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Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition)

Titel: Himmel über Ostpreußen: Schicksalsjahre einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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antwortete nichts darauf. Sie wusste, dass es nicht stimmte. Als Neugeborenes war sie zu den Wallersteins gekommen und zusammen mit Aglaia aufgewachsen. Sie waren wie Geschwister und liebten sich von Herzen. Irgendwann, als sie größer wurde, hatte man ihr gesagt, dass ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen seien und Horst von Wallerstein als einziger Verwandter sich angeboten hatte, sie bei sich aufzunehmen. Er liebte sie und zeigte es ihr auch immer wieder. Aber Wilhelmine lehnte sie ab. Alles hatte Tanya versucht, die Liebe oder wenigstens ein bisschen Zuneigung ihrer strengen Tante zu gewinnen. Aber sie war nur auf eisige Ablehnung gestoßen, und irgendwann gab sie ihre Bemühungen auf. Als sie älter wurde, hatte sie Fragen nach ihren Eltern gestellt, aber immer nur ausweichende Antworten bekommen, und hatte schließlich aufgehört zu fragen.
    »Also, was ist los?«, fragte Aglaia erneut. »Habt ihr euch gestritten?«
    »Nein. Ich weiß nicht, was los ist. Egbert ist in der letzten Zeit so merkwürdig. Er liebt mich, das weiß ich. Aber er hat anscheinend große Sorgen. Man munkelt in Königsberg, dass seine Familie in finanziellen Schwierigkeiten ist. Sein Vater spielt … Es geht da wohl um große Summen … ach, ich weiß nicht.« Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
    »Du meinst, Graf Schlieren hat sein ganzes Vermögen verspielt?« Aglaia blickte ihre Cousine entsetzt an. »Das ist ja furchtbar.« Sie nahm einen Schluck Tee. »Aber Egbert ist doch Offizier bei den Ulanen. Was hindert ihn daran, dich zu heiraten?«
    »Vielleicht, weil ich keine Mitgift bekomme. Ich weiß es nicht! Jedenfalls hat er mich noch nicht gefragt, und ich kann ihm ja schließlich keinen Antrag machen.« Tanya wirkte in ihrem Unglück so klein und zerbrechlich, dass Aglaia versuchte, sie aufzuheitern.
    »Nächste Woche beginnt die Saujagd. Egbert kommt bestimmt, jedenfalls war er bisher immer da.« Sie puffte Tanya liebevoll in die Seite. »Komm, sei wieder fröhlich. Es wird bestimmt alles gut. Und jetzt erzähl mal, was in Königsberg so los war.«
    Während Aglaia dem harmlosen Klatsch Tanyas lauschte, schoss Wilhelmine im kleinen Salon mit ihrem Stickrahmen in der Hand ihre Giftpfeile ab. »Nun ist Ihre Nichte ja auch mit der Schule fertig«, sagte die Frau Kommerzienrat Heller und lud sich das fünfte Stück Kuchen auf den Teller. »Wird sie weiter bei Ihnen leben?«
    »Ich hoffe sehr, dass wir sie bald unter der Haube haben«, antwortete Wilhelmine spitz. »Wir haben sie ja lange genug durchgefüttert.«
    Elvira von Welsen sah ihre alte Freundin leicht belustigt an. »Na ja, meine Liebe, die Haare scheint sie euch nun nicht gerade vom Kopf gefressen zu haben. Sie ist ja zart wie ein Grashalm, im Gegensatz zu dir.«
    Wilhelmines Gesicht lief rot an.
    »Wenn du die paar Pfund meinst, die ich zugenommen habe … ridicul ist das. Einfach lächerlich, so etwas zu sagen!« Sie fächelte sich mit ihrer Stickerei Luft zu. Die Wechseljahre machten ihr zu schaffen und natürlich die unübersehbare Gewichtszunahme. Sie warf der Elvira von Welsen einen empörten Blick zu. »Du hast gut reden«, fügte sie beleidigt hinzu. »Du bist ja richtig dürr.« Sie schnaufte tief. »Aber schließlich führst du ja auch seit Manfreds Tod keinen großen Haushalt mehr mit ich weiß nicht wie vielen Mahlzeiten.« Der Baron war vor über einem Jahr an einem Herzinfarkt gestorben.
    »Sei nicht albern, Wilhelmine«, sagte Elvira, »ich war immer schlank und habe auch die Absicht, es zu bleiben.«
    »Nun, was Tanya angeht«, nahm Wilhelmine den verlorenen Faden wieder auf, »weißt du doch, Elvira, was ich meine.«
    »Natürlich weiß ich das, meine Liebe. Du kannst das arme Würmchen einfach nicht ausstehen.«
    »Du liebe Zeit, das arme Würmchen! Wo wäre sie denn, wenn wir uns ihrer nicht angenommen hätten?« Ihr mächtiger Busen hob und senkte sich.
    »Gibt es denn schon einen geeigneten Kandidaten?«, fragte Frau Kommerzienrat Heller jetzt, um die gereizte Stimmung zu entschärfen.
    »Nun, Egbert Schlieren bemüht sich schon seit einiger Zeit um sie. Erstaunlich, wo sie doch mit keinerlei Mitgift zu rechnen hat. Er ist eine sehr gute Partie, fabelhafte Familie. Offensichtlich scheint ihn die …«
    »Wilhelmine!« Die schneidende Stimme Elviras ließ die Gräfin innehalten. »Überleg dir gut, was du sagst!« Frau Kommerzienrat Heller hörte schlagartig auf zu kauen. Jetzt schien es äußerst interessant zu werden. Eigentlich war es

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