Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten
der Gasse, unter dem Schild des Zinngießers,
sah er sein weißes Pferd mit der allerniedlichsten Nymphe im
Sattel. Er griff nach seiner Laute und lief aus dem Wirtshaus
hinaus.
»Was, bei allen Kebsweibern«, sagte der Henker. »Wohin, zum
Teufel, willst du?«
»Veronica!« schrie Peter Cornelius und lief dem Pferd entge
gen, das wild wiehernd an zu traben fing, als es seinen Herrn sah.
»Veronica, Veronica!« sagte der Troubadour und klopfte den
Widerrist des Pferdes, ja, umarmte es beinahe ganz, betäubt vor
Freude. Dann sah er zu dem Mädchen im Sattel hoch. Eine
anmutigere Jungfrau hatte Oranien selten geschaut.
»Ihr habt Veronica gefunden, teure Jungfrau«, sagte er. »Das
ist eine phantastische Tat. Wie soll ich Euch dafür danken kön
nen? Sagt mir Euren Namen, und ich werde Euch zu Ehren eine
Ballade dichten.«
»Ich heiße Angelica«, sagte die Jungmagd und lächelte ihr al
lerlieblichstes Lächeln. Peter Cornelius schwang sich hinter ihr in
den Sattel. Er spürte den süßen Duft der jungen Frau, und mit
einem fröhlichen Lachen setzte er dem Pferd die Sporen in die
Weichen.
»Jetzt fliegen wir weg über die Wiesen«, sagte er.
»Gern«, sagte die Jungmagd. »Die Stadt hier wirkt so komisch,
so liederlich in gewisser Weise.«
Die Kämpen ritten hinaus auf den Burghof zum großen Mann
schaftsturnier. Trompeten erschallten, Wimpel flatterten, die
Federbüsche auf den Helmen wippten, die Lanzen blitzten, die
Pferde schnaubten, das Riemenzeug glänzte, auf den Tribünen
prangten Girlanden, und auf den Ehrenplätzen nahm gerade,
begleitet von Pater Gunardo, die Herzogin Platz.
Die Menschen erhoben sich und schrien Hurra. Nach einer
Weile kam der Herzog aus dem großen Portal, und als er sich in
seiner neuen, schönen Uniform zeigte, wurde er mit Trommel
wirbeln von den Wällen begrüßt. Er nahm neben der Herzogin
Platz, küßte ihr keusch die Stirn, während Gunardo ekstatisch
Weihwasser über sie spritzte.
Der Jubel des Volkes wollte kein Ende nehmen. Das war ein
großer Tag in Oranien. Der Herzog sah eine Idee desorientiert
aus, aber dann entdeckte er die vier Kebsweiber aus Friesland,
die sich umarmten und ihn anlächelten. Sie hatten sich ordentlich
aufgedonnert, und bei ihrem Anblick spürte er, wie sich eine
schöne Wärme von den Weichen in die Schenkel ausbreitete.
Bald spannten seine Hosen richtig annehmbar, und der Herzog
seufzte erleichtert. Seine Gemahlin lächelte ihn aufmunternd an.
Monsieur Richard, den sie den Hasenherzigen nannten, prüfte
die Gegner genau. Und da! Da war er: Johann von Bordeaux. Er
hatte das Visier unter seinem blau-weißen Federbusch hochge
klappt und grinste bösartig zu Monsieur Richard hinüber.
Ach ja, komm du man, dachte dieser, jetzt hat man meinen
Sack gepanzert, das kannst du glauben.
Und er drückte die Brust heraus, daß es in der Rüstung knack
te und holte tief Luft, als die Herolde des Herzogs die Trompe
ten erschallen ließen zum Zeichen, daß die Spiele ihren Anfang
nehmen konnten.
»Die Möse quer«, murmelte er zwischen zusammengebissenen
Zähnen, als er der Stute die Sporen gab, »vielleicht, vielleicht!«
EVOR MARTINUS
Prinz Avig und das halbe Königreich
Es war einmal ein schöner Prinz, der wohnte in einem großen,
weißen Schloß in Engelland. Sein Vater hatte großen Kummer
seinetwegen, denn er war nicht im mindesten an gleichaltrigen
Mädchen interessiert. Und da er das einzige Kind war und das
Reich eines Tages erben sollte, war der königliche Papa sehr
darauf bedacht, die Thronfolge zu sichern, ehe er starb.
Der König hatte auf jede Weise versucht, das Interesse seines
Sohnes für Sex zu wecken. Er hatte bezaubernde Feste mit hin
reißend schönen Mädchen arrangiert, deren Kostüme nur aus
Blumen bestanden. Blumenkränze um den Hals und um die
Mitte, und kleine Miniaturkränze rund um die jungen Fersen. Er
engagierte die besten Musikanten des Reiches, und Pelle Viol
spielte Violine, daß die Vögel weinten. Aber Prinz Avig rührte
nicht die winzigste Miene in all diesem Getriebe. Die süßen,
kleinen Mägde tanzten wilde Mazurkas, so daß ihr bunter Kopf
schmuck in alle Richtungen flatterte, ausländische Prinzessinnen
bewegten sich graziös in Polonaise und Menuett und lächelten
Prinz Avig zuckersüß an, aber er blieb ungerührt.
Der alte König hatte mehr Saft und Kraft in sich als sein jun
ger Sprößling, und es geschah oft, daß er seine verständnisvolle
Königin auf die Wange
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