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Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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zu warten?
Jetzt, wo Eva im Fünf-Minuten-Takt weitere Gäste meldete und wir uns dem
täglichen Wahnsinn stellen mussten. Klar mussten wir kochen, aber es lief
nichts rund an diesem Abend. Wir arbeiteten schwerfällig, unser Tempo stimmte
nicht, gar nichts stimmte. Wir kamen uns am Pass beim Anrichten in die Quere,
Ecki ließ den Fisch zu lange in der Pfanne, Arîn verkochte zwei Portionen Spargel,
bei meinem Lammragout kriegte ich die Balance zwischen Rosmarin und Aprikosen
nicht hin.
    Auch an diesem
Abend tauchte Minka nicht auf, wieder mussten wir den Spül erledigen. Und wenn
an so einem Tag der Wurm drin war, dann richtig. Arîn verbrühte sich den Arm,
Ecki schnitt sich in den linken Handballen, und ich stellte fest, dass wir
vergessen hatten, die Schokoladen-Variationen für den Nachtisch vorzubereiten.
    Als Eva mir auch
noch zuflüsterte, dass ein Gast sich bei der Chefin persönlich über das Essen
beschweren wollte, wusste ich, dass an diesem Abend die Scheiße bergan lief.
    Natürlich ging ich
erst ins Restaurant, nachdem das letzte Marzipansoufflé über den Pass gewandert
war. Das machte ich immer so. Oft hatte sich bis dahin der Ärger des Gastes
verflüchtigt, oder er hatte nicht so lange warten wollen.
    Als mir Eva den
Meckerfritzen des heutigen Abends zeigte, wusste ich sofort, dass meine
Hoffnung, mich nach einer kurzen, freundlichen Entschuldigung wieder verdrücken
zu können, vergeblich war. Der Kerl war auf Krawall gebürstet, der wollte Dreck
über mir ausschütten. Das hatte dieser Giftzwerg auf Bauses Empfang nämlich
schon mal getan. Wie, hatte Adela gesagt, dass er hieß? Eimert, Eiler oder so
ähnlich.
    Diesmal trug er
keine grüne, sondern eine lila Krawatte, und die angebrannten buschigen
Augenbrauen ließen ihn diabolisch wie den Bösewicht aus einem Stummfilm
aussehen. In seiner Begleitung befand sich eine auf langweilige Art attraktive
Blondine. Ich nahm nicht an, dass es seine Frau war, tippte eher auf
Escort-Service.
    »Verraten Sie mir
doch mal, wie Sie das machen, Frau Schweitzer, dass Sie in jedem Kölner
Restaurantführer gut dastehen!«
    So klein er von
der Statur her war, seine Stimme war gewaltig. Die hätte auch einem Riesen zur
Ehre gereicht. Jeder am Tisch, ob er wollte oder nicht, musste mithören. Zum
Glück waren schon viele Gäste gegangen, und ich sah, wie Eva sich bei den
restlichen mit der Rechnung beeilte. Setz dich nicht hin und beug dich bloß
nicht runter, befahl ich mir und zwang so ein
Wie-bitte-ich-versteh-nicht-Lächeln auf mein Gesicht.
    »Also, ich weiß
nämlich wirklich nicht, woran das liegt. Fisternöllche mit Ihren Kritikern?
Oder tun Sie Ihnen sonst Gutes? Am Essen kann es nicht liegen. Die Spargel zu
weich, der Fisch zu trocken, der Riesling zu warm.« Wieder sprach er in diesem
jovialen rheinischen Singsang, in dem selbst eine grobe Beleidigung nicht so
schlimm klang, wie sie war. »Und überall steht, dass Sie täglich die
Schokoladen-Variationen auf der Karte haben. Ich bin ein echter
Schokoladen-Fan! Mit Leib und Seele, man sieht es ja auch. Und nach dem miesen
Hauptgang hätte ich mich so gerne damit versöhnen lassen! Aber was hör ich da?
Es gibt heute keine Schoko-Variationen. Steht aber überall, dass es die immer
gibt. So was geht wirklich nicht, Frau Schweitzer! Also wenn ich fies wäre,
würde ich das Betrug am Kunden nennen.«
    Ich blickte weiter
zu ihm hinunter, variierte meine Gesichtsmuskulatur zu einem leichten Bedauern,
bot einen Cognac, einen Espresso, eine hausgemachte Praline an und ahnte doch,
dass dem rheinischen Giftzwerg nichts an einer gütlichen Einigung lag.
    Ich wiederholte
die üblichen Floskeln: »Es tut mir so leid, wie schade, dass …«, und schob
noch die ganze Nachtischpalette als Versöhnungsangebot hinterher. Dabei hätte
ich den Kerl am liebsten an seiner lila Krawatte aus dem Restaurant geschleift
und mit einem kräftigen Tritt in den Hintern auf die Straße gesetzt.
    Da ich mich dazu
auf keinen Fall hinreißen lassen durfte, blieb nur ein einziger Ausweg:
Rückzug.
    Aber Eva wandte
mir den Rücken zu, Arîn kam nicht ins Restaurant gehuscht, um mir zuzuflüstern,
dass man mich dringend in der Küche brauchte, und Ecki, der den Kerl doch mit
einer Portion Wiener Schmäh hätte einlullen können, tauchte nicht auf.
    Ich war so schlecht
im Verstellen, ich konnte einfach nicht mehr bedauernd oder fürsorglich gucken.
Eimert-Eiler merkte das ebenfalls und legte genüsslich nach: Miserable Köchin,
Hochstaplerin,

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