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Himmel ueber Falludscha

Titel: Himmel ueber Falludscha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Dean Myers
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würden.
    Wir haben für unsere Männer Kuchen gebacken und ihnen frisches Obst für den Weg nach Bagdad eingepackt. Wir haben mit ihnen geweint und gelacht und ihnen gesagt, sie sollen vorsichtig sein. Die Kinder …«
    Sie hielt inne und legte die Fingerspitzen an ihren Mund, als müsse sie das Gewicht der Worte spüren, die sie sagen wollte. Dann holte sie tief Luft und fuhr fort:
    »Die Kinder waren aufgeregt. Es sind doch nur Kinder. Für sie ist jedes Ereignis aufregend. Die Männer stiegen alle in den Lkw der Baath-Leute und die Kinder winkten ihnen nach. Dann flog ein amerikanisches Flugzeug über unshinweg. Einer der Männer, ich glaube, es war einer der Baath-Leute, schoss darauf. Das Flugzeug flog daraufhin eine Schleife. Die Kinder beobachteten es. Der Lkw fuhr mit unseren Männern, Brüdern und Söhnen die Straße entlang. Das Flugzeug kreiste und ließ eine Bombe fallen oder feuerte ein Geschoss ab oder was auch immer. Der Lkw wurde getroffen und es gab eine große Explosion.
    Das Flugzeug flog davon. Es hatte an diesem Tag seine Pflicht für den Krieg erfüllt. Der Lkw war erst dreihundert Meter weit gefahren. Wir rannten darauf zu. Die Kinder waren schneller. Es waren nur noch Leichenteile übrig. Ein kleines Mädchen begann zu schreien. Sie alle packte das Entsetzen, alle bis auf ein kleines Mädchen, dessen Bruder im Lkw gesessen hatte. Sie packte, was von ihm übrig war, und versuchte, ihn nach Hause zu schleppen.
    Sie fragen, ob die Kinder verletzt wurden. Ja, sie wurden verletzt, tief im Inneren. So etwas sollten Kinder nicht sehen. Die Amerikaner sind gekommen und das Töten hat angefangen«, fuhr Halima fort. Ihre leise, gleichmäßige Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Es wird so viel getötet, dass in unseren Herzen kein Platz mehr ist für Trauer oder Zorn. Jetzt stellen die Kinder die gleichen Fragen wie vorher ihre Brüder: Warum seid ihr gekommen, um uns zu töten?«
    »Es tut mir leid«, sagte Captain Miller. »Es tut mir wirklich sehr leid. Gibt es irgendetwas, was wir tun können?«
    »Achtet unser Leben genauso wie euer eigenes«, erwiderte Halima. »Mehr verlangen wir nicht.«
    Ich fühlte mich in hundert verschiedene Richtungen gezerrt. Die Traurigkeit in Halimas Stimme berührte mich,aber dann dachte ich an die Männer des Dorfes, die getötet worden waren, und dass sie in die Hauptstadt fahren wollten, um sich zum Kampf gegen die Amerikaner bereit zu machen. Auch in meinem Herzen war wesentlich weniger Raum für Trauer geblieben. Ich glaube, Halima wusste, was ich dachte, denn sie sah zu mir herüber.
    »Werden Sie je nach Amerika zurückgehen?«, fragte ich.
    »Wer weiß?«, antwortete sie. »Ich wage es nicht mehr, Vorhersagen zu machen, wie ich es als Kind getan habe.«
    Wir tranken den Tee aus und gingen hinaus. Noch einmal fragte Captain Miller, ob wir etwas tun könnten. Halima fragte, ob wir Zahnpasta hätten. Wir hatten keine dabei, aber Miller sagte, sie würde ihr welche besorgen.
    »Seit Beginn der Bombardierung ist Zähneputzen so ein Luxus geworden, dass ich schon Schuldgefühle habe, nur daran zu denken«, erklärte Halima.
    In einem Hauseingang stand ein magerer kleiner Junge. Er mochte etwa neun oder zehn Jahre alt sein. Er lehnte in der offenen Tür. Die Sonne schien schräg auf seine Beine und ich sah, dass er barfuß war. Unter einem Fuß lag ein Fußball. Ich deutete mit dem Fuß einen Kick an und hielt die Hände hoch. Der Junge sah mich lange an, dann schoss er den Ball vorsichtig in meine Richtung.
    Ich ging hin und schoss ihn zurück. Ein weiterer Junge trat aus dem Schatten, folgte dem Ball zu der Wand, zu der er gerollt war, und kickte ihn zu mir zurück. Sie waren eben Kinder. Ganz egal was passierte, es waren Kinder.
    Mir fiel Sergeant Yossarian ein und ich bedeutete dem ersten Jungen, mir zu folgen. Er ging mit mir zum Humvee und ich zeigte hinein. Nach einem kurzen Blick sprang erschnell zurück. Dann sah er noch einmal hin, langte hinein, berührte Yossarian am Arm und stellte fest, dass er sich nicht bewegte. Das Lächeln auf dem Gesicht des Kindes war strahlend. Weiße Zähne in einem braunen Gesicht in einem lächerlichen Augenblick des Friedens. Genau.
    Er wandte sich zu den Häusern um und rief etwas.
    Ich weiß nicht, wo die ganzen Kinder herkamen, aber bald waren es sieben: fünf Jungen und zwei Mädchen, und einer der Jungen schnatterte etwas auf Arabisch. Einer nach dem anderen schauten sie in den Humvee, und die Mutigeren fassten

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