich hoffe nur, sie fangen mit dem Zählen der sechs Monate bei unserer Ankunft in Kuwait an.
Ich wollte Dad darüber schreiben, dass der Krieg vorbei ist, aber er ist immer noch sauer, dass ich in der Armee bin. Ich habe einen Brief von Mum erhalten und er hat nur dazugeschrieben, er freut sich, dass es mir gut geht. Ich wette, Mum hat ihn gezwungen, das zu schreiben. Es klingt vielleicht komisch, aber einer der Gründe, warum ich froh bin, dass ich nicht getötet oder verwundet wurde, ist, dass Dad nicht sagen kann: »Das habe ich ja gleich gesagt.«
Für heute genug – Robin
PS: Noch ein Gerücht: Angeblich haben sie einen Berg von Giftgaskanistern und anderes verdächtiges Material gefunden. Ich schätze, das sind die Massenvernichtungswaffen, von denen alle gesprochen haben.
»Hey, Captain Coles!« Jonesy sah Coles aus der breiten
Straße hinter den Hauptgebäuden kommen.
Captain Coles drehte sich zu uns um und kam auf uns zu. Das Lächeln auf seinem Gesicht sagte mir, dass er wusste, wie sauer wir waren. Wir befanden uns in einer irakischen Militärschule in der Nähe des Flughafens Rasheed. Die Schule war modern eingerichtet und hatte bei der Invasion nur wenig Schaden genommen. Es wurden mobile Toilettenhäuschen auf dem Schulhof aufgestellt und unsere erste Gruppe durfte sie anmalen. Die anderen Soldaten unserer Einheit hatten frei, sie mussten nur ein wenig im Schlafbereich arbeiten, weil sie am Abend auf Patrouille gehen sollten.
»Gute Arbeit, Jonesy«, lobte
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