Himmelskinder
vor Jahren war er mit seinen zwei Frauen, den Kindern und seinen Brüdern nach Deutschland gekommen und versorgte seine Mutter in der Heimat mit dem Nötigsten. Masur mochte den Mann trotz dessen Brutalität. Er hatte Grundsätze, und auf seine Informationen war bisher immer Verlass gewesen. Er war einer der Großen im Milieu.
Orlow zeigte sich nicht, und nach einem großartigen Eintopf klapperten sie die Bordelle ab. Bis auf schlechte Luft, viel Schminke und jede Menge »zartes Brustfleisch«, wie Meiners begeistert meinte, fanden sie in den ersten Häusern nichts, was ihnen hätte weiterhelfen können. Nach zwei Stunden hatte Meiners dann genug gesehen. An der Bar des dritten Bordells verfluchte er den Chef:
»Der sitzt gemütlich mit dem Arsch zu Hause und lässt uns hier rumrennen mit dicken Eiern. Die Nutte will doch wohl anonym bleiben und hier nicht um uns herumtanzen. Scheißidee.«
Masur sah das ähnlich, konnte sich aber bis zuletzt an dem Anblick der vielen Damen erfreuen.
»Wir machen die Runde zu Ende.«
Er hatte bisher durchgehalten und keinen Schluck Alkohol zu sich genommen, was ihm verdammt schwergefallen war. In dieser Atmosphäre war Alkohol eigentlich unumgänglich.
Im »Black Cat« hatte sich einiges geändert. Überrascht schauten sich die beiden Männer um. Das ehemals miefige Bordell hatte den Besitzer gewechselt, und der hatte die Zeichen der Zeit erkannt. Nach einer umfassenden Renovierung war aus der alten Plüschbude in Rot und Gold eine Art afrikanisches Luxusresort geworden.
Meiners entschied sich für einen letzten Genever an der Bar, und Masur trank vermutlich seine zehnte Cola. Sie waren sich einig, die Mission bald zu beenden.
Als Masur das Glas zum Munde führte und dabei die Augen durch den Raum wandern ließ, wurde sein Blick von einer Hure, die neben dem Gang zu den Toiletten stand, eingefangen. Nach einer Weile senkte sie den Blick und kramte in ihrer Handtasche. Masur wandte ebenfalls den Blick ab und gab Meiners einen Schein, damit dieser bezahlen konnte – er wolle noch zur Toilette, dann könnten sie gehen. Meiners nickte. Als Masur wieder in Richtung der Beobachterin schaute, war sie verschwunden. Er machte sich auf den Weg, während sein Kollege interessiert ein Paar betrachtete, das sich auf einem Sofa in der Nähe der Bar amüsierte, wobei sie nur Strümpfe trug. Er war vor allem fett und schien sie gerade erdrücken zu wollen.
Masur sah die Frau gleich, nachdem er die Bar verlassen hatte und in den Gang einbog. Sie stand mit einer anderen Frau in einer Nische, scheinbar in eine angeregte Unterhaltung vertieft. Masur drehte sich um und sah zwei Muskelpakete, die hier die Aufpasser gaben, ebenfalls in den Gang einbiegen. Der in der kompletten Ledermontur sah aus, als würde er ohne Zögern zuschlagen, und zwar richtig. Masur stellte sich vor einen Kondomautomaten. Notgedrungen zog er eine Packung. Als der in Leder ihn passierte, fühlte er einen kurzen, heftigen Stoß. Während er sich umwandte, entschuldigte sich der Mann. Es klang wenig freundlich, eher wie eine Drohung. Masur reagierte betont gleichmütig, er wollte keinen Streit. Die beiden Kerle sollten verschwinden, falls die Frau tatsächlich mit ihm in Kontakt treten wollte und nicht auf eine Nummer aus war. Die Männer gingen tiefer in den Gang hinein. Die Frau drehte ihm jetzt den Rücken zu. Als Masur die beiden Frauen passierte, fühlte er für den Bruchteil einer Sekunde eine Hand in seiner, die ein Stück Papier hinterließ. Er ging weiter und betrat den Vorraum der Toiletten. Er ging in eine der Kabinen und verriegelte die Tür. Schnell zog er den Zettel aus seiner Tasche, offenbar ein Kassenbon. Mit einem dunklen Stift war auf einer Seite eine kurze Mitteilung geschrieben, die nur schwer zu entziffern war:
»Morgen 23 Uhr.«
Ein lautes Hämmern an der Tür ließ ihn den Zettel ins Klo werfen und gründlich nachspülen. Als er die Kabine verließ, standen die beiden Männer direkt vor seiner Tür. Einer drang in die Kabine ein, warf einen Blick in die Toilette und in den Mülleimer. Mit raschem Griff wurde er auf den Boden befördert und in Windeseile durchsucht. Sie tarnten ihre blitzschnellen Griffe als Versuch, ihm wieder auf die Beine zu helfen. Gleich darauf waren sie verschwunden. Masur ging zum Waschbecken und ließ Wasser über sein Gesicht laufen. Der Schreck saß ihm in den Gliedern. Das hätte übler ausgehen können. Er ging auf den Gang hinaus. Meiners hatte inzwischen bezahlt und
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