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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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auch führen mochte. Dafür brauchte er weder die Zustimmung noch die Ablehnung seines Ziehvaters.
    »Dein Vater will mich noch immer mit einem dieser Mädchen aus seinem Bekanntenkreis verheiraten.«
    »Mit Brigitte?«
    Philippe brummte bei dem Gedanken an das blasse Mädchen in rosafarbenem Tüll und Seide, das sich ihm am Tage vor der Vermählung von Joseph und Tilla ungeniert aufgedrängt hatte, nur leise vor sich hin. Er erinnerte sich an den süßlichen Duft ihres Parfums, an ihre weichen Lippen und den verführerischen Körper, der sich einladend gegen seinen gepresst hatte. Ob Brigitte bewusst war, dass nicht jeder Mann, dem man sich in dieser Weise aufdrängte, an dem Punkt, den sie nicht überschreiten wollte, wieder zur Vernunft kam?
    »Gebt diesen Frauen etwas zu tun«, lautete sein einziger Kommentar zu Brigitte.
    »Oder Adele, dieses Mädchen, das Joseph vorgeschlagen hatte, da du dich ja hartnäckig weigerst, eine von Vaters Kandidatinnen vor den Traualtar zu führen?«
    Der Leutnant taxierte seinen Freund, um zu sehen, wie ernst er seine Worte meinte. Dessen Grinsen ersparte ihm eine Antwort. »Udako«, sagte er stattdessen. Allein die Erinnerung an das dunkelhäutige Mädchen mit dem krausen Lockenkopf und ihrem umwerfend fröhlichen Lachen erwärmte sein Herz.
    Hannes hob die Augenbrauen, warf die Zeitung auf den Tisch und gesellte sich neben ihn ans Fenster. Gemeinsam schauten sie hinaus in den mit bunten Frühlingsblüten geschmückten Garten. »Du hast Vater von ihr erzählt?«
    »Ja, warum nicht?«
    »Warum nicht?! Es wundert mich, dass man ihn nur bis ins Foyer und nicht auf der Straße gehört hat! Er akzeptiert, dass so mancher Kolonialist in Afrika eine Negerin heiratet, weil kaum Frauen aus der deutschen Heimat in das fremde Land übersiedeln wollen oder das Klima nicht vertragen. Aber du bist nur auf Zeit dort – sogar schon länger, als es deine Dienstzeit eigentlich erfordert. Du bist nicht gezwungen, eine Einheimische zu heiraten.«
    »Denkst du ebenso?« Philippes Stimme klang drohend, und seine Kiefermuskeln arbeiteten, ein deutliches Zeichen dafür, dass er um Fassung rang.
    »Ich war noch nie in Deutsch-Südwestafrika und habe noch keinen Neger zu Gesicht bekommen. Das Einzige, was ich mitbekommen habe, ist, dass der Aufstand in Deutschland eine Regierungskrise auslöste, was zur Folge hatte, dass der Reichstag neu gewählt werden musste 12 . Was soll ich also von ihnen halten?«
    »Es gibt unter ihnen, ebenso wie überall auf der Welt, sympathische und unfreundliche, hilfsbereite und egoistische, treue und korrupte Menschen. Udako ist eine intelligente, liebenswerte Frau mit einem feinen Sinn für Humor. Sie durchläuft im Moment eine Ausbildung auf einer der Missionsstationen. Sie ist wunderschön und weiß sowohl ihren Verstand, als auch ihre Hände zu benutzen. Udako verdient das, was ihr Name aussagt: Respekt!«
    Mit einem leichten Lächeln um die Lippen blickte Philippe auf den blühenden Magnolienbaum hinaus, dessen weiße Kerzenblüten ebenso bezaubernd waren wie die Frau, der er sein Herz schenken wollte. Erst nachdem er bemerkte, dass Hannes auf seine kleine Rede hin in Schweigen verfallen war, wandte er sich von dem hübschen Anblick ab, lehnte sich mit der Schulter an die kühle Scheibe und sah seinen Freund fragend an.
    Dieser grinste spöttisch. »Du klingst verliebt, alter Casanova. Dass ich das noch erleben darf!«
    Gleichfalls mit einem Lächeln auf den Lippen zog Philippe seine linke Schulter in einem kurzen Zucken nach oben. »Du würdest sie mögen. Nicht so, wie du die arme ins Haus geschmuggelte Kleine magst oder wie du vermutlich Edith mögen wirst, solltest du dich nochmals mit ihr treffen. Aber auf eine Art, die ich dir zugestehen würde.«
    »Vater wird einer solchen Verbindung niemals zustimmen, das weißt du.«
    »Dein Vater weiß nicht alles. Er glaubt mir auch nicht, dass wir auf einen Krieg zusteuern. Ich hingegen bin davon überzeugt. Weshalb sollte ich dann in einer so persönlichen Sache auf ihn hören?«
    »Krieg, Philippe? Bis jetzt konnten noch alle Streitigkeiten in den Kolonien durch diplomatische Gespräche friedlich gelöst werden.«
    »Weshalb schaut jeder, wenn ich das Wort Krieg ausspreche, nach Afrika oder in eine der anderen Kolonien?«
    »Wohin denn sonst?«
    »Zuerst einmal in das eigene Land. Ihr Großbürgerlichen seid wie unser Adel so tief in eurer kleinen, elitären Welt gefangen und merkt nicht, wie es im einfachen Volk brodelt

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