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Himmel ueber Falludscha

Titel: Himmel ueber Falludscha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Dean Myers
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aber es gab auch eine Gruppe ziemlich kleiner Burschen, die dunkelhäutig waren.
    »Die sind aus Chile«, erklärte Victor Ríos.
    »Wir brauchen Listen«, behauptete ein großer Soldat vom Bautrupp, der uns unsere Post gebracht hatte. »Damit wir irgendwie den Überblick über die Spieler behalten.«
    »Mir ist egal, wer die Spieler sind«, meinte Jonesy. »Ich muss nur wissen, wer meinen braunen Arsch nicht mag.«
    Ich erhielt einen Katalog einer Schuhfirma aus Florida, zwei Angebote für Kreditkarten und einen Brief von Mum.
    Noch bevor ich den Brief öffnete, fühlte ich mich mies. Mum war so weit weg, zu Hause war so weit weg. Seit wir den Marsch auf Bagdad begonnen hatten, hatte ich nicht mehr viel darüber nachgedacht, dass ich fort war – nurüber das, was ich um mich herum sah und darüber, wie ich am Leben blieb. Ich entschied mich, mir den Brief bis nach dem Abendessen aufzuheben.
    Victor Ríos, der sonst nicht sonderlich gesprächig war, fluchte, als er seinen Brief las. Mir war klar, dass ich nicht wissen wollte, was darin stand.
    Marla steckte den Kopf in unser Zelt. »Seid ihr Jungs in ordentlichem Zustand?«, fragte sie.
    Wir waren alle angezogen und sie kam mit Owens vom Sanitätsteam herein. Sie hatten einen tragbaren Fernseher dabei. Jonesy war gerade zum Pinkeln gegangen, daher stellten sie ihn auf sein Bett.
    »Woher habt ihr denn den?«, fragte ich.
    »Bei den Irakern gegen zwei Panzer und ein tragbares Schützenloch eingetauscht«, behauptete Marla. »Wir haben schon einen in unserem Zelt, deshalb wollten wir den hier gegen eure Seelen eintauschen.«
    »He, Owens! Ríos hat einen Abschiedsbrief von seiner Freundin bekommen«, sagte Harris. »Brauchst du einen neuen Freund?«
    Ríos, wohl der hässlichste Knabe in der ganzen Einheit, richtete sich auf einem Ellbogen auf und warf Harris einen Blick zu, der wohl noch das Eiswasser am Nordpol gekühlt hätte. »Ich hab keinen Abschiedsbrief gekriegt«, widersprach er. »Meine Frau will mich nicht verlassen.«
    »Warum fluchst du dann so?«
    »Meine Mutter regt sich tierisch über meinen Bruder auf, weil er einer Gang beitreten will«, sagte Ríos. »Wenn ich zu Hause wäre, würde ich ihn gewaltig in den Hintern treten.«
    »Irgendwie gehörst du ja selbst zu einer Gang«, meinte Owens. Sie klang kultiviert, aber unsicher, während sie am Ärmel ihres T-Shirts zupfte. »Wir sind wie eine große Gang.«
    »Ja, aber die Leute respektieren, was wir machen«, widersprach Ríos. »Wir haben eine legitime Aufgabe. Wenn man sich auf der Straße rumtreibt, hat man nichts zu gewinnen. Entweder endet man im Knast oder als Leiche. Wenn es mich hier erwischt, dann wird jeder sagen, das kann passieren. Keiner wird meine Mutter schräg ansehen und sich nach ihr umdrehen. Versteht ihr mich?«
    »Ja, schon«, sagte Owens. Sie hatte den Fernseher angestellt und wir sahen ein verzerrtes Bild diagonal über den Bildschirm wandern. »Aber heute Morgen hat Captain Miller gesagt, sie ist sich nicht sicher, was wir hier eigentlich tun.«
    »Hey, Jamil, was sollen die Amerikaner hier tun?«, rief Harris dem alten Iraker zu, der in der Ecke saß. Es war wohl die richtige Frage, aber ich glaube nicht, dass sich Harris auch nur die Bohne für die Antwort interessierte.
    »Ich kann euch nur sagen, was wir wollen«, antwortete Jamil. »Wir wollen in Frieden leben und in Frieden Allah verehren und in Frieden auf unseren Straßen gehen. Der Islam, der wahre Islam, ist eine friedliche Religion. Das hört sich einfach an, ist es aber nicht. Wir haben Allah in unseren Herzen, aber manchmal ist es schwer, die wahre Stimme zu hören, wenn der Magen so viel Lärm macht. Das können Amerikaner nicht verstehen.«
    »He, Mann, ihr habt hier doch Öl«, sagte Harris, als Jonesy ins Zelt zurückkam. »Wenn ihr Öl habt, braucht ihr euch doch keine Sorgen zu machen.«
    »Wo ist denn mein Öl, mein Freund?« Jamil stand auf, öffnete sein Hemd und drehte sich langsam um. »Wo, glaubst du, habe ich es versteckt?«
    »Mach das Hemd zu«, verlangte Marla, »sonst regt sich Owens auf.«
    Wir wandten uns dem Fernseher zu und versuchten, einen Nachrichtensender reinzukriegen. Die Nachrichten waren wichtig für uns. Wir versammelten uns um das Gerät, rückten alle näher zusammen und wandten uns ab, wenn wir gelegentlich Dinge sahen, die wir nicht sehen wollten oder von denen wir wussten, dass sie nicht wahr waren.
    Die Sendung begann mit Irakern in Bagdad, die Fahnen schwenkten und feierten.

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