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Himmel ueber Falludscha

Titel: Himmel ueber Falludscha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Dean Myers
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nicht gerne als Frau vorführen ließ, aber sie wusste längst, dass es einen Unterschied machte.
    Ich sah, wie Miller direkt mit einer Irakerin sprach. Ein paarmal nickte Captain Miller, dann kam sie zu uns.
    »Wir sind in ihr Haus zum Tee eingeladen«, erklärte sie. »Eine der Frauen spricht Englisch, ich glaube, sie ist Amerikanerin.«
    Captain Coles sagte, er wolle nicht mitgehen, was mich überraschte. Er befahl mir, mit den beiden Sanitätern und Marla zu gehen.
    »Warum wollen Sie nicht mit, Sir?«, fragte ich.
    »Ich glaube, Sie werden damit schon fertig«, meinte Coles.
    Für mein Gefühl erschien die Menschlichkeit, die wir den Irakern gegenüber zeigen sollten, allmählich etwas abgenutzt. Ich wusste nicht, wer hier mein Feind war, hinter welchem Felsen er hervorspringen würde, aus welchem Fenster er schießen würde. Ich wusste nicht, welche der Gestalten in den knöchellangen Gewändern für Frieden beteten und welche auf der Straße Bomben legten.
    Im halben Land fiel die Elektrizität aus, und selbst dort, wo sie angeblich funktionierte, tat sie das nicht immer. Das Haus war klein, zwei Stockwerke, aber das obere Stockwerk wirkte zu klein für richtige Wohnräume. Wir betraten ein Zimmer, das von einer Öllampe und dem Licht, das durch die Fensterläden drang, erhellt wurde.
    Die Frau, die uns zu den niedrigen Tischen geleitete, war jung, höchstens dreißig, mit einem schmalen, angenehmen Gesicht, das hübsch gewesen wäre, wenn sie nicht so traurige Augen gehabt hätte. Meinem Eindruck nach hätte sie Amerikanerin sein können. Fast akzentfrei bat sie uns, Platz zu nehmen. Eine der anderen Frauen brachte einen großen Topf und stellte ihn mitten auf den Tisch. Der Duft von sehr starkem Tee erfüllte den Raum.
    »Möchten Sie mein Haus durchsuchen?«, fragte mich die erste Frau. »Sie sehen sich so angestrengt um.«
    »Nein«, erwiderte ich.
    »Sie sprechen sehr gut Englisch«, bemerkte Captain Miller.
    Die Frau nickte.
    Der Tee wurde in Gläsern serviert und ich musste an meine Großmutter denken. Sie hatte mir erzählt, dass sie früher, als sie jung war, von Harlem zur Lower East Side gegangenwar und dort Tee aus Gläsern anstatt aus Tassen getrunken hatte.
    »Wir haben gehört, dass hier Kinder verletzt worden sein sollen«, begann Captain Miller. »Das tut uns sehr leid.«
    Die Frau sprach mit den anderen, die sich alle zu Captain Miller umdrehten. Miller erwiderte die Blicke der Frauen der Reihe nach.
    »Sie sagen, ich spreche gut Englisch«, sagte die Frau, die uns eingeladen hatte. »Ich heiße Halima Telfah. Meine Freunde nennen mich Hali. Ich habe drei Jahre an der Universität von Washington in Seattle studiert und dort meinen Abschluss in Biologie gemacht. Englisch habe ich an der Universität und in dem Hotel gelernt, in dem ich gearbeitet habe, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen: das Hotel Meany . Ich fand das einen lustigen Namen für ein Hotel.
    Ich hatte Respekt vor den Amerikanern. Ich fand, ihr seid ein wunderbares Volk. Ihr wart so frei, dass ihr gar nicht wusstet, was ihr mit eurer Freiheit anfangen solltet. Eure Frauen sind frei. Eure Männer sind frei. Eure Kinder sind frei. Ich hatte so viel Respekt vor euch und eurem Land.«
    »Wir respektieren Ihr Land ebenfalls«, warf Marla ein.
    »Ich bezweifle, dass Sie mein Land überhaupt kennen«, erwiderte Halima.
    »Können Sie uns sagen, was passiert ist?«, fragte Captain Miller. »Wurden Kinder verletzt?«
    »Als die Kämpfe begannen, als die Invasion begann, diskutierten die jungen Männer, was sie tun sollten. Es gab hier nicht viele und sie wussten nicht, warum ihr sie tötenwolltet. Sie stellten sich genau diese Frage: Warum wollen sie uns töten?
    Sie entschlossen sich, sich euch zu ergeben. Die Männer wollten warten, bis ihr kommt, und sehen, was ihr tut. Dann kamen ein paar Leute der Baath-Partei und erzählten ihnen, es sei ihre Pflicht, zu kämpfen und ihr Land zu verteidigen.«
    »Baath-Partei?«, fragte ich nach.
    »Das nationalistische Pack«, erklärte sie. »Saddams Partei.«
    »Kamen sie in einem Fahrzeug des Roten Halbmonds?«, fragte Marla.
    »Nein, es war ein ganz normaler Lkw. Ich glaube, an der Seite stand etwas von Softdrinks. Die Baath-Leute sagten, unsere Männer sollten in die Hauptstadt gehen, um dort ihre Befehle zu erhalten. Sie gehörten zwar zu den hiesigen Reservisten, aber sie wollten sie in die Hauptstadt schicken. Denn sie hatten aufgeschnappt, dass die Männer sich den Amerikanern ergeben

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