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Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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der Küche hinaus zum wieder blauen Himmel, als könnte ihr
dieser sagen, ob zwischen den Buchdeckeln vor ihr auf dem Tisch süße
Kindheitserinnerungen oder die Büchse der Pandora warteten. Ob es vielleicht
besser war, gar nicht hineinzuschauen. Aber dann öffnete sie mit einer
energischen Bewegung das Album, und auf ihrem Gesicht machte sich Erleichterung
breit.
    »Die sind bei
Tante Hanna entstanden.« Sie strich über ein paar Fotos, die irgendeinen
Mittelmeerstrand zeigten, und forderte uns zum Mitgucken auf. Auf fast allen
waren Sabine im Teenageralter und ein kleiner Junge zu sehen. Mal tobten die
zwei im Wasser, mal aalten sie sich im Sand, mal bissen sie in ein Stück
Wassermelone. Auf ganz vielen streichelten sie irgendwelche Tiere, einen Hund,
eine Katze, einen Esel.
    Mombauers Tochter
lächelte, die Zeit musste schön für sie gewesen sein. Das Bild, das den kleinen
Jungen mit einer Schlange um den Hals zeigte, kommentierte sie allerdings mit
einem angewiderten »Igitt« und blätterte schnell weiter.
    »Bis heute kapiere
ich nicht, warum ausgerechnet Reptilien Tommis Lieblingstiere sind«, erklärte
sie. »Immer und immer wieder ist er mit welchen angekommen. Weiß der Henker, wo
er die aufgetrieben hat. Geckos und Salamander konnte ich grade noch ertragen,
aber wenn er mal wieder eine Schlange entdeckt hat, habe ich jedes Mal
schreiend Reißaus genommen.«
    Damit hatten
Sabine Mombauer und ich etwas Gemeinsames. Bei Schlangen stellten sich auch mir
sofort alle Nackenhaare zu Berge. Aber meine Nackenhaare stellten sich auch
auf, weil ich immer noch nicht wusste, wie ich mein Problem mit dem
ausgelaufenen Pachtvertrag angehen sollte.
    »Hier, das war in
Hannas Haus. Da sind wir mal Weihnachten bei ihr gewesen, das letzte Jahr vor
Mutters Tod.«
    Sie präsentierte
uns eine fröhliche Tischgesellschaft. Ein bunter Plastiktannenbaum im
Hintergrund, ein prall gefüllter Teller vor jedem Gast. Ein jüngerer Mombauer,
eingerahmt von zwei Frauen, schob sich lachend einen Tintenfischarm in den
Mund. Mir fiel auf, dass ich den alten Mann nie hatte lachen sehen. Arîn
knuffte mich in die Seite und zeigte auf die Uhr.
    »Wir müssen«,
sagte ich und reichte Sabine Mombauer die Hand zum Abschied. Die nahm sie
automatisch, kaum bereit, von dem Album aufzusehen.
    »Danke, dass Sie
gekommen sind«, murmelte sie und deutete auf ein Bild mit einem Leuchtturm.
»Das war ein Ausflug zum Far de la Mola, da habe ich mit Tommi ein Katzenjunges
entdeckt …«
    »Erben Sie das
Haus?«, stakste ich. »Dann sollten wir in den nächsten Tagen mal über meinen
Pachtvertrag reden …«
    Aber Mombauers
Tochter hörte überhaupt nicht zu. »Und das ist in Far des Cap de Barbaria, da
habe ich immer mal leben wollen«, flüsterte sie beim nächsten Bild.
    Ich zuckte
resigniert mit den Schultern. Sabine Mombauer turnte ihrer Vergangenheit nach.
Das schien ihr zu gefallen, denn ihre Stimme hatte jetzt einen viel weicheren
Klang.
    Es war der falsche
Zeitpunkt, um mit ihr über die Zukunft sprechen zu wollen. Aber wann dann?
Hätte ich doch bei meinem letzten Gespräch mit Mombauer auf eine Einigung
gedrängt! Aber rückblickend war man immer schlauer, und zumindest in den
nächsten Stunden würde ich keine Zeit haben, weiterzugrübeln. In der Küche
wartete viel Arbeit auf uns.
     
    Beim
Hinunterlaufen ein Blick auf die Uhr. Heute fehlte uns eine halbe Stunde von
der Vorbereitungszeit. Blitzstart also. Arîn überbot auf dem Gemüseposten beim
Fädeln der Zuckerschoten ihre persönliche Bestzeit. Ich gönnte mir noch einen
Augenblick der Konzentration. Optimales Timing, effizientes Arbeiten, darum
ging es. Was, wann, wie am besten? Also startete ich mit den Nachtischen. Mise en place , alle Zutaten holen und bereitstellen. Zuerst
die Vanillemilch aufkochen, mit der zweiten Hand Gelatine einweichen,
zwischendurch Erdbeeren putzen, pürieren, stehen lassen. Finger in die Milch,
richtige Temperatur, schnell mit der Bavaroise weiter. Eier schaumig schlagen,
Zucker zufügen, Milch in feinem Strahl dazu. Fliegender Wechsel. Champagner,
Zitrone, Zucker zu den Erdbeeren, ab in die Eismaschine. Zurück zur Gelatine.
Ausdrücken, erhitzen, unterrühren, ab in den Kühlschrank. Wecker stellen.
Aufräumen und sauber machen.
    »Ich habe Minka
übrigens nicht erreicht.« Arîn drängte sich mit einem dampfenden Topf neben
mich ans Waschbecken und tauchte die blanchierten Zuckerschoten ins Eiswasser.
»Mailbox.«
    »Noch vier Essen
mehr«, rief Eva

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