Himmel ueber Falludscha
zukünftige Schmerzen«, meinte Miller. »Schon mal daran gedacht?«
»Schon gut, Captain.« Jonesy ließ sich wieder auf sein Bett sinken. »Ich werde einfach hier liegen und leiden, weil es sowieso niemanden interessiert, wie ich mich fühle.«
Wir wussten alle, dass Miller ihm letztendlich die Schmerzmittel geben würde, aber nicht ohne eine Lektion. Bei all ihrer Motzerei wurde sie so langsam die Mutter der Truppe und ich glaube, die Rolle gefiel ihr sogar.
Coles kam mit Neuigkeiten zurück. Es waren keine guten Neuigkeiten.
»Eine Einheit der Marines hat in einer Garage einen Haufen toter Zivilisten gefunden«, erzählte er.
»Und die Iraker glauben jetzt, dass Amerikaner sie getötet haben?«, fragte Evans.
»Man weiß nicht, wer sie getötet hat«, erwiderte Coles. »Aber sie hatten alle die Hände auf dem Rücken gefesselt und alle fünf waren mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet worden. Es waren alles Sunniten, daher ist an der Sache auf jeden Fall etwas faul.«
»Haben sie mit uns zusammengearbeitet?«, erkundigte sich Miller. »Vielleicht wurden sie getötet, weil man sie als Verräter betrachtete oder so.«
»So wie ich es gehört habe, nimmt man an, dass sie von einer Khalid-Todesschwadron getötet wurden«, antwortete Coles.
Von den Todesschwadronen hatten wir alle schon gehört. Es gab eine vage Verbindung zwischen ihnen und den Leuten, die wir als Führer des neuen Irak förderten. Vor der Invasion hatten die Sunniten die Macht innegehabt und die Schiiten waren ziemlich unterdrückt worden. Saddam war Sunnit und hatte alle Schlüsselpositionen mit seinen Kumpelsbesetzt. Seit Saddam fort war und wir die Macht den Schiiten übertragen hatten, gab es plötzlich einen explosionsartigen Anstieg mysteriöser Morde.
»Warum versuchen wir nicht, die Todesschwadronen aufzuhalten?«, fragte ich Coles.
»Das versuchen wir ja«, meinte Coles. »Das vermute ich jedenfalls, ebenso wie Sie.«
Die ganze Sache war richtig übel. Jeden Tag hörten wir von Dingen, die nichts mit Freiheit oder Demokratie zu tun hatten. Es gab Geschichten über Plünderungen; über Iraker, die aus ihren Häusern vertrieben wurden, damit andere – solche, die wir unterstützten – dort einziehen konnten; und Geschichten über Iraker, die ganz plötzlich reich wurden, und niemand wusste warum. Jetzt war die Rede von Todesschwadronen.
Coles berichtete weiter, dass einige der Opfer gefoltert worden seien. Um uns herum lief eine Schlacht, auf die wir keinen Einfluss hatten und von der wir nicht viel wussten.
Einige Ingenieure von den Pionieren berichteten von Leichen, die in einem Kraftwerk nördlich von Bagdad gefunden worden waren.
»Sie sind regelrecht exekutiert worden«, sagte einer von ihnen. »Es müssen andere Iraker gewesen sein. Sonst war niemand da.«
Ich musste an ein Basketballspiel denken, in dem ich gegen die Lane High School gespielt hatte. Lane hatte das bessere Team, aber wir lagen in Führung. Der Trainer verlangte eine Auszeit, und wir versammelten uns an der Bank, wo er mich anschrie, weil ich immer auf die Anzeigentafel geschaut hatte.
»Das Spiel findet auf dem Spielfeld statt!«, hatte er geschrien.
Das war schon richtig; aber wer gewann, das stand auf der Anzeigentafel. Wenn die Zeit abgelaufen war, hatte derjenige gewonnen, der die meisten Punkte hatte. Hier im Irak wusste ich nicht, ob wir gewannen oder verloren. Wenn wir nur über Tote redeten, über Leichen, die auf den Straßen lagen, dann lagen wir klar in Führung. Aber irgendwie ging es gar nicht darum, wer die meisten Leute umbrachte. Jonesy hatte es ganz gut auf den Punkt gebracht.
»Der einzige Tod, der etwas bedeutet, ist dein eigener«, hatte er gesagt. »Bei allen anderen schüttelst du nur den Kopf und versuchst, weiter durchzuhalten.«
Woher sollten wir also wissen, ob wir gewannen oder verloren? Und wenn wir nichts gewannen, was nutzte dann das Sterben?
Samstagabend kam Coles zu mir. Er sah erschöpft aus. Ich hatte den Eindruck, dieser Krieg machte ihn langsam fertig.
»Nun, Birdy, was halten Sie von diesem Krieg?«, fragte er mich.
»Ich glaube, ich mag keinen Krieg«, sagte ich.
»Aber man kann etwas lernen«, meinte er. »Mich hat er gelehrt, dass ich meine Frau und meine Kinder mehr liebe, als ich geglaubt habe – und wesentlich mehr, als ich ihnen jemals gesagt habe. Ist das nicht beschissen? Ich meine, eine Frau und Kinder zu haben und es nicht zu schaffen, ihnen zu sagen, wie sehr man sie liebt? Ist das nicht
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