Himmel ueber Falludscha
mich an einen ganz besonderen Geruch: Es war der Geruch von Blut, als wir versucht hatten, Pendleton aus dem Humvee herauszuholen. Ich versuchte, an etwas anderes zu denken, um die Spannung zu lösen. Es war keine akute Anspannung, sondern nur ein unterschwelliges Gefühl, mit dem ich rund um die Uhr zu leben lernte. Ich hielt auf meiner Straßenseite die Augen offen und beobachtete jeden Karren oder Pickup, an dem wir vorbeikamen, als ob er sich urplötzlich in etwas Tödliches verwandeln könnte.
Wir erreichten das Dorf und die Infanteristen bezogen unauffällig Posten um die Häusergruppe, zu der wir wollten. Sie sollten den Eindruck erwecken, als stünden sie eher zufällig dort. Das war eigenartig, weil die Iraker in ihren langen Hemden und auf Sandalen herumliefen und wir mit unseren Helmen, Schutzbrillen, kugelsicheren Westen und Waffen aussahen wie die Marsmenschen. Aber die irakischen Kinder liebten uns.
Coles kam mit dem PSYOP-Major zu uns. Major Scott war jung, vielleicht dreißig, und etwa eins neunzig groß. Er musterte uns und meinte, er freue sich, uns dabeizuhaben.
»Ihr macht hier einen tollen Job«, fand er. »Alle reden davon. Je mehr Freunde ihr hier findet, desto weniger Leute müssen wir töten, und umso weniger gibt es, die uns töten wollen.«
Als wir zum Treffpunkt kamen, erwies der sich als ein großes, etwa sieben mal zehn Meter großes Zelt. Es wartiefrot gefärbt und hob sich malerisch vom rötlichen Sand ab. Darum herum standen kleinere schwarze und braune Zelte. Wir nahmen an, dass wir genauso Stellung beziehen sollten wie die Infanteristen, aber Captain Coles kam und erklärte, die erste und die dritte Gruppe sollten drinnen mit dem Scheich essen.
Corbin von der dritten Gruppe musste bei den Fahrzeugen bleiben, die wir nebeneinander abgestellt hatten. Marla gab ihm Captain Coles’ Sandwich.
»Wir bringen dir etwas von drinnen mit«, sagte ich. »Vielleicht ein paar Kamelrippchen oder was es so gibt.«
»Ich bin Kamelrippchen leid«, erklärte Corbin. »Sieh mal, ob sie Kartoffelsalat dazu haben.«
Vor dem Zelt war ein zwei Meter hohes Tor, neben dem die Iraker Posten aufgestellt hatten. Sie waren in Zivil gekleidet und sahen aus wie achtzehn oder neunzehn, hatten aber Schnurrbärte und Kalaschnikows. Wir lächelten sie im Vorbeigehen an, und sie lächelten zurück. Sie trugen keine Uniform, aber die Waffen sagten mir alles, was ich wissen musste.
In der Mitte des Zelts stand der Tisch. Auf dem Boden lag ein Teppich, unter dessen Rändern Matten hervorsahen. Der Scheich war in den Fünfzigern, ein kleiner Mann mit ordentlich gekämmtem grauen Haar. Er trug ein traditionelles irakisches Gewand – die lange, fließende Djellaba mit den Stickereien an der Vorderseite, wie sie die reichen Leute trugen. Ich konnte ihn mir auch gut in einem maßgeschneiderten Anzug vorstellen. Er saß am Kopf des reich geschmückten Tisches, je zwei seiner Leute mit je einem leeren Stuhl zwischen sich an den beiden Seiten. MajorScott und Captain Coles setzten sich ans andere Ende und wir Soldaten auf die freien Stühle. Major Scott sprach Arabisch; Ahmed, der ebenfalls mitgekommen war, saß bei ihm, um notfalls beim Übersetzen zu helfen.
Wir bekamen frisches Obst und rohes Gemüse von jungen Frauen serviert. Keiner der irakischen Männer schien von Marla Notiz zu nehmen, aber die Frauen taten es und ich sah eine von ihnen lächeln.
Zuerst war die Unterhaltung höflich und nett. Major Scott und Captain Coles erzählten, wie schön sie den Irak fanden; der Scheich erzählte, was für ein wunderbares Land Amerika war. Ich war überrascht, wie gut er Englisch sprach.
»Ich frage mich, was Adam über das Paradies wusste«, sagte der Scheich, der darauf bestand, dass wir ihn Hamid nannten. »Er ist eines Tages im Heiligen Garten aufgewacht und kannte nichts anderes. Genau das ist meiner Meinung nach in Amerika passiert. Ihr seid ein junges Volk. Was kennt ihr schon außer dem Paradies des Friedens, der Sicherheit und des Wohlstands? Dadurch denkt ihr anders als mein Volk.«
»Ich glaube, die meisten Menschen erwarten vom Leben das Gleiche«, meinte Major Scott. »Wir wollen Freiheit, wir wollen Liebe und wir wollen die Chance, in den Himmel zu kommen, wenn es so weit ist.«
Er klang nicht sehr überzeugend.
»Ihnen gefällt also mein Land?«, fuhr al-Sadah fort.
»Ich würde gern eines Tages wiederkommen und hier Ferien machen«, gab Scott zurück. »Wenn sich die Lage stabilisiert hat,
Weitere Kostenlose Bücher