Himmel über Tasmanien
nicht zu den Rennen gehen. Jemand muss hierbleiben und die Männer und Pferde im Auge behalten.« Ihr Lächeln war sanft. »Keine Bange, Schätzchen, ich weiß den Vorschlag zu würdigen.«
Misstönender Gesang hallte von oben aus dem Badezimmer herab, und sie grinsten sich an. »Warum geben Sie Child nicht seinen Abendapfel, während Dolly ihr Bad nimmt?«
»Nur, wenn Sie hier keine Hilfe benötigen.«
Molly reichte ihr einen Apfel und schubste sie freundlich zur Tür. »Man ist nur einmal jung«, sagte sie, »raus hier.«
Lulu ging hinauf und holte sich einen Pullover. Dolly wäre noch mindestens eine Stunde lang beschäftigt, und jetzt, da sie mit Molly im Reinen war, freute sie sich darauf, ungestört ein wenig Zeit mit Ocean Child zu verbringen.
Sie setzte sich auf den Korbstuhl neben der Haustür und zog ihre Stiefel an, während sie die Aussicht bewunderte, die sie inzwischen in ihr Herz geschlossen hatte. Die Sonne war fast untergegangen, der Wind hatte sich gelegt, und die Vögel kehrten mit vielstimmigen Schreien an ihre Schlafplätze zurück. Sie atmete den Duft von Geißblatt ein und die Süße, die sich aus der warmen, vom Regen feuchten Erde erhob. Das ist wirklich die schönste Ecke der Welt, dachte sie und schaute zu den majestätischen Bäumen und dem weiten Himmel auf.
Sie steckte den Apfel in die Tasche und schlenderte zu den Stallungen hinüber, die Hunde dicht auf den Fersen. Bob und die anderen Stallburschen waren vollauf in ihr Glücksspiel hinter ihren Quartieren vertieft. Das war anscheinend ein abendliches Ritual, und sie blieb stehen, um sie eine Weile zu beobachten.
Die Pennys wurden auf ein flaches Holzstück gelegt und dann hochgeworfen. Die Erwartung stieg, während aller Augen zusahen, wie sie zu Boden fielen. Jubel und enttäuschte Rufe durchbrachen die Stille des Abends, doch die Pferde waren anscheinend daran gewöhnt und zuckten nicht mal mit der Wimper. Bob hatte offenkundig eine Glückssträhne, denn er streckte eine Handvoll Münzen aus und zwinkerte ihr zu, bevor er sich dem nächsten Wurf widmete.
Lulu ging in den Hof, um die Pferde zu begrüßen, die ihre Köpfe aus den Boxen streckten und sie beobachteten. Sie hatte schon immer den Geruch und die Vitalität eines sauberen Stalles geliebt und die Neugier der Pferde, die sich zu freuen schienen, sie zu sehen. Sie kannte inzwischen alle mit Namen, nachdem sie jeden Morgen auf Joes freundlicher alter Stute ausgeritten war und zugesehen hatte, wie die Tiere auf der Galopprennbahn trainiert wurden.
»Hallo, mein Junge«, begrüßte sie Ocean Child leise. Sie streichelte seinen Hals und seine Nase und kraulte seine Ohren, wie er es gernhatte. Er geiferte vor Wonne und legte ihr das Kinn auf die Schulter, während ihre starken Finger ihren Zauber ausübten.
»Freut mich zu sehen, dass ihr beide so gut miteinander klarkommt.«
Lulu drehte sich um und lächelte Joe an, der in einer Ecke des Stalls lehnte und ihr zusah. »Er ist eigentlich nur ein großer, weicher Klumpen«, erwiderte sie, »aber ich wünschte, er würde nicht so viel sabbern, meine Bluse ist schon durchnässt.«
Er grinste. »Ich schätze, das hat was mit dem Apfel in Ihrer Tasche zu tun«, sagte er gedehnt, »aber mir wäre lieber, wenn Sie ihm den Leckerbissen nicht gäben. Er soll Diät halten.«
Lulu riss die Augen auf. »Warum? Er sieht aus, als wäre er in Hochform.«
Joe stieß sich von der Wand ab und schlenderte zu ihr, die Absätze seiner Stiefel klirrten auf den Pflastersteinen. »Stimmt, und so soll er auch bleiben. Keine Weide und keine Extras mehr bis nach dem großen Rennen.« Er schaute auf sie hinab. »Er ist da wie jeder menschliche Athlet und muss rundum vorbereitet sein.«
»Tut mir leid, mein Junge«, murmelte sie dem Hengstfohlen zu. Sie tätschelte seinen Hals und trat zurück, schaute zu Joe auf und zupfte an ihrer nassen Bluse. »Hat sich der Regen auf das Geläuf ausgewirkt?«
Er schüttelte den Kopf. »Er mag es ein bisschen weich, und solange in den nächsten Tagen in Hobart nicht zu viel herunterkommt, dürfte er damit zurechtkommen.«
»Wie ich hörte, trifft morgen eine weitere Besitzerin ein. Gehen deren Pferde auch an den Start?«
»Eliza lässt Moonbeam im Rennen für Jungstuten antreten.« Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln. »Sie werden Eliza mögen. Sie ist eine jüngere Ausgabe von Dolly, aber ohne den englischen Akzent.«
»Gute Güte.« Lulu lachte. »Armer Joe, umringt von herrischen Frauen. Kein Wunder,
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