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Himmel über London

Himmel über London

Titel: Himmel über London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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Operation. Doch Lebensgefahr bestand nicht. Zumindest nicht unmittelbar.
    Doch dass ihre einzige Tochter sich augenblicklich an ihre Seite begab, war für eine gute Katholikin selbstverständlich und obligatorisch. Die Krankenschwester, mit der sie sprach, lispelte und hieß Miss O’Reilly. Paula schätzte, dass sie dreiundsechzig Jahre und noch Jungfrau war.
    Auch dieses Gespräch gab sie mehr oder weniger wortgetreu ihrem neuen Hundesitter wieder – während sie weiter den letzten Bürgersteig entlangeilten, durch die Haustür und die Treppen hinauf –, aus Gründen, die sie selbst nicht so recht begriff, aber in erster Linie auf ihren verwirrten Sinneszustand zurückführte.
    Fingal erwartete sie bereits an der Tür. Er hatte tatsächlich viel von einem Schäferhund, und Gregorius hatte sofort eine Vision: es war sein alter Lehrer für Religion und Philosophie aus dem Gymnasium, der hier als Geist spukte. Oder zumindest in Gestalt eines Hundes wiederauferstanden war; in seinem früheren Leben hatte er Studienrat Hörnimand geheißen, war aber aufgrund seiner werwolfsähnlichen Physiognomie unter »Hörntand« (Eckzahn) gelaufen. Vielleicht hatte er ja auch innere Qualitäten, die ihm das Recht auf einen derartigen Namen gaben; als Gregorius jetzt Fingal Aug in Aug gegenüberstand, spürte er zumindest den deutlichen Impuls, auf der Stelle umzukehren und sich in Sicherheit zu begeben, und er erinnerte sich daran, dass es früher ähnlich gewesen war.
    »Hübscher Wauwau«, sagte er.
    Paula McKinley fasste seine Hand. Ihm war klar, dass es dazu diente, Fingal zu zeigen, dass sie Freunde waren und er Gregorius nicht in die Wade beißen musste, trotzdem erschien es ihm wie die Einladung zu etwas anderem. Subtil und ziemlich hergesucht, sicher, aber trotzdem: für eine Sekunde offenbarte sich ihm die strahlende Zukunft. Paul and Paula. Mr. und Mrs. Kerran. Er räusperte sich, beugte sich vor und klopfte Fingal auf den Kopf. Der Hund knurrte schlecht gelaunt und trottete zurück in die Wohnung.
    »Du kannst dich aufs Sofa setzen, damit ihr euch besser kennen lernt, während ich das Ticket buche«, sagte Paula.
    Was er auch tat. Fingal Eckzahn kroch mühsam in die andere Sofaecke und ließ ihn nicht aus den Augen. Gregorius schluckte zweimal und schaute sich dann vorsichtig um; es handelte sich um eine ziemlich kleine und ziemlich vollgestopfte Wohnung. Eine größere Anzahl an Büchern und Tischen, Regalen und Vasen und diversem weiblichem Krimskrams. Die Wände waren mit allen möglichen Plakaten und Reproduktionen bedeckt. Ein künstlicher elektrischer Kamin. Ein Paar rote Rollschuhe. Eine Rokokokommode, der ein Bein fehlte, die aber von einem kleinen Bücherstapel gestützt wurde. Ein zweihundert Kilo schwerer Fernseher, ein Modell aus den Achtzigern, und ein Trimmdichrad, über dessen Lenker ein Paar große Kopfhörer hingen, ein Hörbuch lag auf dem Sattel. Ein ausgestopfter Papagei in einem Holzkäfig, zumindest nahm er an, dass er ausgestopft war, er konnte nicht feststellen, dass das Tier sich bewegte.
    Unordentlich, dachte er. Ungefähr so, als wenn ich selbst hier wohnte. Hier gibt es zweifellos eine Seelenverwandtschaft.
    Sie kam aus dem Schlafzimmer zurück, in dem sie telefoniert hatte.
    »Ich fliege in zwei Stunden von Gatwick. Muss also sofort los. Bist du sicher, dass du das hier schaffst?«
    Gregorius betrachtete einen Moment lang ihre Silhouette im Gegenlicht der Türöffnung, ohne etwas zu sagen. Fand sein Urteil bestätigt; Paula McKinley war wirklich eine äußerst gut gebaute Frau. War ihr auch schon klar, dass das hier der Beginn eines neuen Abschnitts in ihrem Leben war? Es schien fast so. Des einen Tod, des anderen Brot … nein, sich den Tod der Mutter vorzustellen, war nun doch übertrieben. Er widerstand dem Impuls, sie zu küssen. Paula natürlich, die Mutter befand sich ja Gott sei Dank außer Reichweite.
    »Aber selbstverständlich«, sagte er. »Tu, was du tun musst. Fingal und ich, wir kommen schon zurecht.«
    Als er das sagte, hatte er das Gefühl, als würden sie bereits seit Jahren zusammen in dieser Wohnung leben. Dass es ihre gemeinsame Unordnung war und ihr gemeinsamer Hund, den anzuschaffen sie aus unerklärlichen Gründen gemeinsam beschlossen hatten.
    »Sein Futter steht ganz unten im Speiseschrank«, instruierte Paula ihn, während sie irgendwelche Kleidung in eine grüne Stofftasche warf. »Eine Schaufel abends, eine morgens. Und dann … ja, dann hoffe ich, dass ich bald

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