Himmelskinder
das mit der Rippe eingefallen ist. Ansonsten hat er ja wenig im Griff, aber damals, das war ein Meisterstück.«
Er hörte ihr Lachen noch, als sie den Raum schon wieder verlassen hatte.
54
»Nummer drei kann nicht fahren!«, sagte die Frau und löffelte Zucker in ihren Becher.
Der Albino, den alle den Bleichen nannten, kannte den Grund. Wieder ein Freier, der eines der Kinder so zugerichtet hatte, dass der Doc das Material noch nicht freigegeben hatte.
»Wir schicken die Neue. Du fährst mittags los.«
»Ich denke, sie soll noch nicht raus.«
»Wenn ich deine Meinung hören will, erfährst du es als Erster.«
»Wohin also?«
»A2 und dann die A3 Richtung Karlsbach. Genauere Angaben wie üblich kurz vor dem Ziel. Du lieferst ab und schläfst im Wagen, am nächsten Morgen fahrt ihr zurück.«
»Wann bringt er sie wieder?«
»Er hat ohne Zeitlimit bestellt. Du bleibst im Wagen, wir melden uns bei dir.«
Die Frau wartete darauf, dass er nach dem Kunden fragte. Dann hätte sie ihn in seine Schranken verweisen können. Der Bleiche stellte die Frage nicht. Er kannte diese Frau zur Genüge und hatte nicht die geringste Lust auf ihre Spielchen. Er fragte sich, wie lange er dieses Miststück noch ertragen würde. Sie behandelte ihn wie Dreck, übler noch als die Ware. Außerdem wusste er genau, wo es hinging.
Er nickte nur gleichmütig und begann für sich und das Kind etwas zu essen zuzubereiten. Es war verboten, auf den Fahrten irgendwo anzuhalten, außer zum Tanken oder zum Pinkeln.
»Ich fahr kurz ins Zentrum. Wir brauchen Wasser, außerdem habe ich keine Zigaretten mehr.«
Wenig später saß er im Wagen. Auf halber Strecke holte er sein privates Handy aus der Hosentasche. Er wählte und wartete kurz, drückte das Gespräch weg und drückte gleich wieder auf Wahlwiederholung.
»Ja.«
»Es ist so weit. Heute Abend. Der Kerl aus Karlsbach wieder. Hattest du Kontakt?«
»Ja. Wir kommen ins Geschäft.«
»Wenn die uns eine Falle stellen und wir im Knast landen, überleben wir keine Woche, das ist dir klar?«
»Sobald ich Zeit und Ort von dir erfahre, melde ich mich bei denen, und die faxen mir die schriftliche Zusage – für uns beide. Erst dann bekommen sie die Info.«
»Trotzdem, ich traue ihnen nicht.«
»Ich habe keine Wahl. Sie waren gestern in meinem Haus, wie immer sie mich gefunden haben.«
»Bist du sicher?«
»Videoüberwachung per Handy. Zwei Männer, einer aus dem engsten Kreis des Albaners, kein Zweifel.«
»Wo bist du jetzt?«
»Bei einer Freundin. Morgen früh fahre ich mit einem Bus über die Grenze und fliege vormittags los. Du kannst mich noch die ganze Nacht erreichen. Das ist meine Möglichkeit zu überleben.«
»Tobler, du hast dich …«
»Keine Namen. Ruf mich an, wenn ihr unterwegs seid und du Einzelheiten weißt. Ende.«
Der Bleiche erledigte seine Einkäufe. Er hatte sich noch nicht entschieden. Die Bullen und ihre Zusagen!
Als er zurückkam, hatte die Frau Nummer drei schon für die Fahrt sediert und eingekleidet.
Sie gab dem Bleichen eine kleine Glasflasche.
»Hier, gib ihr die Tropfen, kurz bevor du sie ablieferst. Sag dem Kunden, er soll ihr keinen Alkohol geben, das ist nicht nötig. Und Ware nur gegen Bezahlung.«
Jetzt musste er doch die Frage stellen:
»Und wenn er wieder durchdreht?«
»Dann mach nicht denselben Fehler wie Tobler. Und denk daran, hundert Kilometer vor Karlsbach anzurufen. Dann kriegst du genaue Anweisungen.«
»Wo gehe ich rüber?«
»Fahr auf die äußerste linke Spur, wenn du an die Grenze kommst. Das sind unsere Leute.«
»Gut. Und auf der Rückfahrt?«
»Erfährst du rechtzeitig.«
Er trug das Kind nach unten und ging mit ihm durch den Keller in die Garage. Nachdem er es angeschnallt hatte, fuhr er los.
Es war wenig los auf den Straßen. Obwohl sie mit hervorragend gefälschten Papieren ausgestattet waren, wollte er auf keinen Fall auffallen und hielt sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen.
An der Grenze gab es keine Probleme. Die beiden deutschen Zollbeamten winkten ihn nach einem Blick in den Wagen durch. Er merkte, wie die Anspannung von ihm abfiel. Der Grenzübertritt war für ihn der riskanteste Teil der Fahrdienste, nachdem sie den Hof in Breckede hatten verlassen müssen. Jetzt hatte er den Kopf frei, um in aller Ruhe über den Plan nachzudenken. Tobler wollte also auf alle Fälle als Kronzeuge gegen die Organisation auftreten. Er konnte sich ihm anschließen, ihm Zeit und Ort für die Übergabe nennen, sobald er sie
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