Himmelsgöttin
kleiner Junge war, kam ein Haufen Kerle aus Neuguinea mit Kanu. Wir nicht mögen diese Typen. Wir gehen in unsere Kanus, um sie zu töten.«
»Und was ist passiert?«
»Es wurde dunkel.«
»Und?«
»Wir fahren nach Hause. Diese Kerle aus Neuguinea ziemlich viel Glück, daß niemand von uns im Dunkeln konnte navigieren.«
»Kein Palu ? « fragte Tuck und benutzte das Eingeborenenwort für Seefahrer.
»Japaner sie töten. Kein Palu übrig, außer vielleicht einer.«
»Ist das der Grund, warum du Kimi nicht zum Medizinmann bringen lassen wolltest?«
Malink nickte, doch seine Stirn war sorgenzerfurcht. »Ich überlege, wenn Vincent dich schicken, wieso Medizinmann nicht wissen, daß du hier? Und wieso du nicht kennen Santa Claus?«
Tuck bemerkte, daß die Männer aufgehört hatten, ihre Gewehre zu bemalen und sich zu unterhalten, damit sie seine Antwort mitbekamen. Es ging jetzt um mehr als nur darum, ob er hier weiterhin etwas zu trinken bekam. Er erzählte ihnen, was sie hören wollten. »Vincent hat mich angerufen im Land der gepanzerten Beutelratten, damit ich zur Insel der Haifischmenschen komme. Ich bin ein Flieger, genau wie Vincent ein Flieger war. Er erzählt mir nicht alles, und er erzählt dem Medizinmann nicht alles. Vincent ist manchmal unergründlich, aber wir müssen auf sein Urteil vertrauen.«
Malink lächelte. »Trinken wir auf diesen Flieger. Und dann gehen wir schlafen.« Und zu Tuck gewandt, sagte er: »Morgen ist die Jagd.«
53
Wie die Haifischmenschen
zu ihrem Namen kamen
Als es an diesem Morgen kurz nach Sonnenaufgang an seiner Tür klopfte, machte sich Tuck darauf gefaßt, dem lächelnden Gesicht von Sebastian Curtis gegenüberzustehen, der hochvergnügt war über die Aussicht, dem Piloten bei einer weiteren Partie Kiesgolf Dresche zu verpassen. Als er die Tür öffnete, stand dort jedoch Beth Curtis in einem langärmligen Baumwollkleid und mit einem riesigen Sonnenhut mit einer Krempe, die ihr über das Gesicht fiel wie ein Lampenschirm.
Tuck trug ein Paar Boxershorts, die der Doc ihm vermacht hatte und in denen sich seine Morgenlatte deutlicher abzeichnete, als ihm recht war. Seltsam, vor einem Monat noch wäre er bereit gewesen, seine Seele zu verkaufen für dieses physiologische Phänomen, und heute war es ihm peinlich.
»Guten Morgen«, sagte er. »Ich hatte eigentlich den Doc erwartet.«
»Oh, hattet ihr beide was vor?«
»Nein, einfach nur … ach egal. Willst du reinkommen auf einen Kaffee?« Er deutete auf die kleine Kochnische.
»Warum machst du dir nicht einfach eine Tasse und nimmst sie mit? Ich muß dir was zeigen.«
»Sicher. Dauert nur einen Moment.«
Sie wartete an der Tür, während er einen Topf mit Wasser auf den Herd stellte, sich rasch anzog und die Haare kämmte, um dann das Wasser über das Kaffeepulver zu gießen und eine Portion Kaffeeweißer einzurühren. »Ich bin soweit. Was gibt's?«
»Ich will dir etwas auf der anderen Seite der Insel zeigen.«
»Außerhalb der Siedlung?«
»In der Nähe des Dorfes. Ich glaube, du wirst deinen Spaß daran haben.«
Seine Kaffeetasse mit beiden Händen haltend, ging Tuck mit ihr durch die Morgensonne. Nirgendwo war etwas von den Wachen zu sehen. Das breite Tor zum Rollfeld stand weit offen.
»Wo sind die Ninjas?«
»Du nennst sie auch so? Das ist lustig.« Sie lachte, aber weil ihr Gesicht von der Hutkrempe verdeckt war, ließ sich nicht beurteilen, ob es aufrichtig gemeint war.
Sie legte ihm die Hand auf den Arm und ließ sich von ihm über die Rollbahn führen wie eine viktorianische Lady unter Geleitschutz.
»Vermißt du manchmal deine Familie?« fragte sie, während sie dahinschritten.
Tuck war überrascht. Das hatte er nicht erwartet. »Meine Familie? Nein. Wir sind unter nicht allzu freundlichen Umständen auseinandergegangen. Ich habe den Kontakt zu ihnen verloren, lange bevor ich hierherkam.«
»Das tut mir leid. Wirklich. Macht dir das zu schaffen?«
Tuck dachte, sie würde Witze machen. »Außer meiner Mutter und meinem Onkel habe ich keine Familie. Die beiden haben geheiratet, nachdem mein Vater ums Leben gekommen war. Ich war darüber nicht sehr erfreut.«
»Du machst Witze. Ich dachte, das machen sie nur in West Virginia. Du bist doch aus Kalifornien?«
»Sie hat den Bruder meines Vaters geheiratet, nicht ihren eigenen. Trotzdem vermisse ich sie nicht.«
»Und was ist mit deinen Freunden?«
Tuck dachte eine Sekunde nach. Seit seiner letzten Begegnung mit Jake Skye hatte sich
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