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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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durfte auf keinen Fall von einem Vorgesetzten erwischt werden.
    Edith mäßigte ihre Stimme nicht. »Diese Tilla hat das also bei deinem Vater erbeten? Und er gab ihrem Wunsch nach? Was hast du erbeten? Was hast du eingefordert?«
    »Edith, mir fällt etwas ein! Lass mir noch ein paar Tage Zeit, bitte.« Er verachtete sich selbst für seinen flehenden Tonfall. Aber ihre Haltung, ihre Stimme und ihre Worte weckten in ihm die Angst, sie könne sich tatsächlich von ihm abwenden. Allein in dem dunklen Loch, das sich vor ihm auftat, würde er kümmerlich eingehen. Edith war zu seinem Lebensinhalt geworden. Er glaubte, ohne sie ein Nichts zu sein, mit ihr an seiner Seite, als passende Ergänzung, erschien ihm das Leben erst vollkommen.
    Wieder wich Edith seiner Berührung aus. Sie bückte sich, nahm ihre Handtasche auf, die bei ihrer Begrüßung achtlos ins hohe Gras gefallen war, und hielt sie wie einen Schild vor sich.
    »Melde dich bei mir, falls dir ein Weg eingefallen ist, dieses Dilemma zu lösen. Falls du es tatsächlich willst …«
    Der Kadett hob hilflos die Hände an, um sie kraftlos sinken zu lassen, als Edith sich von ihm abwandte. Betroffen sah er zu, wie sie durch das hochgewachsene Gras stapfte und kurz darauf, beleuchtet von den Blitzen des allmählich näher rückenden Gewitters, um eine Hausecke verschwand.
    Hannes lief los, hinter ihr her. Er wollte sie zurückhalten, sie in die Arme schließen und ihr versichern, dass alles gut werden würde. Doch ein gellender Pfiff ließ ihn erschrocken herumwirbeln.
    Theodor Birk, der einzige eingeweihte Freund, trat aus einem Mauervorsprung der Kadettenanstalt und winkte ihm mit hektischen Bewegungen. Offenbar war die Zeitspanne, in der er unbemerkt das Gebäude verlassen konnte, vorbei.
    Der Warnung seines Kadettenkameraden zum Trotz rannte er weiter. Er musste Edith beteuern, wie sehr er sie liebte und dass er alles tun würde, damit sie heiraten durften.
    Der Wind peitschte pfeifend durch die Bäume und schien das Chaos in seinem Inneren widerzuspiegeln, während sich die Grashalme unter den Böen der Erde entgegenduckten.
    Als eine kräftige Hand ihn am Oberarm ergriff und herumriss, schrak Hannes zusammen. Theodor fuhr ihn wütend an: »Willst du von der Akademie fliegen? Dann hast du alles verloren! Komm sofort zurück. Wir werden bestimmt längst vermisst!«
    Hilflos und verzweifelt zugleich warf Hannes einen Blick in die Richtung, in die Edith verschwunden war. Sein Herz schien zerspringen zu wollen. Sie hatten keinen neuen Treffpunkt verabredet. Edith knüpfte eine nächste Kontaktaufnahme sogar an eine Bedingung, und sie war keine Frau, die sich fortwährend mit Vertröstungen hinhalten ließ.
    Hatte er sie verloren? War sein Vorgehen falsch gewesen? Hätte er seinem Vater gegenüber bestimmter auftreten müssen, anstatt ihn hinzuhalten? Hannes blickte betreten auf seine Hände. In der Theorie war das leicht gesagt!
    »Komm endlich, du verliebter Narr!«, forderte Theodor und zerrte ihn beinahe gewaltsam hinter sich her.
    »Ich sehe sie nie wieder, wenn ich sie jetzt gehen lasse!«, protestierte Hannes und stemmte sich gegen den anderen Kadetten an.
    »Jetzt reiß dich aber mal zusammen. Wenn sie dich nicht wiedersehen will, dann liebt sie dich nicht genug und ist es nicht wert …« Theodor duckte sich rechtzeitig, um Hannes’ Faust auszuweichen, was diesen beinahe zu Fall brachte. Unsanft landete er auf den Knien und starrte auf die Pflastersteine unter sich.
    »Komm endlich. Du kannst es dir nicht leisten, schon wieder negativ aufzufallen. Dein Vater ist nicht in der Position, dich vor einem Ausschluss zu bewahren.«
    Unter seinen braunen Haaren, die ihm nach seinem Sturz unordentlich ins Gesicht fielen, betrachtete Hannes den sichtlich nervösen Freund. Auch Theodor sollte sich seinetwegen nicht den Ärger ihrer Ausbilder zuziehen. Und er selbst war wirklich oft genug verwarnt worden. Zudem – wenn er von der Anstalt flog, würde sein Vater toben und ihm in der Frage seiner Ehefrau erst recht nicht mehr entgegenkommen.
    »Du hast recht«, gab er zu und rappelte sich auf.
    Mit hängendem Kopf und einem bohrenden Schmerz im Inneren rannte er Theodor nach, der im Schatten des riesigen Gebäudekomplexes versuchte, ungesehen zurück in ihre Klasse zu gelangen. Edith schien all seine Kraft und Lebensfreude mit sich genommen zu haben, wie seine schweren Schritte verrieten. Ebenso wie die düsteren Prognosen über seine Zukunft, die ihm durch den Kopf

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