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Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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mitbekommen,
wie sie sich mit Arîn angefreundet, sie spioniert, sie Ecki schöne Augen
gemacht hatte. War es so gewesen? Oder hatte Ecki den aktiven Part gespielt? Da
waren sie wieder, die Stiche ins Herz. Der kleine Muskel musste schon völlig
zerfetzt sein. Zumindest fühlte er sich so an.
    »Entspricht
wahrscheinlich nicht dem Bild, das Sie von einem Polizisten haben, oder?«
Brandt steckte seinen Block ein, lehnte sich an die große Waschmaschine und
betrachtete mich neugierig.
    Noch zu sehr mit
meinem zerfetzten Herzmuskel beschäftigt, fiel mir dazu nicht viel ein, deshalb
sagte ich nur: »Stimmt.«
    Brandt verzog den
Mund zu einem wissenden Lächeln, weil das wahrscheinlich die Antwort war, die
er immer bekam.
    »Alban, wir sind
durch«, hörte ich plötzlich den Kleinen sagen. Ich wusste nicht, ob er gerade
gekommen oder schon die ganze Zeit mit im Raum gewesen war. Was wusste ich
überhaupt noch?
    »Es gibt nirgendwo
Einbruchspuren außer am Fenster und in diesem Raum. Die Schlösser sind mit
einem kleinen Schraubenzieher oder einer Nagelfeile geknackt worden. Ist ja
nicht so schwer bei den billigen Dingern. Fingerabdrücke sind verwischt, wenig
verwertbare. Fuselspuren en masse, das ist Sisyphusarbeit wie immer. Wir wissen
mehr, wenn der Laborbericht vorliegt«, rapportierte er. »Montag hast du den
Bericht.«
    Der Spurensicherer
verstaute die Plastiktüten mit Minkas Sachen in einem Koffer, Brandt wünschte
den Kollegen ein schönes Wochenende, und von draußen hörte ich Arîn nach mir
rufen.
    »Hast du die
kaputte Scheibe gesehen? Ist was geklaut worden?«, fragte sie auf dem Weg zu
uns weiter. »Hast du vergessen, die Rollläden runterzulassen, oder was?
Ausgerechnet an einem Abend, wo nach dem Schützenfest die Besoffenen durch die
Mülheimer Straßen torkeln. Da muss gestern Nacht echt die Post abgegangen
sein.« Als sie in den Raum trat und die aufgebrochenen Spinde sah, verstummte
sie. »Malmerat« , fluchte sie kurz auf Kurdisch,
schickte Brandt ein wütendes Funkeln, mir einen
Habe-ich-es-dir-nicht-gesagt-Blick, dem sie hinzufügte: »Wenn wir gestern den
Spind geknackt hätten, wär das nicht passiert.«
    »Hinterher ist man
immer klüger«, stimmte ihr Brandt bereitwillig zu. »Sicherlich können Sie mir
auch bei ein paar anderen Dingen weiterhelfen, Frau Kalay. Ich möchte Ihnen
gerne ein paar Fragen stellen.«
    Jetzt sah sie mich
wütend an, aber ich zuckte nur mit den Schultern. Schlechte Erfahrungen mit der
Polizei hin oder her, irgendwann musste sie mit Brandt reden. Ich konnte ihr
das nicht abnehmen. So wie ich im Moment tickte, konnte ich niemandem etwas
abnehmen. Brandt, davon war ich überzeugt, würde ihr nicht den Kopf abreißen.
    »Draußen wartet
Frau Mombauer auf dich«, warnte sie mich, als ich mich zur Tür schleppte.
    Nein, nicht auch
noch die! Die hatte ich seit gestern Abend vergessen. Wieder dachte ich an
Flucht, aber dann merkte ich, dass sich tatsächlich noch ein Rest von
Kampfgeist in mir regte. So schnell würde ich die »Weiße Lilie« nicht aufgeben!
Und was war mit der Wohnung? Auch dafür würde mir eine Lösung einfallen, nur
nicht jetzt. Ich musste Druck aus der Sache herausnehmen, ich brauchte Zeit.
    Durch die
Glasfront der Küche sah ich Frau Mombauer fingerklopfend an meiner großen Tafel
stehen, den Mund wieder zu einem schmalen Strich zusammengepresst.
    »Frau Mombauer«,
begrüßte ich sie und bemühte mich zumindest um einen freundlichen Tonfall.
»Möchten Sie einen Kaffee? Also ich brauche unbedingt einen.« Ich stellte das
Mahlwerk an, füllte den kleinen Aufsatz mit frischem Kaffeepulver, klemmte
diesen in die Maschine und drückte den Startknopf. Schon der Geruch von frisch
gebrühtem Espresso wirkte belebend.
    »Sie haben es nur
Irmchen zu verdanken, dass ich noch mal gekommen bin«, lamentierte Frau
Mombauer hinter meinem Rücken. »Wissen Sie, wie lange ich gestern Abend auf Sie
gewartet habe? Und habe ich nicht klar genug gesagt, dass wir die Sache schnell
hinter uns bringen müssen? Dieses Haus belastet mich ungemein. Das hat nichts
mit Ihnen, das hat etwas mit meiner Geschichte zu tun.«
    »Auch einen?«,
fragte ich, als ich mich umgedreht und die Tasse vor mich auf den Tresen
gestellt hatte.
    Sie nickte gnädig,
und in ihrem Blick schimmerten wieder alte Verletzungen durch. Ich drehte mich
zur Kaffeemaschine um, konzentrierte mich auf den zweiten Espresso und hoffte,
dass sie nicht mehr von ihrer bestimmt traurigen Geschichte erzählen würde.

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