Himmel ueber Falludscha
besser, nicht hinzugehen, denn auch dafür hätten wir unsere Waffen im Humvee zurücklassen müssen. Marla war der gleichen Meinung. Barbara sagte, ihr wäre es egal, aber sie kam trotzdem mit uns zum Fahrzeug.
Wir stiegen ein und fuhren allein nach Bagdad zurück. Es waren nur ein paar Kilometer und nach etwa zwölf Minuten stießen wir auf die erste amerikanische Patrouille. Sie überprüften unsere Identität und ein Lieutenant der Marines bot mir zwei Laptops und eine lebenslange Eintrittskarte fürs Yankee-Stadion im Tausch gegen Marla und Barbara an. Marla hielt das für witzig, aber Barbara regte sich auf und schimpfte wie ein Rohrspatz, als wir weiterfuhren. Wir trafen einen zweiten Humvee der Marines, sagten ihnen, dass wir in die Blase wollten und fragten, ob sie etwas dagegen hätten, wenn wir uns ihnen anschlössen. Der Fahrer sagte Nein, war aber überrascht, dass wir Waffen dabeihatten.
»Ich dachte, die Leute von Civil Affairs tragen keine Waffen«, meinte er, »so wie Geistliche.«
»Der Unterschied ist«, klärte Marla ihn auf, »dass die Geistlichen glauben, dass sie bei Gott etwas guthaben und sich nicht vor dem Sterben fürchten. Wir haben da ein paar mehr Probleme.«
Die Patrouille fuhr langsam. Die Jungs waren jung und einer von ihnen aß ein Sandwich – was mich daran erinnerte, dass ich Hunger hatte. Wir waren bereits in Sichtweite des Palastes, und ich erklärte Marla gerade, warum ich keine Einkaufsliste dabeihatte, als plötzlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Humvee in die Luft flog.
Die Marines eröffneten sofort das Feuer, verscheuchten die Menschen vom Gehweg und brachten Autos mit quietschenden Reifen zum Stehen. Der Fahrer vor uns lenkte scharf zur Seite, wobei sein Fahrzeug fast umkippte, und fuhr auf den brennenden Humvee zu. Barbara zog eine scharfe Rechtskurve und hielt ein paar Schritte vor dem brennenden Humvee an.
Die Marines waren schon ausgestiegen und versuchten, ihre Kameraden aus dem Fahrzeug zu ziehen, das mittlerweile vollständig in Flammen stand.
»Achtet auf Heckenschützen!«, schrie ein Offizier.
Ich suchte die Fenster und Dächer ab und richtete das MG auf alles, was eine mögliche Bedrohung darstellte. Ein paar Marines feuerten ins Nichts. Sie wollten bloß, dass die Leute in Deckung blieben.
Dann sah ich es. Ein Soldat trug eine Leiche zu einem anderen Fahrzeug – an der Uniform erkannte ich, dass es ein Amerikaner war. Aber es war nur der Oberkörper. Sie holten von irgendwoher Leichensäcke und innerhalb wenigerMinuten waren die toten Marines von der Straße verschwunden.
Ich musste würgen und hätte fast gekotzt. Ich spürte, wie mir die Sinne schwanden. Es war zu viel auf einmal. Die Explosion, die den Humvee erschüttert hatte, das plötzliche Aufflackern von Schüssen, Marines, die kampfbereit aus ihren Fahrzeugen sprangen, und der Leichnam des toten Kameraden.
Auf dem Gehweg lag ein verwundeter Iraker, ein schwergewichtiger Mann, der einen Sack mit Orangen getragen hatte. Die Marines durchsuchten ihn, hoben ihn dann vorsichtig hoch und brachten ihn zur Wand des Gebäudes. Barbara, als Sanitäterin, ging zu ihm und sah ihn sich an. Sie blieb neben ihm knien, bis zwei Iraker kamen.
Die Marines löschten das Feuer und holten dann die Ausrüstung aus dem noch qualmenden Wrack des beschädigten Humvee. Das Fahrzeug lag auf der Seite und war nur noch eine dunkle Hülle wie ein riesiges Urzeitmonster, durch dessen Rippen Flammen zuckten.
»Eine Sprengfalle.« Barbaras Stimme klang hoch und ein wenig panisch, als sie zu unserem Fahrzeug zurückkam. »Zwei Tote. Der Iraker wird auch sterben. Sie hatten keine Chance.«
Ich hatte schon von improvisierten Sprengsätzen gehört, aber ich hatte noch nie gesehen, welchen Schaden sie anrichten konnten.
Zwei weitere Marines waren verwundet worden und ich sah, wie ihre Sanitäter sie versorgten. Die anderen ihrer Einheit überprüften kurz die Straße, fanden aber niemanden, den sie als Bombenleger identifizieren konnten.
Die ganze Angelegenheit war innerhalb kürzester Zeit vorbei. Die Patrouille der Marines war vorbeigekommen, der Sprengsatz war detoniert und jetzt waren ein paar Menschen tot. Es gab keine Konfrontation, keine verschwommenen Gestalten, die über die Straße huschten; niemanden, den man aus Rache jagen konnte; niemanden, auf den man wütend sein konnte.
Ein junger, verschreckter Marine, das Gesicht rußverschmiert, kam zu uns und sagte, dass sie jetzt abzögen und dass
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