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Himmel über Tasmanien

Himmel über Tasmanien

Titel: Himmel über Tasmanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McKinley
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um sich zu setzen, und sie warf wiederholt einen Blick auf die vergoldete Bronzeuhr auf dem Kaminsims, während die Zeit verstrich. Mittag war vorbei. Bertie hatte offenbar beschlossen, sie warten zu lassen und sie dabei noch nervöser zu machen.
    Sie betrachtete die Bücherwände, den großen Eichenschreibtisch und die tiefen Ledersessel. Das Zimmer eines Mannes, das nach Zigarren und Whisky roch, die wenigen Bilder zeigten Jagdszenen, die Gipsbüsten längst verstorbener Dichter und Staatsmänner ließen es beinahe wie ein Museum aussehen. Die schwere Eichentür dämpfte alle Geräusche aus dem Haus, und das Ticken der Uhr schien die Stille noch zu unterstreichen. Rastlos und mit einem unbehaglichen Gefühl trat sie ans Fenster und schaute in den Garten hinaus. Das warschlimmer als darauf zu warten, von ihrer alten Schulleiterin getadelt zu werden.
    »Du hast einiges zu erklären, Lulu.«
    Sie wirbelte herum und sah ihn vor sich. Ihr Herz schlug dumpf. Seine unterdrückte Wut war beinahe mit Händen greifbar, als er die Tür hinter sich zumachte und an den Schreibtisch schritt. Sie folgte seinen Bewegungen verzagt und mit weit aufgerissenen Augen. »Tut mir leid«, begann sie.
    Er musterte sie mit seinen dunklen Augen, während er eine Zigarre anzündete und sich auf dem Sessel zurücklehnte. »Ach ja?«, bemerkte er affektiert. »Ist das die Entschuldigung dafür, nicht direkt zu mir gekommen zu sein – oder weil du erwischt wurdest?«
    Lulu setzte sich auf eine Stuhlkante und hielt die Handtasche auf den Knien fest. »Maurice hätte es dir nicht erzählen sollen«, sagte sie, »ich wollte …«
    »Gut, dass er es gemacht hat, sonst hätte ich wie ein kompletter Narr dagestanden.« Seine dunklen Augenbrauen zogen sich zusammen, und er ließ sie nicht aus den Augen. »Ich kann es nicht leiden, lächerlich gemacht zu werden, Lorelei.«
    »Das war nie meine Absicht …«
    »Das freut mich zu hören, vielleicht können wir jetzt, da du inzwischen zur Vernunft gekommen bist und diese verrückte Idee aufgegeben hast, nach Australien zu gehen, über die Aufträge reden.«
    Lulu fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Ihr Mund war so trocken, dass sie kaum sprechen konnte. »Ich habe sie nicht aufgegeben«, presste sie hervor. »Die Aufträge werden erledigt, aber nach meiner Rückkehr.«
    Bertie erhob sich aus seinem Sessel, seine hoch aufragende Gestalt sperrte das zum Fenster einfallende Licht aus. »Du bist Berufskünstlerin«, brüllte er, »und die brennen nicht einfach nach Australien durch und lassen ihre Kunden im Stich!«
    »Ich bin mir sicher, dass sie es verstehen«, sagte sie hastig. »Die Werke, die du verkauft hast, können alle von der Gießerei erledigt werden, und ich werde sämtliche Entwürfe für die neuen Aufträge anfertigen, bevor ich aufbreche …«
    »Das reicht nicht«, fuhr er sie an. »Die Aufträge wurden in gutem Glauben erteilt. Ich werde nicht zulassen, dass du mich jetzt einfach so hängen lässt.«
    Wütend funkelte er sie an, während sie sich auf die Lippe biss. »Ich bin Kunstmäzen«, brummte er, »und du – du bist einfach nur eine unter Hunderten von Künstlern, die um Erfolg bemüht sind. Du solltest dankbar sein.«
    »Das bin ich auch«, sagte sie beherzt, »und natürlich wäre ich ohne deine Förderung nicht so weit gekommen.«
    »Dann verlange ich eine Erklärung von dir, Lorelei«, fuhr er sie an.
    Dass er sie mit ihrem vollen Namen ansprach, war Warnung genug. Sie lief Gefahr, alles zu verlieren, wofür sie so hart gearbeitet hatte. Dennoch musste er dazu gebracht werden, sie zu verstehen. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und erzählte ihm alles.
    Er saß in eisigem Schweigen da, sein dunkler Blick löste sich nicht eine Sekunde lang von ihrem Gesicht.
    »England ist deine Heimat – das Land, in dem du geboren bist«, fuhr sie fort. »Stell dir vor, du bist gezwungen worden, es zu verlassen – ein anderes Leben anzunehmen, alles zu verändern, selbst deine Art, dich auszudrücken. Ich muss zurück, Bertie – nicht nur wegen des Fohlens –, sondern weil ich herausfinden muss, wer ich bin, woher ich komme, damit ich die fehlenden Teile zusammenfügen und schließlich ein Ganzes werden kann.«
    Er drückte die Zigarre aus und erhob sich aus seinem Sessel, die Hände in den Taschen, kehrte ihr den Rücken zu und starrte aus dem Fenster. »Du hast dir eine schöne Deckungaufgebaut, und ich kann verstehen, warum du dich so fühlst.« Er drehte sich zu ihr um und legte

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