Himmel über Tasmanien
Lulu. »Das hier ist nichts für dich«, blaffte er sie an. »Geh wieder auf die Tribüne.«
»Ich möchte Ocean Child sehen und mich vergewissern, dass es ihm gut geht.«
»Es geht ihm gut«, sagte er kurz angebunden. »Geh, Lulu.«
Lulu versuchte, sich seine grobe Abfuhr nicht zu Herzen zu nehmen, aber nach dem flüchtigen Kuss und den vertrauten Momenten im Hof und auf der Koppel in Galway House tat es doch weh. Sie schluckte und wandte sich ab, traurig, aber auch erleichtert, dass sie Ende des Monats fortfahren würde. Joe hatte sich heute von einer völlig anderen Seite gezeigt, und sie war sich ganz und gar nicht sicher, ob ihr die gefiel – dennoch konnte sie nicht aufhören, sich danach zu sehnen, was hätte sein können.
Sie schob sich wieder durch die dichte Menge, die sich um die Wettbüros drängte und an den Zelten vorbeiströmte. Es war Schwerstarbeit, als kämpfe man gegen einen übermächtigen Gezeitenstrom an.
Die Hand packte sie am Arm und zwang sie, stehen zu bleiben. »Tut mir leid, Miss Pearson. Ocean Child hätte das Rennen gewonnen, wenn Ihr Jockey nicht ausgerastet wäre.«
»Danke«, sagte sie, ohne den Mann eines Blickes zu würdigen. »Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich muss zurück zu meinen Freunden.« Sein Griff wurde fester, und Lulu war alarmiert.
»Ich fände es schön, wenn Sie eine Minute Zeit für mich hätten, Miss Pearson, denn ich habe ein paar wichtige Dinge mit Ihnen zu besprechen.«
Da schaute sie ihn an und schnappte nach Luft. Vor ihr stand Dollys hübscher Cowboy aus Melbourne. »Wer sind Sie, und warum verfolgen Sie mich?«
»Darüber muss ich mit Ihnen sprechen.«
»Dann lassen Sie mich los«, forderte sie.
Sein Griff lockerte sich, blieb aber noch so hart, dass er sie festhalten konnte, und ihre Angst wuchs. »Was wollen Sie von mir?«
»Nur ein paar Augenblicke.«
Lulu merkte, dass er sie, während sie miteinander gesprochen hatten, aus dem Gedränge hinaus in den abgetrennten Bereich hinter den Wettständen manövriert hatte. »Lassen Sie mich los«, fuhr sie ihn an, und die Furcht verlieh ihr Kraft, während sie sich wand, um freizukommen. »Ich schreie«, warnte sie ihn.
»Bitte, haben Sie keine Angst, Lorelei. Ich werde Ihnen nichts antun«, sagte er leise.
»Woher kennen Sie meinen Namen?« Ihr brach der kalte Schweiß aus, und ihr Blick flog hin und her auf der verzweifelten Suche nach einem bekannten Gesicht in der Menge.
Er ließ sie los, blieb aber nah genug bei ihr stehen, um jeden Fluchtversuch zu vereiteln. »Ich kenne Ihren Namen, weiß, wer Sie sind, seit fast zwei Jahren«, sagte er. »Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen Angst eingejagt habe, aber ich brauchte Sie allein, damit wir reden können.«
Sie rieb sich den Arm, trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn aufmerksam. Er war etwa in ihrem Alter, hatte dichtes, lockiges Haar, dunkelblaue Augen und ein angenehmes Lächeln, aber sie traute ihm nicht über den Weg. »Sie haben genau sechzig Sekunden, um zu erklären, wer zum TeufelSie sind und warum Sie es für angebracht hielten, mich so unsanft zu behandeln – dann gehe ich. Fassen Sie mich noch einmal an, schreie ich.«
Er zog den Hut. »Ich heiße Peter White«, stellte er sich vor, »aber Sie dürften mich besser unter dem Namen Carmichael kennen.«
Joe hatte Ocean Child anständig abgerieben und auf der Koppel freigelassen. Der Hengst hatte sich heute gut geschlagen, aber Joe brütete noch immer über Bobs Aussetzer, der ihn das Rennen gekostet hatte.
Er lehnte sich an den Zaun, und seine Wut verebbte. Zweifellos war Lulu wütend auf ihn, und das konnte er ihr kaum verübeln. Reue überkam ihn. Sie würde sich von nun an auf Abstand halten, denn er hatte ihr eine Seite von sich gezeigt, die ihn zutiefst beschämte. Diese Ausbrüche kamen äußerst selten vor, waren so schnell vorbei wie ein Sommergewitter, und für gewöhnlich gelang es ihm, sie zu vermeiden. Jetzt würde Lulu ihn für einen Trottel halten und sich mit Recht weigern, überhaupt noch etwas mit ihm zu tun zu haben.
Er seufzte und stieß sich vom Gatter ab. Aber vielleicht war es so, wie es gelaufen war, nur zum Besten. Sie würde Ende November abreisen, und im Grunde seines Herzens wusste er, dass sie ihn vergessen würde, sobald sie wieder in England war.
Er war mitten in einer Besprechung mit dem Jockey, den er in letzter Minute für Danny Boy hatte anheuern müssen, als Dolly ihn unterbrach.
»Haben Sie Lulu gesehen? Ich kann sie nirgendwo
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