Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel über Tasmanien

Himmel über Tasmanien

Titel: Himmel über Tasmanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McKinley
Vom Netzwerk:
könnte schwören, dass es dasselbe Schiff ist, auf dem Clarice und ich vor sechzehn Jahren fuhren.«
    »Alt genug sieht es jedenfalls aus, aber es ist ziemlich groß, findest du nicht?«
    Lulu betrachtete den Schornstein und die hohen Masten an Bug und Heck. Die Rotamahana war trotz ihres Alters eines der elegantesten Schiffe und unterschied sich von allen anderen Booten im Hafen, und als Beweis ihrer Einzigartigkeit besaß sie sogar einen Bugspriet und eine Galionsfigur. Für die romantische Lulu war es ein Schritt zurück in die Zeit, in der seetüchtige Galeonen Piraten, Forscher und Pioniere an Bord hatten.
    Ihre Kabine war klein, aber so bequem eingerichtet wie die auf der Ormonde . Lulu zog einen warmen Pullover über ihre Bluse und die Hose, schlüpfte in flache Stiefel und nahm ihren Skizzenblock und einen Bleistift zur Hand. Sie hatte bereits zwei Skizzenbücher mit Zeichnungen der interessanten Orte und Menschen gefüllt, die sie auf der langen Reise in den Süden gesehen hatten, und jetzt wollte sie das geschäftige Treiben im Hafen einfangen.
    »Kommst du mit an Deck?«, fragte sie und band sich die Haare mit einem Schal nach hinten.
    Dolly frischte ihr Make-up auf. »Ich bleibe hier im Warmen, schminke mich nach und schreibe meine Briefe weiter.« Sie schenkte Lulu ein Lächeln, die darauf brannte, hinauszukommen. »Geh schon. Du sitzt den ganzen Tag schon wie auf heißen Kohlen, und du kommst nach Hause, nicht ich. Wir sehen uns beim Dinner.«
    Unfähig, weder ihre Aufregung noch ihre Erleichterung zu verbergen, eilte Lulu nach draußen. Der Regen hatte endlich aufgehört, und sie lehnte an der Reling, um den Stromvon Passagieren zu beobachten, der über die Gangway kam, während Autos, Frachtgut und Vieh in den Schiffsrumpf geladen wurden. Der Lärm am Kai und die kreischenden Möwen schienen alles noch hervorzuheben, und sie schlug ihren Skizzenblock auf.
    Ihr Bleistift flog förmlich über die Seite, jede Linie fing rasch die Bewegung am Kai ein sowie die großen Lagerhäuser, die darüber aufragten. Es war nicht so exotisch wie Port Said, Singapur oder Ceylon, besaß aber einen ganz eigenen Zauber, denn das war die letzte Etappe ihrer langen Reise nach Hause.
    Ihr Stift kam zum Stillstand, als die Rampen scheppernd fortgezogen wurden und die Matrosen die Taue einholten. Unter dem tiefen Tuten der Dampfsirene wurden die Maschinen der Rotamahana hochgefahren, bis sie dröhnten.
    Ihr Blick wurde von dem Mann am Kai angezogen. Er stand abseits des Gedränges, und allein seine Reglosigkeit hob ihn hervor, während er zur Rotamahana hochschaute. Lulu zog die Stirn kraus und fragte sich, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. Dann, als ihre Blicke sich kurz trafen, wurde ihr klar, dass der Fremde sie an Dollys Cowboy erinnerte, obwohl er keinen Sattel trug und keinen Hund bei sich hatte. »Seltsam«, dachte sie.
    Er tippte an seinen Hutrand und wandte sich ab, zwängte sich durch die Menge, bis er unter Hunderten anderen verloren war, die genauso aussahen.
    Lulu kam zu dem Schluss, dass ihre Phantasie mit ihr durchgegangen war, und vergaß ihn rasch, während das Schiff sich mühsam vom Anleger entfernte. Die Wasserfläche wurde immer größer, je weiter der eisengepanzerte Dampfer nach Süden pflügte. Lulus Pulsschlag beschleunigte sich. Sie war gern auf See, liebte den Salzgeruch in der Luft, die ständig wechselnde Farbe des Wassers und den Möwenschwarm, der über ihnen schwebte, wenn sie in Landnähe kamen.
    Diese alte Liebe wurde leicht wieder angefacht nach den Jahren, die sie im Herzen von Sussex verbracht hatte, wo Besuche am Meer selten waren; denn der Trost, den sie als Kind beim Klang der sich am Ufer brechenden Wellen empfunden hatte, in der Wärme des Sandes unter ihren Füßen, war ihr erhalten geblieben. Und schon sehr bald würde sie diesen Strand wiedersehen, den Sand spüren, die Kiefern riechen und ihre Zehen ins kühle Wasser der Bass Strait tauchen.
    Sie schloss die Augen gegen die brennenden Tränen. Das Bild dieses Strandes stand so deutlich vor ihr, dass sie inständig hoffte, er möge sich nicht verändert haben.
    Im Gedränge der Menschen ringsum kam sie sich ziemlich albern vor, also schlug sie die Augen auf und schaute sich um. Eine Wolkenlücke ließ ein Stück blauen Himmel sehen und verhieß Sonnenschein. Das war ein Omen, entschied sie. Ein Omen, dass ihre Heimkehr so würde, wie sie es sich erhofft und erträumt hatte.
    »Ich werde nicht da sein, wenn du zurückkommst«,

Weitere Kostenlose Bücher