Himmel über Tasmanien
und stellte sie unsanft auf seinen Schreibtisch.
»Danke«, murmelte er und legte den Finger auf die Stelle im Geschäftsbuch. Er schaute zu ihr auf und grinste. »Du bringst mir doch sonst keinen Tee. Du hast doch was im Sinn.«
Molly setzte sich und begann, die Papiere auf seinem Schreibtisch zu sortieren.
»Lass das«, sagte er hastig. »Ich finde nichts wieder, wenn du aufräumst, also hör bitte auf, Mum.« Er betrachtete sie liebevoll, als sie sich wieder auf den Stuhl fallen ließ und die Arme verschränkte. »Was ist los?«
»Ich hab nachgedacht«, sagte sie und verstummte.
Joe gab die Geschäftsbücher auf und streckte seine langen Beine aus. »Und?«, hakte er nach.
»Lorelei kommt überhaupt nicht auf Gwen raus, nicht wahr?«
»Nach dem Wenigen, was ich von Gwen gesehen habe, würde ich sagen, nein«, erwiderte er und fragte sich, worauf sie hinauswollte.
»Genau das dachte ich.« Molly seufzte und zupfte an ihrer Schürze. »Allerdings erinnert sie mich an jemanden, und ich habe mir das Hirn zermartert, um darauf zu kommen.«
Er lächelte und steckte die Hände in die Hosentaschen. »Und, bist du zu einem Schluss gekommen?«
»Hmmm.« Mollys Blick umwölkte sich, während sie weiter nachdachte. »Es ist lange her, und wir waren noch Kinder, aber …« Ihr Blick wurde klarer, als sie sich auf ihn konzentrierte, ihre sonst sonnige Miene war ernst. »Ich hab dir nie erzählt, warum ich die Frau so verabscheue, nicht wahr?«
Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Geht’s nun um Gwen oder Lulu?«
»Gwen natürlich«, sagte sie verärgert. »Pass auf, Joe.«
»Ich kann nur vermuten, dass du dich mit ihr wegen Dad überworfen hast«, erwiderte er unruhig.
Verärgert schnalzte sie mit der Zunge. »Nichts dergleichen«, blaffte sie, »dein Vater war der achtbarste, treueste Ehemann und hätte Gwen Bartholomew nicht mal guten Tag gesagt.«
Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, die Hände tief in den Schürzentaschen. »Aber das hat Gwen nicht daran gehindert, mit dem Finger auf ihn zu zeigen, als sie das Kind hatte. Sie ist hier aufgekreuzt, frech wie Dreck, und hat Geld verlangt. Behauptete, sie würde seinen Namen in den Dreck ziehen und sein Geschäft ruinieren, wenn er nicht zahlen würde. Sie hat ihm eine Woche Zeit gegeben, darüber nachzudenken.« Sie blinzelte Tränen der Wut weg. »Damals waren wir reich, der Hof war gefüllt mit einigen der besten Rennpferde des Landes.«
Joe blieb still und versuchte sich seinen ruhigen, freundlichen Vater angesichts dieser rachsüchtigen Harpyie vorzustellen. Kein Wunder, dass seine Mutter sie hasste.
»Ich war zu Besuch bei einer kranken Freundin, und dein Großvater war mit zwei Pferden in Hobart, weshalb Gwen wahrscheinlich genau diesen Augenblick gewählt hat, um zuzuschlagen. Zum Glück war dein Vater ein ehrlicher Mann, und als ich zurückkehrte, erzählte er mir alles.« Sie holte tief Luft. »Gwen ging der Ruf voraus, die Männer zu mögen, und sie hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie hinter deinem Dad her war, obwohl er verheiratet war und wir dich hatten. Sie war nicht gerade hocherfreut, als er sie abblitzen ließ, und um sich zu rächen, versuchte sie ihn zu erpressen, damit er für ihr Kind blechte.«
Joe pfiff leise. »Dad ist doch bestimmt nicht darauf reingefallen, oder?«
Molly lachte bitter auf. »Zunächst war er außer sich darüber, denn er glaubte, nichts beweisen zu können. Aussage hätte gegen Aussage gestanden, und in der Zwischenzeit wäre sein Name beschmutzt, das Geschäft zerstört gewesen.«
Sie zerrte erneut am Saum ihrer Schürze. »Gwens Name war mit Dutzenden Männern in Verbindung gebracht worden, und jeder hätte der Vater ihres Kindes sein können, aber ich wusste, dass mein Patrick nicht dazugehörte. Ich holte die Berichtshefte hervor und verfolgte sie zurück bis in die Monate, in denen das Kind hätte gezeugt worden sein können. Es war eine Frühgeburt, also hatte ich sehr sorgfältige Berechnungen anzustellen.«
Ihre Miene hellte sich auf. »Dein Vater war im August jenes Jahres die meiste Zeit in Melbourne, und dann ging er für einen Monat direkt nach Sydney, um sich zwei vielversprechende Fohlen anzusehen. Er kam erst kurz vor Weihnachten zurück, also konnte er beweisen, dass er nicht Loreleis Vater war.«
»Ich wette, das hat Gwen fertiggemacht«, murmelte Joe.
»Dein Vater, Großvater und ich traten ihr gemeinsam entgegen, und das gefiel ihr nicht, aber sie konnte die Wahrheit
Weitere Kostenlose Bücher