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Himmel ueber fremdem Land

Himmel ueber fremdem Land

Titel: Himmel ueber fremdem Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Buechle
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hatte.
    »Grigori Jefimowitsch«, sprach sie ihn an und trat ein paar Schritte in den Raum, der mit dunklem Nussholz getäfelt war, wobei sie die Tür bewusst offen stehen ließ. Winzige Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn, da die Erinnerung an die Begegnung vor dem Bobow-Anwesen wie ein heiß aufflackerndes Feuer über sie hereinbrach. Nur die Höflichkeit einem älteren Herrn gegenüber untersagte es ihr, augenblicklich die Flucht zu ergreifen.
    Endlich wandte der Mönch seinen Kopf und schaute sie unter seinem zottigen Haarschopf an. Anki ballte hinter dem Rücken ihre Hände zu Fäusten. Alle ihre Muskeln verspannten und ließen sie erzittern. Sein Blick hatte etwas schrecklich Beunruhigendes an sich!
    »Ljudmila Sergejewna umgibt sich mit einer Frau, die nicht gut für sie ist. Du bist nicht gut für sie, Anki, denn du verweigerst dich Gott und mir. Glücklich ist der Mensch, der nicht auf den Rat der Gottlosen hört und sich nicht am Leben der Sünder ein Beispiel nimmt. Du machst Ljudmila unglücklich und Gott sagt, sie soll sich nicht mit Spöttern abgeben. Da ich meine kleine Freundin nicht unglücklich wissen möchte, sie dich aber nicht dem Teufel preisgeben will, muss ich dir um ihretwillen zeigen, was Gottes Liebe bedeutet.«
    »Ich weiß sehr wohl, was Gottes Liebe für mich bedeutet«, widersprach Anki, deren Stimme in ihren eigenen Ohren zu zaghaft klang. Dieser Mann machte ihr Angst. Rasputin erhob sich und kam auf sie zu.
    Sie blieb stehen, wo sie war. Wie gerne wäre sie geflohen, hätte diesen Raum verlassen und die Tür hinter sich zugeknallt, doch die graublauen Augen des Mannes hielten sie gefangen.
    »Wenn du auf mich hörst und tust, was ich dir zu tun auftrage, wirst du befreit sein von der Sünde. Ich kann das Dunkle wegnehmen, das in dir und um dich herum ist. Daraufhin wirst du voller Freude den Willen des Herrn tun und Jahr für Jahr reiche Frucht tragen.«
    Der Mann war ihr inzwischen so nahe gekommen, dass sie die grässlichen Ausdünstungen seines ungewaschenen Körpers und der schmutzigen Kleidung riechen konnte. Sein Lächeln war abstoßend. Mit Mühe gelang es ihr, den Blick zu senken und in Richtung Tür zurückzuweichen.
    »Du weigerst dich, dich reinigen zu lassen? Du willst nicht mit mir reden, nicht mit mir zusammen sein, nicht auf mich hören? Dann wirst du auch vor dem Gericht Gottes nicht bestehen können und keinen Platz unter den Gottesfürchtigen finden. Dein Weg wird dich ins Verderben führen, und dabei bin ich doch gekommen, um diese falschen, verlogenen und verdorbenen Menschen zu retten. Weshalb hören sie nicht auf mich, weshalb reden sie gegen mich und gegen meine liebe Mama und meinen lieben Papa?«
    Verwirrt blieb Anki stehen. Sprach der Mann mit ihr? War er sich ihrer Gegenwart überhaupt noch bewusst? Seine Stimme war tiefer, lauter und eindringlicher geworden. Er hielt seine Hände wie zu einem inbrünstigen Gebet erhoben. Angst und Verwirrung packten Anki mit kalter Hand und ließen sie fröstelnd erschauern. Meinte er mit »Mama« und »Papa« die Zariza und den Zar? Ljudmila hatte ihr gegenüber angedeutet, Rasputin spräche die beiden in dieser eigenartigen Form an.
    »Diese gottlosen Menschen. Ihnen wird es ergehen wie der Spreu, die der Wind verweht.«
    Endlich gelang es Anki, sich von ihm abzuwenden. Als sei ein Bann gebrochen richtete sie sich zu ihrer vollen Größe auf und nahm all ihren Mut zusammen. »Sie gehen jetzt besser, Grigori.« Widerstrebend fügte sie den in Russland als höfliche Anrede gebräuchlichen Vatersnamen hinzu, obwohl ihr das unbeschreiblich schwerfiel, da sie keinerlei Ehrerbietung diesem Mann gegenüber empfand. »… Jefimowitsch«.
    Der Starez unterbrach seine flammende Rede und näherte sich ihr erneut, wohl um sie zu zwingen, ihn wieder anzusehen.
    Erneut wich sie seinem Blick aus. »Sie machen mir keine Angst«, log sie in ihrer Furcht, »und ich finde es unangebracht, in welcher Weise Sie die Worte des ersten Psalms missbrauchen.«
    Der Mann stieß einen heiseren Schrei aus und packte sie, um sie kräftig zu schütteln. »Weshalb denkst du, du hättest die vergebende Liebe Gottes nicht nötig? Weshalb weist du Gott zurück?«
    »Sie hat Sie zurückgewiesen und nicht Gott! Und jetzt verschwinden Sie aus meinem Haus, ehe ich die Polizei rufe! Wagen Sie es nie mehr, einen Fuß in mein Haus oder in die Nähe dieses Mädchens zu setzen!« Fürst Ilja Michajlowitsch Chabenski stand breitbeinig unter der Tür. Seine

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