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Himmel über Tasmanien

Himmel über Tasmanien

Titel: Himmel über Tasmanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McKinley
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wie bei Maurice.
    Sie drückte Joes Finger und legte seine Hand sanft auf das Lenkrad. »Konzentriere dich lieber«, sagte sie gepresst, »sonst landen wir noch im Straßengraben.«
    Am Nachmittag warf Lulu ihren ersten Blick auf Mount Wellington. Der Berg beherrschte die Silhouette über Hobart, seine dunklen, felsigen Abhänge wirkten unter einer dichten Wolkenschicht bedrohlich.
    Joe bog von der Hauptstraße ab in die Girrabong Road. Sie führte in den Außenbezirk Merton, der im Buschland lag. »Wir befinden uns auf halbem Weg zwischen Glenorchy und dem Lenah-Tal«, sagte er. »Die Elwick-Rennbahn ist in Glenorchy – ein weiterer Vorort von Hobart –, sodass wir morgen nur ein paar Minuten brauchen, um hinzukommen.«
    Das prächtige, im vorigen Jahrhundert erbaute alte Haus stand auf einem Gelände, das jedem englischen Herrensitz alle Ehre gemacht hätte. Es hatte elegante Veranden, verziert mit weißem schmiedeeisernem Gitterwerk, das beinahe unter Glyzinien und Bougainvilleen erstickte. Schornsteine, kleine und große Türme ragten aus dem roten Ziegeldach, und die ockerfarbenen Backsteine wirkten im Sonnenlicht fast samtig. Auf einer Seite des Hauses breiteten sich Obstgärten aus, die bis an den Fuß des Berges reichten, und von den weiten Flächen des Buschlands in der Nähe ertönten die Schreie von Kakadus und der melodische Gesang der Glockenvögel.
    Joe führte den Konvoi einen breiten Feldweg hinunter, der von hellblauen Hortensien gesäumt war, in einen weitläufigen Stallhof, neben dem eine Reihe von weißen Zäunen umgebener Koppeln lag. Dort grasten Stuten mit ihren Fohlen.
    »Verblüffend«, flüsterte Lulu, verzaubert von den Fohlen und dem prächtigen Berg im Hintergrund.
    »Ja, die führen hier ein gutes Anwesen. Dave und Julia züchten einige der besten Vollblüter in Australien.« Er stellte den Geländewagen ab und winkte, als ein Paar in mittleren Jahren aus einer Scheune trat.
    David und Julia White erwiesen sich als großzügige, entgegenkommende Gastgeber, und sobald die Pferde versorgt waren und man den Männern gezeigt hatte, wo sie sich einquartieren konnten, nahm man Lulu und die anderen mit zum Haus und teilte ihnen ihre Räume zu.
    »Ich muss schon sagen«, hauchte Dolly, als sie in ihr luxuriös eingerichtetes Schlafzimmer blickte, »ganz wie zu Hause.« Sie kniete sich auf den Fenstersitz und schaute hinaus über den Obstgarten zum Berg. »Außerdem noch eine Spitzenaussicht, aber ich frage mich, wie nah wir an Hobart und seinen Geschäften sind.«
    Lulu nahm ihren Skizzenblock zur Hand. »Wahrscheinlich zu weit, um zu Fuß hinzugehen«, lachte sie. »Ich gehe ins Freie, solange es noch hell ist. Hier ist es einfach zu schön, und mir juckt es den ganzen Tag schon in den Fingern, zu malen.«
    »Soll ich mitkommen?«
    Dolly schien nicht gerade erpicht darauf, die Bequemlichkeit ihres Schlafzimmers aufzugeben, und Lulu wollte gern ein wenig allein sein, daher schüttelte sie den Kopf. »Bleib und weiche dich in einem Bad auf, ich bin rechtzeitig zum Abendessen zurück.«
    Lulu verlor jegliches Zeitgefühl, als sie die Stuten und Fohlen zeichnete. Besonders ein Fohlen hatte es ihr angetan, das an seiner Mutter trank, die Vorderbeine gespreizt, und dabei verzückt mit dem kleinen Schweif peitschte. Das würde eine wunderschöne Skulptur abgeben. Sie konzentrierte sich auf die zufriedene Stute, die den Hals beugte, um an dem kleinen Geschöpf zu schnüffeln. Könnte sie die Szene jetzt auf Papier einfangen, wäre dies von unschätzbarem Wert, wenn sie anfinge, den Ton zu formen.
    Schließlich hielt ihr Bleistift inne, und sie betrachtete kritisch ihr Werk. Noch mehr, und es wäre verdorben, und das Licht war so schwach, dass sie ohnehin nicht mehr genug sehen konnte, um weiterzumachen.
    »Ich schätze, das dürfte perfekt sein.«
    Beim Klang seiner Stimme schrak sie zusammen und schaute sich unsicher lächelnd zu ihm um. »Wie lange beobachtest du mich schon?«
    »Lange genug.« Sein Blick verweilte auf ihrer Zeichnung. »Du kennst dich wirklich aus, nicht wahr?«
    »Ich lerne noch«, sagte sie leise und klappte den Skizzenblock zu. »Wenn ich nach England zurückgehe, werde ich auf Basis dieser Zeichnungen meine Skulptur modellieren.« Sie betrachtete die Szene vor sich und ließ ihren Blick zur Obstblüte wandern, den dunklen Farbtönen der purpurroten Schatten am Berg und dem tiefen Grün des ungezähmten Busches. »In solchen Augenblicken wünsche ich mir, ich könnte alles

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