Himmelskraft
darüber, was das bedeutet, die Litzendrähte für 70 Kilometer Kabel elektrisch vorzubehandeln? Wenigstens vierzehn Tage lang werde ich damit zu tun haben, bloß damit die da unten in Südafrika ihre Seile bekommen - und dabei ist anderes, viel Wichtigeres zu tun. Längst sollten die kalten Kathoden für unsere Station fertig sein, aber vorläufig ist gar nicht daran zu denken.«
»Die vierzehn Tage werden vorübergehen, Doktor«, meinte Zacharias trocken.
Sein Widerspruch reizte Dr. Frank noch mehr: »Und das andere, Zacharias! Das Letzte, das Größte. Sie wissen es, zu Ihnen habe ich davon gesprochen, nur zu Ihnen, Zacharias. Offen gesagt, alter Freund, ich verstehe den Chef nicht, daß er uns mit solchem Quark belastet, wo wir wirklich Besseres zu tun haben.«
Bis jetzt hatte der Alte Dr. Frank ruhig reden lassen. Jetzt hielt er es an der Zeit, einzugreifen. »Es ist unmöglich, der United Electric Lizenzen zu geben, Doktor. Wir dürfen sie nicht in das Verfahren einweihen und es ihr überlassen, sich die Seile selber herzustellen. Ich habe mit Bergmann lang und breit darüber gesprochen, und wir waren uns vollkommen einig, daß wir die Südafrikaner dadurch auf eine Spur setzen würden. Mister Headstone soll die Seile, die er braucht, zu einem erträglichen Preise von uns kaufen, aber in die Karten wollen wir uns von ihm nicht sehen lassen. Seine Agenten treiben sich hier in der nächsten Umgebung herum.«
Seine letzten Worte brachten Dr. Frank in Erregung. »Agenten, hier bei uns? Wie ist das möglich, Herr Zacharias? Warum verhaftet man diese Menschen nicht?«
Der Alte schüttelte den Kopf. »Glauben Sie, daß es danach besser würde, Doktor Frank? Die neuen Leute, die man dann schicken würde, müßten wir erst allmählich kennenlernen. Die alten sind uns bekannt. Was zum Beispiel Mister Turner hier im Lande tut und treibt, kann ich Ihnen so ziemlich auf die Stunde genau sagen - und wenn man das weiß, Doktor, dann ist es leicht, sich dagegen zu schützen.« Er griff in seine Tasche. »Da habe ich zum Beispiel ein ganz lesenswertes Telegramm, das Mister Turner gestern nachmittag in Kassel bekam. Sehen Sie mal rein, es wird auch Sie interessieren. Turner ist daraufhin schon wieder unterwegs zum Heidekrug.«
Erschrecken malte sich in den Zügen des Doktors, während er dem Alten das Papier abnahm. »Wie sind Sie in den Besitz dieses Telegramms gekommen?«
Zacharias lachte. »Sehr einfach. Der Inhalt ist für Turner nicht sehr erfreulich. In seinem Ärger hat er es neben die Tasche gesteckt, und da ist es unter den Tisch gefallen, ohne daß er’s merkte. Einer meiner Leute, der schon von Düren aus hinter Turner her war, sah es, nahm es auf, sobald der Mann den Raum verlassen hatte, und hat es mir noch in dieser Nacht gebracht. Sie sehen, die Geschichte erklärt sich sehr natürlich. Man muß nur die Augen offenhalten. Aber jetzt möchte ich etwas anderes mit Ihnen besprechen.« Der Alte machte es sich in einem Stuhl bequem. »Wissen Sie, Doktor«, begann er nach kurzem Überlegen, »ich möchte mich bei Ihnen vierzehn Tage einquartieren.«
»In Ordnung, Herr Zacharias, betrachten Sie sich für die nächsten Wochen als mein Gast.«
Was war mit Mr. Cowper geschehen? Er stand auf einer schmalen Felszacke und hatte mit Hilfe einer schweren Zange eben das letzte Tragseil abgekniffen, als er plötzlich einen Stoß bekam, der ihn von der Felszacke hinunterwarf. Instinktiv griff er im Fallen mit beiden Händen um sich und bekam ein paar Maschen des noch an den Ballonen hängenden Netzteiles zu fassen. Im Selbsterhaltungstrieb klammerte er sich daran fest, suchte auch mit den Beinen einen Halt zu finden und geriet dabei in zwei andere Netzmaschen. Schon im nächsten Augenblick konnte er feststellen, daß er auf diese Weise einen guten
Halt hatte und verhältnismäßig sicher saß. Mit wachsender Angst sah er jedoch das riesige Felsmassiv immer näher kommen und glaubte schon den Augenblick berechnen zu können, in dem er an ihm zerschellen würde. Aber unaufhörlich waren inzwischen auch die Ballone mit dem Netz gestiegen. Beängstigend schnell ging es jetzt in die Höhe. Cowper spürte es an einem Knacken in den Ohren. Er mußte den Mund öffnen und mehrfach kräftig Luft schlucken, um die störenden Erscheinungen zu beseitigen. Auch empfindlich kalt wurde es. Fünfhundert Meter noch - jetzt nur noch zweihundert Meter - taxierte er den Abstand von dem obersten Felsgrat, als sein Blick darüber hinweg ins
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