Himmel über Tasmanien
seinem Vater hinaushalf. Sie lächelte, als Molly ihn in einer Umarmung fast erstickte.
»Pass auf, Frau«, grummelte Frank, »du reißt mich noch um.«
»Du hast dich überhaupt nicht verändert, du alter Faulpelz«, sagte sie liebevoll, als sie ihn endlich losließ. »Noch immer knurrig und keine Ahnung, wie man eine Dame behandelt.«
»Wenn ich eine Dame sehe, dann weiß ich, wie ich mit ihr umzugehen habe«, entgegnete er gedehnt, doch sein Augenzwinkern strafte seine Worte Lügen. Er ließ seine Hand um ihre füllige Taille gleiten und drückte sie an sich. »Noch immer ein properes Bündel, Moll. Das hat mir an dir immer gefallen.«
Sie lachte und schlug ihm spielerisch auf die Hand. »Fassnicht an, was du dir nicht leisten kannst, Frank White«, warnte sie ihn mit erhobenem Zeigefinger. Sie wandte sich an Peter. »Du siehst so gut aus wie dein Dad früher«, sagte sie und schüttelte ihm die Hand. »Aber ich hoffe, du hast nicht seine schlechten Manieren geerbt. Und jetzt rein mit euch. Der Tee wird kalt.«
»Ich könnte ein kaltes Bier gebrauchen«, entgegnete Frank und riss Peter den verhassten Krückstock aus der Hand.
»Der Arzt hat gesagt, kein Bier, bevor du deine Tabletten zu Ende genommen hast.«
»Pah!« Angewidert verzog er das Gesicht. »Wenn ein Mann nicht hin und wieder ein Bier haben kann, dann lohnt es sich nicht zu leben. Geh vor, Moll, ich kann’s schon schmecken.«
Lulu schaute an ihnen vorbei zur Tür und zu Joe. Er stand noch immer lässig da, die Hände in den Hosentaschen, einen amüsierten Zug um den Mund, als er das Wiedersehen zwischen Molly und Frank beobachtete. Dagegen hatte sie den Eindruck, als würde ihm ihre Ankunft nichts bedeuten. Sie drehte sich wieder zum Wagen um, hakte die Plane von der Ladefläche und holte ihr Gepäck herunter.
»Lass mich das machen«, murmelte er.
Sie drehte sich um und stellte fest, dass er sehr nah bei ihr stand. Sie schaute zu ihm auf, hielt seinem Blick stand, beinahe ängstlich, den Zauber zu brechen.
»Ocean Child wird sich freuen, dass du wieder da bist. Er hat kaum Appetit.«
Er ließ sich nichts anmerken, und sie hatte keine Ahnung, ob er sich freute, sie zu sehen, ob sie ihm gefehlt hatte oder ob er während ihrer Abwesenheit überhaupt an sie gedacht hatte. Sie folgte seinem Beispiel und blieb geschäftsmäßig. »Dann gehe ich zu ihm. Danke für deine Hilfe beim Gepäck.«
Auf ihrem Weg in die Dunkelheit des Stallhofs schaute sie nicht zurück. Falls er sie nicht beobachtete, würde das ihreEnttäuschung über seine mangelnde Wiedersehensfreude nur verstärken. Sie eilte ins Futterlager und holte zwei Äpfel aus dem Eimer.
Ocean Child streckte den Kopf aus der Box. Er wieherte zur Begrüßung, und seine weiche Nase strich über ihr Gesicht, sein nach Heu riechender Atem pustete ihr ins Haar.
»Wenigstens du freust dich, mich zu sehen«, murmelte sie und massierte seine Ohren. »Hab ich dir gefehlt, mein Junge? Hast du deshalb keinen Appetit?«
Er schnappte sich einen Apfel und kaute genüsslich darauf herum. Der zweite Apfel verschwand genauso, und als ihre kräftigen Finger seine Ohren bearbeiteten, flatterten seine Augenlider verzückt, und er sabberte über ihre Schulter.
Sie legte ihre Wange an seine und kämpfte gegen ihre Tränen an. Nach dem heutigen Abend würde sie weder ihn noch Joe jemals wiedersehen – und beide würden sie vergessen.
Joe bedauerte, dass er nicht gesagt hatte, was ihm auf dem Herzen lag. Aber es war ihr nicht anzumerken gewesen, ob sie sich freute, ihn zu sehen, ob er ihr gefehlt hatte oder ob sie an ihn gedacht hatte. Daher war er bei seiner Rolle als Trainer ihres Hengstfohlens geblieben und hatte es unpersönlich gehalten. Doch sie wiederzusehen, ihre Stimme und ihr Lachen in seinem Haus zu hören, erfüllte ihn mit Wärme und machte ihn zugleich traurig. Dieser Abend wäre der letzte, und während er sie die ganze Zeit beobachtete, versuchte er, die Erinnerung an sie in sein Herz einzubrennen.
Ihr Gesicht hatte mehr Farbe, und ihre Augen waren dunkelviolett. Sie lachte viel und gestikulierte ausdrucksvoll, wenn sie sprach. Es war deutlich, dass sie wie neugeboren war, seitdem sie Frank und Peter gefunden hatte, und obwohl er wusste, dass die beiden sie ihm am Morgen wegnehmen würden, musste er widerwillig zugeben, dass er die Whites mochte.
Er betrachtete seine Mutter, ein wenig verlegen angesichts der mädchenhaften Rötung ihrer Wangen und der koketten Art, mit der sie auf Franks
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