Himmel ueber fremdem Land
Aufständischen Hottentotten oder diesem schwarzen Unteroffizier, der sich beim Leutnant so anbiedert.«
»Er ist ein Meindorff«, warf van Campen ein, was Karl dazu veranlasste, die Augen zu verdrehen.
»Was ist Ihr Problem?«, fauchte er den älteren Mann an. Immerhin war er gerade dabei, auch dessen Arsch zu retten! Und dabei würde erneut Blut an seinen Händen kleben, nicht an denen des Niederländers!
»Meine älteste Tochter ist in Berlin mit einem Meindorff verheiratet.«
Karl schluckte einmal, dann noch einmal und räusperte sich. »Dieselbe Familie?«
»Üblicherweise schicken der Adel und die Reichen ihre Söhne auf Militärschulen, damit sie Offiziere werden. Wie viele Meindorffs, die Geld genug besitzen und nicht in irgendeiner Weise miteinander verwandt sind, wird es in Berlin wohl geben?«
Der Unteroffizier musste van Campen zustimmen. Nicht nur in Preußen waren die meisten Adeligen und auch der Geldadel untereinander verbandelt. Diese Vermutung äußerte er laut und fügte hinzu: »Gleichgültig. Dieser Kerl wird mich und damit auch Sie auffliegen lassen. Wollen Sie dieses Risiko eingehen, nur weil er ein Verwandter der angeheirateten Familie ist?«
Van Campens Zögern brachte Karl noch mehr gegen seinen Geldgeber auf. Er würde nicht zulassen, dass die familiären Verstrickungen seines Partners seine Pläne und Träume zerstörten! Je mehr Meindorffs er mit seinem Vergeltungsschlag traf, desto besser! Karl stieß mit der Stiefelspitze mehrmals in den Sand, um seine aufgestauten Aggressionen loszuwerden.
»Ich weiß nicht, was Sie vorhaben. Ich will es auch nicht wissen. Mein Problem ist jetzt vielmehr, dass ich einen anderen Investor auftreiben muss.« Mit diesen Worten erhob sich van Campen von seinem Lager, ging an Karl vorbei, duckte sich durch den Zeltausgang und verschwand nach draußen.
Begleitet von einem Knacken renkte Karl erneut seinen Unterkiefer ein. Auf sein Vermögen musste er wohl noch ein bisschen warten. Die Aussicht darauf, dass zumindest Philippe Meindorff endlich aus seinem Leben verschwand, war allerdings ein großer Trost.
Kapitel 32
Groß-Lichterfelde, Deutsches Reich,
Juli 1908
»Nein, Hannes, es verblüfft mich nicht. Schließlich wusste ich davon. Aber es regt mich auf! Es trifft mich! Es tut mir weh! Und ich habe Angst!«
Hannes zog Edith in seine Arme und drückte sie an sich, wobei er grimmig die Zähne aufeinanderbiss. Über ihnen rauschten die Blätter einer uralten Eiche unter den Sturmböen, die von Norden her über Groß-Lichterfelde hinwegfegten und unangenehm heiße Temperaturen mitbrachten. Weit entfernt war das Wetterleuchten eines Gewitters auszumachen und das wiederkehrende, wenn auch leise Donnergrollen zeugte von der Heftigkeit des Unwetters, das sich dort entlud.
»Ich konnte mich kaum dagegen wehren, dass die Verlobung in der hiesigen Presse bekanntgegeben und von einigen Journalisten entsprechend aufgebauscht wurde«, raunte er ihr zu.
Augenblicklich wand sie sich aus seinen Armen, und wieder funkelten ihre Augen ihn aufgebracht an. »Das ist es ja, was mir Angst macht. Du widersprichst einer Verlobung mit dieser kleinen Holländerin nicht, du wehrst dich nicht gegen die Planung für ein Fest, das nun verschoben wurde, weil die Braut krank ist, und auch gegen die öffentliche Zeitungsannonce wagst du nicht aufzubegehren. Woher soll ich wissen, wie weit das noch geht? Ein Hochzeitstermin? Eine Trauung? Eine Hochzeitsreise?« Edith holte tief Luft und fuhr fort, ohne Hannes zu Wort kommen zu lassen: »Ich bin keine Frau für nebenher. Mich bekommt man ganz oder gar nicht! Sonst werde ich nämlich zu dem, als was dein Vater mich bei diesem Lumpenfest sah: ein Flittchen!« Der Schmerz über die Entwicklung war Edith nicht nur anzuhören, er sprach auch aus ihrer verkrampften Haltung und ihren traurigen Gesichtszügen.
Ihr Kummer und ihre Angst verbanden sich mit seiner Unruhe und Unsicherheit. Er seufzte abgrundtief und wollte sie erneut an sich ziehen, doch Edith wich ihm aus. Der Wind blies Strähnen ihres schulterlangen Haares in ihr Gesicht, die sie sich mit einer unwilligen Bewegung hinter ihre Ohren strich.
»Sag mir, Hannes Meindorff, haben wir eine Zukunft? Kann ich weiterhin darauf hoffen, dass wir in absehbarer Zukunft ein verheiratetes Paar sind oder muss ich dich freigeben für dieses Mädchen aus Holland – oder soll ich vielmehr sagen: für die Pläne und Vorgaben deines Vaters?«
»Edith, versuch bitte auch meine Situation
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