Himmel ueber Falludscha
das Spiel unterbrechen mussten, weil sie sich untereinander stritten. Sie schrien Omar heftig an – wahrscheinlich, weil er sie bat, gnädig mit uns zu sein. Sie brachten zwei neue Spieler ins Spiel, ebenfalls Teenager, und erhöhten auf 20 : 0.
Dann wechselte Omar die Teenager gegen ein paar wirklich kleine Jungen ein. Uns hing mittlerweile die Zunge heraus, wir stützten uns mit den Händen auf die Knie. Captain Miller warnte uns vor dem Dehydrieren. Das Fernsehteam hatte richtig Spaß, während sie am Spielfeldrand auf und ab rannten und unsere Schmach für alle Ewigkeit festhielten.
»Ich schlage vor, wir kommen wieder und erschießen sie«, sagte Victor, als wir hinterher am Boden lagen.
Wir stimmten über den Vorschlag ab, der 9 : 1 angenommen wurde.
Die 422. bot ein Mittagessen an; das Fernsehteam wollte Aufnahmen von den Irakern und einigen Offizieren machen, aber Miller sträubte sich dagegen.
»Stammesloyalität«, behauptete sie.
Cool.
Omar und drei seiner Freunde aßen mit uns.
»Omar, was würdest du tun, wenn du nach Amerika kommen würdest?«, fragte Marla.
»Ich würde nach New York City fahren und mir die großen Gebäude ansehen«, erwiderte Omar. »Und dann würdeich aufs College gehen und ein Blasinstrument spielen.« Er machte eine Bewegung wie beim Posaunespielen.
»Kannst du Posaune spielen?«, fragte Captain Coles.
»Nein, aber ich würde es am College lernen«, sagte er.
»Wo habt ihr so gut Fußballspielen gelernt?« Miller blickte auf, sie hatte sich etwas auf einem Marschverpflegungs-Päckchen notiert.
»Ich spiele gar nicht gut, aber ich bin Moslem – deshalb gewinne ich.« Er berührte jeden seiner Freunde an der Brust. »Moslem, Moslem, Moslem.«
»Und da wir keine Moslems sind, können wir nicht gewinnen?«, fragte ich.
Omar berührte jeden von uns. »Ungläubiger, Ungläubiger, Ungläubiger, Ungläubiger, Ungläubiger, Ungläubiger …«
Um Pendleton und mich zu erreichen, musste er aufstehen und um den Tisch herumgehen, was er auch tat.
* * *
»Wir brauchen eine nette, alte Großmutter, die draußen auf der Veranda sitzt und uns sagt, was hier eigentlich wirklich los ist.« Pendletons Tonfall wurde immer schleppender. »Heute Morgen noch haben sie gesagt, dass das hier fast vorbei ist. Mittags hören wir, dass Kameraden der Special Operations bei Nasiriya angegriffen wurden.«
»Die wurden angeblich von unseren eigenen Leuten beschossen«, warf Jonesy ein.
»Ich weiß nicht, warum man das als friendly fire bezeichnet, wenn es einen umbringt«, meinte Pendleton. »Ein Kampfjet löscht einen Lkw voller Soldaten aus.«
»Ich dachte, die Piloten brauchten eine Genehmigung, bevor sie auf irgendetwas am Boden schießen.« Victor verbrachte immer mehr Zeit bei unserer Gruppe. Er schärfte gerade das riesige Messer, das er immer mit sich herumschleppte.
»Wie wollen sie mit unseren eigenen Leuten kommunizieren, wenn die Funkfrequenzen blockiert sind?«, fragte Jonesy. »Das haben sie nämlich letzten Sonntag gemacht. Sie haben die Funkfrequenzen blockiert, damit die Iraker ihre Sprengfallen nicht per Telefon zünden konnten. Letzten Sonntag konnte man nicht mal vom oberen Stockbett ins untere telefonieren. Wenn Marla und Darcy uns über Funk um etwas Action anflehten, würden wir das hier nicht mal mitkriegen.«
»Ihr Jungs lechzt nach den Mädels, dabei solltet ihr eher danach lechzen, heil nach Hause zu kommen«, stellte Victor fest.
»He, Victor, wen willst du eigentlich mit dem Messer angreifen, wenn du doch dein M-16, Handgranaten und einen Mund voller Zähne zum Kämpfen hast?«, erkundigte sich Jonesy.
»Mit dem Messer fühle ich mich gut«, gab Victor zurück. »Ich stelle mir vor, da sind nur Mr X und ich allein in einem dunklen Raum. Er hat Angst und ich habe Angst. Ich höre ihn atmen, wisst ihr, langsam. Dann gehe ich auf ihn zu und er lauscht und denkt nach und macht sich bereit für einen Nahkampf. Und dann: ›Uff! Uff!‹ Er spürt den kalten Stahl in der Seite und weiß nicht, was ihm geschieht. ›Uff! Uff!‹ Wenn er es begreift, ist es zu spät.«
»Hast du das in einem Film gesehen?«, fragte ich.
»Nein, Mann, in einem ausgetrockneten Abwasserkanal in Albuquerque.«
»Und was sollen wir jetzt wegen der Funkgeräte tun?«, wollte Jonesy wissen.
Das war ein Problem, weil die Schurken die Zünder ihrer Bomben an den Klingelmechanismus der Telefone anschlossen. Sie warteten auf einen Konvoi und riefen die Nummer an. Anstatt den Klingelton
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