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Himmelskinder

Himmelskinder

Titel: Himmelskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Feldhausen
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Kabine im hinteren Teil des Ladens.
    »Engelchen?« Masur nickte.
    »Gehen Sie rein und drücken Sie auf den Knopf rechts neben dem Bildschirm. Schieben Sie den Riegel vor, wenn Sie wichsen wollen, unterm Stuhl sind Papierhandtücher. Und wie alt?«
    Masur verstand nicht:
    »Was soll der Scheiß? Sehe ich vielleicht aus, als wäre ich noch nicht achtzehn?«
    »Die Kleine, Mann, oder soll es ein Jungchen sein?«
    Masur nannte seine Wünsche und zog ab.
    Die Kabine war so verdreckt wie der ganze Laden, fraglich, ob die hier überhaupt mal putzten. Masur mochte sich nicht setzen. Er drückte den Knopf und schaute kurz hin, Kind und Täter waren ihm unbekannt. Dann wandte er sich ab und stierte die Wand an. Es ging nicht mehr. Ein Gespräch fiel ihm ein. Letztes Jahr hatte er auf der Geburtstagsfeier eines Kollegen einen Internet-Fahnder vom lka kennengelernt. Der hatte ihm nach ein paar Bier erzählt, wie er heulend vor seinem pc gesessen hatte, während er sich Tausende von Fotos gequälter Kinder angucken musste.
    Nach wenigen Minuten riss er ein Papierhandtuch vom Halter, knüllte es zusammen und warf es in einen Eimer unter dem Bildschirm.
    Die Kasse war unbesetzt. Masur ging in einen kleinen Gang, der in einen Nachbarraum führte. Als er die Tür aufstieß, hielt der Mann ein Handy in der Hand. Überrascht blickte er auf.
    »Sie sind schon fertig?«
    Er sprach wieder ins Handy:
    »Kann jetzt nicht, hab einen Kunden hier. Melde mich später.«
    »Ja, war schon mal ein Anfang. Hätte noch ein paar von den Scheinchen über, wenn Sie Frischfleisch im Angebot haben?«
    »Kommt darauf an, wie viel Scheinchen es sind.«
    »Wann und wo?«
    »Nicht so schnell, erst mal die Scheinchen.«
    »Cash gegen Ware, ein altes Prinzip von mir.«
    »Also gut, kommen Sie morgen Abend gegen zehn Uhr wieder hierher. Unter sechs Jahre achthundert Euro, über sechs Jahre fünfhundert. Ab zwölf dreihundert Euro. Bei Verletzungen zahlen Sie den Doc.«
    Nachdem Masur seine Bereitschaft bekundet hatte, fünfhundert Euro zahlen zu wollen und die Hälfte dann doch anbezahlt hatte, machte er, dass er an die frische Luft und zu den Stockrosen kam.
    Der Mann drückte auf die Taste für Wahlwiederholungen. Nach einem kurzen Gespräch zog er sich Gummihandschuhe über, nahm das Handy und ging in die Kabine, die Masur verlassen hatte. Er griff nach dem Papiertaschentuch und glättete es.
    »Und?« fragte die Stimme am anderen Ende.
    »Nichts.«
    Masur atmete tief durch, als er den Laden verlassen hatte. Er ging die Gasse ein Stück hinunter und suchte Frieden beim Anblick der Stockrosen mit ihren blauen und roten Blüten. Vor einer Thujahecke blieb er stehen, um den würzigen Geruch der Pflanzen einzuatmen. Er fühlte sich angegriffen.
    Was ist los?, fragte er sich, immer noch nicht dickhäutig genug nach so vielen Jahren und so viel Dreck? Egal, wir kommen ihnen näher. Reiß dich zusammen, weiter im Text.
    Er rief Alvermann auf dem Handy an.
    »Bin gelandet, hatte Kontakt, morgen Abend geht es weiter.«
    »Gut. Bin gerade auf dem Weg zur van Laack. Gröbner ist bei ihr und plaudert aus dem Nähkästchen. Wird unter Druck gesetzt von ganz oben und hat wohl die Schnauze voll. Interessant, was? Melde mich später.«
    »Bei Verletzungen zahlen Sie den Doc«, hatte das Wrack gesagt. Wer war dieser Doc? Ob der auch den Eid des Hippokrates geleistet hatte? Aber was hieß das schon: Ganze Waggons voll Naziärzten hatten den Eid geschworen. Bei Eidbruch fiel man nicht tot um; manchmal verdiente man sogar einen Batzen Geld damit.
    »Verflucht, verflucht, wieso muss ich hier wieder die Drecksarbeit machen? Und dann noch in so einem Saukaff«, knurrte Masur leise vor sich hin. Regen hatte wieder eingesetzt, und er fror in seinem dünnen Hemd. Er ging die Buchenecker Gasse hinunter auf der Suche nach einem Taxi.
    Unter der miesen Laune machte sich etwas anderes breit: Masur hatte Witterung aufgenommen. Er würde hier nicht vom Platz gehen, bis er einen Blick hinter die Fassade der Organisation geworfen hatte.

51
    Alvermann war auf dem Weg zu Nikos. Er versuchte, sich während des Gehens zu entspannen. Das Gespräch mit Frau van Laack und Gröbner war laut und heftig geworden. Dass Gröbner nicht bereit war, seine Anschuldigungen an geeigneter Stelle zu wiederholen, wunderte ihn nicht. Gröbner hatte eine Beamtenseele.
    »Dann hätten Sie uns gar nicht informieren müssen, wenn Sie auf halber Strecke schlapp machen«, hatte die van Laack gefaucht.
    Und Alvermann

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