Himmelskraft
sah er bei dem einen, ganz ähnlich, wie Zacharias ihn trug. Der andere - Turner kramte in seiner Erinnerung - glich er nicht dem Mann, den er zusammen mit Zacharias und dem Ingenieur im AE-Werk beobachtet hatte?
»Hast du eben unseren Patienten gesehen, Franz?« fragte zur gleichen Zeit Zacharias Dr. Bergmann, als beide an Turner vorbeibrausten. »Mir scheint, er hat schwer an den Pillen zu schlucken, die ich ihm eingab. Vielleicht helfen sie ihm auf den rechten Weg.« Eine halbe Stunde später saßen Dr. Bergmann und Zacharias mit Dr. Frank zusammen und beratschlagten über dasselbe Thema, das sie schon auf der Fahrt von Neustadt beschäftigt hatte.
»Professor Livonius landet heute in Kapstadt«, meinte Bergmann. »Ich hoffe, er wird gute Arbeit tun.« Zacharias zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, Franz, ob er es schaffen wird. Er ist zwar ein großartiger Patentexperte.«
»Das ist er!« warf Doktor Frank zustimmend ein. »Ich vermute«, fuhr Bergmann fort, »er wird Headstone bis zur Weißglut ärgern. Aber ihn mürbe machen? Dazu wird’s noch stärkerer Mittel bedürfen.« Zacharias begann zu sprechen, weniger zu den anderen als zu sich selbst: »Der erste Trumpf im Spiel, unser Freund Turner; der zweite Trumpf, Professor Livonius - schon stärker, aber nicht stark genug. Der dritte und höchste Trumpf, Doktor Frank, der werden Sie selber sein!«
»Ich?« Dr. Frank wehrte ab. »Ich will mit denen nichts zu tun haben.«
»Es wird nötig werden, Doktor Frank. Wenn die Zeit dafür reif ist.«
Auch in Kapstadt gab es eine lange Unterredung zwischen James Headstone und Direktor Brooker, und verschiedene für Headstone wenig angenehme Dinge hatte Brooker dabei vorzubringen.
»Daß die Hochspannungshalle in Pretoria durch Ihr Experiment zum Teufel gegangen ist, muß auf Unkostenkonto AE-Station abgebucht werden«, erklärte Brooker.
Headstone nickte, ohne sich zu äußern. »Daß Sie die gefährlichen Versuche jetzt in unserm Hochspannungswerk bei den Victoria-Fällen oben am Sambesi fortsetzen wollen, halte ich für bedenklich«, sprach Brooker weiter.
»Nur mit 10 Millionen Volt, Brooker!« fiel ihm Headstone ins Wort. »Ein zweitesmal wird es keinen Unfall geben. Diese Höchstspannungen werden uns bei der weiteren Entwicklung der AE-Stationen sehr von Nutzen sein.«
»AE-Stationen.«, setzte Brooker seine Beanstandungen fort. »Wir haben schlechte Nachrichten von unserer neuen Station in Bamangwato. Die atmosphärische Spannung ist so großen Schwankungen unterworfen, daß der reguläre Betrieb noch nicht aufgenommen werden konnte. Da drüben«, er deutete auf ein Aktenstück, »liegen die Berichte von Fosdijk und Cowper. Bis jetzt ist es noch nicht möglich gewesen, die Station an das Überlandnetz der Victoria-Kraftwerke zu schalten.«
»Unbegreiflich, Brooker! Unsere alte Station hat doch über das Netz gearbeitet.«
»Die neue aber nicht, Headstone! Die Spannungsschwankungen sind zu groß. Wir würden das ganze Überlandnetz in Unordnung bringen, wenn wir’s versuchten. Hier muß Abhilfe geschaffen werden, und zwar bald.«
Brooker schwieg und begann einen Schreibblock mit Zahlen zu bedecken.
»5 Millionen Pfund, Headstone«, sagte er schließlich und warf den Bleistift auf den Block. »Kaum jemals wurde bisher ein solches Kapital für die Entwicklung eines einzelnen Problems verbraucht, und immer noch sind wir weit vom Ziel entfernt. Ich weiß nicht, Headstone, ob wir den richtigen Weg gewählt haben.« Mit wachsender Bestürzung hörte Headstone die Resignation, die aus den letzten Worten klang. Verlor Brooker die Lust, weiter mitzumachen, dann war das Ende da.
»Wir sind auf dem richtigen Wege, Brooker! Schon in den nächsten Tagen werden wir die 10 Millionen Volt am Sambesi haben. Wir werden die Spannungsschwankungen bezwingen.«
Immer erregter, immer eindringlicher sprach Headstone und merkte, daß seine Rede nicht wirkungslos blieb. Brooker raffte sich zu einem Entschluß auf. »Mein letztes Wort, Headstone: Bis zu 6 Millionen Pfund will ich gehen! Arbeitet unsere Station dann über das Überlandnetz, soll es gut sein, sonst.«
»Sonst?« fragte Headstone.
»Sonst müssen wir mit den Europäern paktieren.«
Auf Headstones Schreibtisch hatte sich während seiner letzten Reise zum Sambesi die Post gehäuft. Als erstes fielen ihm die Fernaufnahmen in die Hände, die Turner von dem europäischen Werk gemacht hatte. Er nahm eine starke Lupe zu Hilfe und studierte sie sorgfältig. »Die
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