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Himmelsgöttin

Himmelsgöttin

Titel: Himmelsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Tuck, daß der Himmel zur Hälfte verschwunden war. Sie waren erst am Rande des Sturms. Der Seefahrer schrie ihn an. Die See, der Himmel, das Boot – alles färbte sich schwarz. Eine Sekunde lang kniff er die Augen zusammen, damit er das Salzwasser los wurde, und kaum, daß er die Obsidianwand gesehen hatte, die sich vor dem Bug auftürmte, wurde alles schwarz. Totale Überreizung der Sinne, totale Abstumpfung der Sinne. Er schaute sich nach den Sternen um, dem Mond, irgend etwas, das irgendwo herausragte oder einen Schatten warf, aber da war nichts außer Wind und Nässe und Kälte und Schmerz. Er zitterte und war kurz davor, sich wie ein Baby zusammenzurollen, um auf den Tod zu warten, doch der Schrei des Seefahrers riß ihn aus seiner Erstarrung.
    »Wir brauchen Licht!«
    Tuck nahm sich zusammen und kramte in dem vollgepackten Rucksack herum, bis er zwei wasserdichte Taschenlampen in der Hand hielt. Gott segne dich, Jake Skye.
    Er schlug auf die versiegelten Schalter.
    Licht. Genug Licht, um zu sehen, daß Kimi sie parallel zu einer ungeheuren Wasserwand steuerte, die sie unter sich zu begraben drohte. Der Seefahrer riß den Außenbordmotor bis zum Anschlag herum und gab Vollgas. Das kleine Boot schleuderte herum – gerade noch rechtzeitig, um der anrollenden Welle zu begegnen, daran hinaufzurauschen und es über den Kamm zu schaffen. Tucker klammerte sich an das Boot wie ein neugeborenes Äffchen an seine Mutter.
    Tuck band die Lampen so an der Ankerrolle am Bug fest, daß eine nach vorn gerichtet war und die andere ins Boot leuchtete. Dann fing er wieder an Wasser zu schöpfen.
    Ein wahres Ungetüm von einer Welle erhob sich zehn Meter hoch über sie und krachte auf sie herunter. Als Tuck das Salzwasser aus seinen Augen geblinzelt hatte, stellte er fest, daß nur noch dreißig Zentimeter fehlten, bis das Boot ganz und gar voller Wasser war: Noch eine solche Welle, und der Motor würde absaufen. Und ohne Motor zum Steuern waren sie verloren. Mit Wasserschöpfen war es nicht getan.
    Wir werden sterben, dachte er.
    Dann war das Getöse des Sturms plötzlich verstummt.
    »Nein, das wirst du nicht«, erklang eine Stimme, »du Armleuchter.« Das Tosen des Sturms, die Schreie des Seefahrers – all das war nicht mehr da. Es gab nur die Stimme. »Da in deinem Rucksack ist eine Persenning. Deck damit das Boot ab und mach sie fest, damit ihr nicht noch mehr Wasser faßt. Und dann beweg dich zum Heck zum Schöpfen.«
    Nun hatte Tuck ganz klar vor Augen, was zu tun war. Außerhalb der Reling waren Ösen angebracht, an denen er die Leine an den Kanten der Persenning befestigen konnte. Alles, was er tun mußte, war, die Leine um das Boot herumzuziehen und hinten bei Kimi festzuzurren und dabei eine Öffnung zu lassen, die gerade so groß war, daß der Seefahrer steuern und er selbst Wasser schöpfen konnte.
    »Hast du's geschnallt, du As?«
    Tuck konnte es sehen, und er wußte, daß er es schaffen konnte. »Danke«, sagte er. Woher die Stimme kam, war ihm schnurz. Er nickte. Der Sturm toste wieder über ihm.
    Fünf Minuten später war das Boot abgedeckt und hob sich allmählich wieder aus dem Wasser, während Tuck neben dem Navigator saß und Wasser schöpfte.
    »Du steuern!« schrie Kimi.
    Tucker nahm den Gashebel, als der Seefahrer losließ, und versuchte die Finger seiner zu einer Klaue verkrampften Hand wieder auseinanderzubiegen.
    Tuck steuerte das Boot an der Frontseite einer monströsen Welle hinauf, und das Skiff schoß in die Luft. Der Propeller, der nun auf keinen Widerstand mehr stieß, heulte schrill auf, und Tuck nahm Gas zurück, damit der Motor nicht in die Luft flog. Der Bug ragte himmelwärts auf, und wenn Kimi sich nicht im letzten Augenblick an der Reling festgeklammert hätte, wäre er nach hinten über Bord gegangen. Mit voller Wucht prallten sie auf die Wasseroberfläche, und beinahe wäre der Motor untergetaucht. Er begann zu stottern. Tuck gab verzweifelt Gas, um ihn wieder in Gang zu bringen.
    Und schon ging es wieder bergauf, einer Welle entgegen, die noch steiler war als die davor. Wenn sie auf dem Kamm von einer Windböe erwischt wurden, würden sie sich überschlagen. Plötzlich fiel Tuck ein Trick aus seiner Jugendzeit als Surfer ein. Der Cutback. Weiterhin gegen den Wind anzusteuern und sich gegen die Wellen vorzuarbeiten war ein Ding der Unmöglichkeit. Auf halbem Weg zum Wellenkamm gab er Vollgas und riß den Motor herum. Es gab ein hustendes Geräusch, wie von einer Katze, die einen

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