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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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auf Spenden angewiesen, und sie schickt uns monatlich einen sehr hohen Betrag.« Sie nickte ergeben mit dem Kopf. »Ja, ja, meine Cousine ist eine sehr harte Frau. Und nun geh, mein Kind. Man wird gleich zur Vesper läuten.«

April 1849

    Ü ber Nacht war es Frühling geworden in Ostpreußen. Wilde Winde jagten über das Land und ließen den Schnee schmelzen. Die Störche und Zugvögel kamen bereits in Scharen zurück, und das Land roch nach feuchter Erde. Die Wege waren aufgeweicht, und die Überlandfahrten mit den Kutschen wurden zu einem Abenteuer. Aber das war man gewohnt, und niemand wäre auf die Idee gekommen, wegen solcher Unbill eine Einladung auf einem der Güter oder Schlösser zu verpassen.
    Wilhelmine hatte zu einer Ostergesellschaft geladen, und schon in der Woche vor Ostern trafen die ersten Gäste auf Wallerstein ein. Gleichzeitig mit dem Legationsrat Hartmann kam die unvermeidliche Kommerzienrätin Heller mit ihrem pensionierten Ehegespons, einem kleinen dicken Mann, dessen glänzende Halbglatze von einem Kranz grauer Haare gesäumt war. Über seiner rotgeäderten Burgundernase blitzten kleine, in Fett eingebettete Schweinsäuglein, denen so leicht nichts entging. Kurz darauf erschienen Baron und Baronin von Eyersfeld, deren Gut Angerup in direkter Nachbarschaft zu Wallersteins lag, und Graf Dühnkern mit seiner Frau Philine, einer großen, schlanken Person, die obwohl bereits Mitte vierzig, eine jugendliche Ausstrahlung hatte. Trotz ihres herben Aussehens aber war sie eine lustige und sehr unterhaltsame Person. Die gräfliche Familie Kaulitz vervollständigte die österliche Gästeliste. Wilhelmine hatte strengste Anweisung gegeben, bei Fragen nach Tanyas Abwesenheit deren Aufenthalt in einem Sanatorium anzugeben.
    »Ach Gott, das arme Kind«, sagte sie einmal mit trauriger Miene. »Sie war ja nur noch Haut und Knochen. Der Tod von Egbert hat sie furchtbar mitgenommen.« Und ein andermal: »Dr. Grüben hat eine starke Anämie diagnostiziert. Sie musste unbedingt in ärztliche Pflege, deshalb habe ich sie sofort in ein Sanatorium gebracht.« Dann tupfte sie sich die Augen mit ihrem Spitzentaschentuch, als wäre sie aus Sorge um Tanya den Tränen nah.
    Elvira schüttelte bei diesen Reden nur den Kopf, und einmal konnte sie sich nicht verkneifen, ihrer Freundin ins Ohr zu zischen: »Hör auf mit dem Theater, Wilhelmine. Jeder hier weiß doch, wie du zu Tanya stehst.«
    Auch Aglaia konnte kaum glauben, was sie da hörte. Hatte ihre Mutter den Verstand verloren? Warum redete sie so? Sie begann plötzlich, ihre Mutter in einem anderen Licht zu sehen. Und was sie da sah, tat ihr weh. Sehnlichst wartete sie auf die Rückkehr ihres Vaters. Der liebte Tanya wirklich, das wusste sie. Er würde mit Sicherheit wissen, was man für sie tun könnte. Wann kam er denn bloß? Er sollte eigentlich schon längst da sein.
    Es war Karfreitag. Die Gesellschaft saß beim zweiten Frühstück. Der Tisch bog sich unter Platten mit Schinken, Leberwürsten, Pasteten und Geselchtem und natürlich Schüsseln voll mit weich gekochten Eiern. Es roch nach frisch gebackenem Brot, und der Geruch von Kaffee und auch ein Hauch von Korn wehten durch die Luft. Wie immer herrschte eine heitere Stimmung. Die Damen hatten gerade beschlossen, nach dem Kirchgang einen Spaziergang im Park zu machen, wogegen die Herren erst ein Stündchen ruhen wollten, um dann eine Partie Whist zu spielen, als Kurt meldete: »Graf von Wallerstein ist soeben eingetroffen.«
    Mit lauten Rufen: »Na, da bist du ja endlich, alter Lorbass« – »Was hat dich denn so lange in Berlin gehalten?« – »Wie war deine Reise?« wurde Horst empfangen.
    »Nun lasst mich zuerst mal die Damen begrüßen«, lachte er, »und dann etwas essen. Ich habe einen Mordshunger.« Plötzlich sagte er: »Ich vermisse Tanya. Ist sie krank?«
    Die angeregte Unterhaltung erstarb. »Ich habe sie in ein Sanatorium gebracht«, sagte Wilhelmine in die Stille. »Du wirst dich erinnern, dass du Dr. Grüben hergebeten hast, um sie zu untersuchen, und er hat eine schwere Anämie festgestellt.«
    »Nun, hätte man die nicht auch hier auskurieren können, und warum hast du mich davon nicht unterrichtet?« Auf seiner Stirn schwoll wieder eine Ader an. Er holte tief Luft. Dann sagte er: »Wir reden später darüber. Jetzt muss ich etwas essen. Seit Tagen träume ich von Helmas Osterpastete und unseren frischen Eiern.« Die Unterhaltung kam zunächst nur zögerlich wieder in Gang, doch nach ein paar

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