Himmel ueber Falludscha
stellten.
»Ich bring dich um und den kleinen Spinner auch!«, Harris spuckte es mehr, als dass er es sagte.
»Hey, wir stecken hier alle zusammen drin«, erinnerte ihn Evans.
»Willst du dir ein paar Augen im Hinterkopf wachsen lassen?«, rief Jonesy, der immer noch am Spind lehnte. »Du wirst sie nämlich brauchen!«
»Wieso? Wieso?« Wieder ballte Harris die Fäuste. »Willst du dich an mich ranschleichen, he? He?«
»Nein, aber dein Arsch befindet sich in einem Kampfgebiet und du wirst jemanden brauchen, der dir den Rücken deckt«, sagte Jonesy.
»Dich brauche ich ganz sicher nicht.« Harris spuckte auf den Boden und drängte sich dann an mir vorbei zur Tür.
Niemand sagte etwas. Wir hatten es alle mitbekommen, aber wir konnten nichts anderes tun, als darüber hinwegzusehen. Ich fragte mich, ob wir das schaffen würden.
»Du könntest ihn melden«, sagte Evans.
»Oder ihn erschießen, wenn er schläft«, meinte ich.
»Lasst es«, erwiderte Jonesy. »Jeder Hund hat mal einen schlechten Tag.«
Wir saßen noch eine Weile herum und jeder von uns dachte darüber nach, wie er sich in der Situation wohl verhalten hätte. Aber mir war klar, dass die meisten von uns nicht in diese Lage gekommen wären. Harris hatte sich den kleinsten Kerl der Einheit ausgesucht, um ihn anzugreifen. In der wirklichen Welt hätte er sich so etwas nie getraut.
Ich hatte noch nicht viel darüber nachgedacht, aber Jonesy hatte recht. Wir brauchten einander, um heil ausdiesem Krieg herauszukommen. Wir brauchten uns gegenseitig – und einen Riesenhaufen Glück.
Als Harris wieder hereinkam, sagte ihm Pendleton, dass es falsch sei, ein Mitglied unserer Einheit zu schlagen.
»Willst du dich mit mir anlegen? Willst du das?« Harris baute sich vor Pendleton auf und starrte ihn wütend an.
Pendleton war ein großer, ruhiger weißer Junge, der Harris mühelos in zwei Stücke hätte reißen können, und das war jedem klar. Wir warteten nur, bis Harris seine dreißig Sekunden Showtime gehabt hatte und sich wieder hinsetzte.
Einige Jungs in unserer Einheit kamen gut miteinander aus. Die anderen waren in Ordnung, aber sie ließen nicht viel raus. Aber wir durchlebten alle das Gleiche, sahen die gleichen Kämpfe, empfanden die gleichen Augenblicke der Langeweile und des Entsetzens. Wir waren es gewohnt, uns im Kantinenzelt zu treffen, und erwarteten, uns jeden Morgen wiederzusehen. Es gab einfach keinen Raum für so einen Mist.
Kurz nach Sonnenuntergang kam Coles und sagte, dass wir am nächsten Tag noch vor Tagesanbruch zwei Kameraden von der Nachrichtenabteilung zu einem Ort im Rusafa-Distrikt begleiten würden. Er fragte uns, ob etwas nicht stimmte; nachdem Jonesy Nein gesagt hatte, sagten wir alle Nein.
»Hey, ich habe euch wirklich nicht freiwillig dafür gemeldet«, sagte Coles. Noch einmal sah er sich um. Er wusste, dass etwas nicht in Ordnung war, konnte aber nicht herausfinden, was; also ging er wieder.
Es wurde viel früher Morgen als erwartet. Wir waren kaum angezogen, als Coles ins Zelt kam. Er sah sich um,um zu sehen, ob wir alle fertig und bereit zur Abfahrt waren, und brachte dann die beiden Leute von den Special Operations , die der Nachrichteneinheit zugeordnet waren. Darcy und Marla kamen mit ihnen herein.
»Leute, das sind Lieutenant Davis und Corporal Lawler«, erklärte Coles. »Sie werden Ihnen den Einsatz erklären.«
Lawler hatte einen Quadratschädel mit kurzen Haaren. Er sah aus wie ein Nazi aus einem alten Film über den Zweiten Weltkrieg. »Wir haben ein paar Informationen vom Beichtstuhl, die wir lieber überprüfen sollten«, begann er.
»Beichtstuhl?« Darcy verzog den Mund und sah weg.
Der Beichtstuhl war ein Stand, den der Nachrichtendienst eingerichtet hatte. Dort bezahlten sie die Iraker für Informationen über Aufständische. Die meisten Informationen erwiesen sich als Humbug, aber gelegentlich wurde auch etwas Wichtiges weitergegeben.
»Egal …«, fuhr Lawler fort. »Die Information besagt, dass es in der Altstadt eine Fabrik für Sprengsätze gibt. Wir werden ihnen einen Überraschungsbesuch abstatten und sehen, was wir finden.«
»Wer übersetzt?«, fragte Coles.
»Ich«, antwortete Davis.
Marla verdrehte die Augen.
»Ich will Ihnen mal ein paar Hinweise geben.« Davis’ Kiefer spannte sich an, wodurch sich dort weiße Linien bildeten. »Den unmittelbaren Krieg haben wir gewonnen. Der war vorbei, als wir Bagdad erreicht hatten. Das hier ist etwas anderes. Jeden Tag werden Leute von
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