Himmelskraft
Englisch sprach, erkannten Fosdijk und Cowper schnell an seinem Akzent, daß er Ausländer war. Daß er gut über AE-Stationen Bescheid wußte, fiel ihnen in ihrer gehobenen Stimmung nicht mehr auf. Auch entging es ihnen, daß er bei jeder neuen Lage den größten Teil seines Glases geschickt wegkippte. Sie fanden nur, daß der Fremde ein famoser Kerl sei, mit dem man über alle Dinge, die ihnen am Herzen lagen, frei sprechen konnte.
Schräg fielen die Sonnenstrahlen in den Raum, schnell brach die herbstliche Dämmerung herein. Der Wirt drehte das elektrische Licht an und warf einen skeptischen Blick auf Fosdijk und Cowper. Es war ein langer und stellenweise schwieriger Weg von Tamasetse bis zur AE-
Station. Der Wirt hatte Bedenken, ob die beiden mit ihrem Wagen heil nach Hause kommen würden.
Vorsichtig brachte inzwischen auch der Fremde, der sich im Laufe der Unterhaltung als Dr. Frank bekannt gemacht hatte, das Gespräch auf die Heimfahrt. Zunächst wollten Fosdijk und Cowper noch nicht viel davon hören. Sie kamen wieder auf die Station und ihre eigenen Sorgen und Schmerzen zu sprechen. »Doch nichts einfacher als das, meine Herren«, warf der Doktor unvermittelt hin. »Man schaltet einen Kondensator parallel zur Funkenstrecke.«
»So klug sind wir selber, Dok!« erwiderte Fosdijk. »Wir hätten’s längst getan, wenn’s einen Kondensator gäbe, der das aushielte!«
»Es gibt ihn, Mister Fosdijk!« entgegnete der Doktor kurz. Fosdijk bestritt es. Der Doktor verteidigte seine Meinung. Cowper mischte sich ein und schlug eine Wette vor.
»Wetten wir um - 100 Pfund!« nahm Fosdijk die Anregung auf.
»Sagen wir 100 von mir gegen 10 von Ihnen!« schlug Dr. Frank vor.
Der Wirt kam wieder an den Tisch. Er hatte den stillen Wunsch, seine Gäste auf gute Weise loszuwerden und wußte nicht recht, wie er’s anfangen sollte. »Ich werde meine Freunde nach Hause fahren«, sagte Dr. Frank zu ihm. »Ihr Wagen kann bis morgen hier stehenbleiben.«
»Gewiß, Sir!« pflichtete der Wirt bei. »Ich lasse den Wagen morgen früh zur Station bringen.« Sicher steuerte der Doktor sein Gefährt, während Fosdijk und Cowper es sich auf den Polstern der Hintersitze bequem machten. Die frische Nachtluft tat ihnen wohl.
»Famoser Kerl«, meinte Fosdijk.
»Kondensator!« sagte Cowper und streckte sich bequem in seiner Ecke, um ein Schläfchen zu machen.
Der Wagen hielt vor der AE-Station. Ein Wächter kam heran und fragte den ihm unbekannten Fahrer, was er hier wolle.
»Bringe meine Freunde, Fosdijk und Cowper«, sagte Dr. Frank und wies hinter sich. »Helfen Sie ihnen mal ein bißchen beim Aussteigen!«
Der Wächter öffnete die Wagentür. »Hallo, Jacky!« begrüßte ihn Fosdijk und stieg aus. Schwerer ging es mit Cowper. Der Wächter hatte zu tun, ihn munter zu bekommen. Doch dann stand auch der auf seinen Beinen. Dr. Frank traf Anstalten, sich zu empfehlen; doch Fosdijk ließ es nicht zu.
»Unsere Wette, Doc. Kommen Sie mit rein, wir müssen noch besprechen, wie wir sie austragen wollen.« Dr. Frank folgte der
Einladung. Durch einen Gang führte ihn Fosdijk in einen mit behaglichen Klubmöbeln ausgestatteten Wohnraum. Cowper folgte und ließ sich in einen Sessel fallen.
»Endlich mal Ruhe in der verdammten Bude!« sagte er aufseufzend. Fosdijk ging in einen Nebenraum und kehrte nach kurzem mit einem Tablett zurück, auf dem alles stand, was zu einem kalten Büfett gehört. »Bedienen Sie sich, Sir!« sagte er und schob dem Doktor Teller und Besteck zu. »Cowper hat recht!« fuhr er während des Essens fort.
»Endlich mal wieder Ruhe.«
»Sie haben das Netz geerdet? Das Vernünftigste, was Sie tun konnten!« meinte Dr. Frank.
»Bis Montag haben wir Ruhe. Danach geht die Plage wieder los«, mischte sich Cowper ein.
»Dauerblitze von 10.000 Kilowatt und mehr. Man muß dabei verrückt werden«, vervollständigte Fosdijk die Bemerkung seines Kollegen.
»Wenn man keinen Kondensator dazwischenschaltet«, sagte Dr. Frank trocken.
»Erst haben und dann schalten!« schrie Cowper verzweifelt.
»Ja, unsere Wette!« nahm Fosdijk den Faden auf. »Wie steht es damit? Wann werden Sie ihn uns bringen, Doktor?«
»Wann Sie wollen. Ich habe den Kondensator in meinem Wagen.«
Gabeln und Messer fielen klirrend auf die Teller, zwei Augenpaare starrten ihn erstaunt an.
»Da können wir die Wette ja sofort austragen!« rief Cowper.
Dr. Frank nickte.
Einen Augenblick zögerte Fosdijk. Einen Fremden in die Station lassen? Es ging
Weitere Kostenlose Bücher