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Himmelspfade - Engel weisen uns den Weg

Himmelspfade - Engel weisen uns den Weg

Titel: Himmelspfade - Engel weisen uns den Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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haben mir die Frage nie beantwortet, sondern einfach nur gelächelt.
    Ich hatte Angst. Warum zeigten mir die Engel das alles? Immer wenn sie so etwas taten, wurde ich gebeten, etwas zu tun, das wusste ich. Aber ich wollte nichts mit der ganzen Sache zu tun haben.
    Im Laufe des Sommers erfuhr ich von Michael und den anderen Engeln sehr viel über Marie. Damals sah ich auch den jungen Mann zum ersten Mal. Ich ging an den Scheunen vorbei und sah, dass er für einen kurzen Augenblick aus dem Fenster spähte. Er stand am selben Fenster, an dem ich auch Marie gesehen hatte – in der Nähe der alten Speisekammern. Ich ging weiter und tat so, als hätte ich ihn nicht gesehen. Aber dann erhaschte ich aus den Augenwinkeln doch noch einen kurzen Blick auf ihn. Jetzt stand er an einem anderen kleinen Fenster.
    Die Engel hatten mir beigebracht, die äußere Erscheinung anderer rasch zu erfassen. Daher konnte ich allein aufgrund dieser beiden kurzen Momente sagen, dass der Mann dunkelhaarig war und kantige Gesichtszüge hatte. Ich war jedoch nicht ganz sicher, wie groß er war, weil ich nur sein Gesicht und seine Schultern gesehen hatte. Ich wusste nicht, was ich von ihm halten sollte. Ich hatte Angst und ging so schnell ich konnte an dem Fenster vorbei. Dann rannte ich bis zum Tor und kletterte hinüber in den Garten. Dort unter den großen Bäumen und inmitten der schönen Blumen fühlte ich mich sicher. Hier gab es Kaninchen und Vögel, und wenn ich unter einem der großen Bäume saß, dessen Zweige sich nach unten bogen, konnte ich in ein Amselnest hineinschauen und die Eier und später die geschlüpften kleinen Vögel sehen. Ich saß im Garten und schimpfte auf die Engel. Ich erinnerte sie daran, dass ich immerhin noch ein kleines Mädchen war und manchmal Angst hatte.
    In diesem Sommer schlüpfte ich am Tag vor unserer Abreise durch die Küche ins Haus, damit ich in den kleinen Gang schauen konnte, auch wenn ich mich nicht traute, hineinzugehen. Ich sah die beiden Geister am Ende des Gangs nebeneinander stehen. Es war kalt dort, sehr, sehr kalt, und es war, als ob ihr Schmerz den Gang entlang zu mir hergekrochen käme, als wolle er mich treffen. Ich sprach das Gebet, das die Engel mich gelehrt hatten: »Jesus und Maria, ich hab euch lieb. Rettet die Seelen.« Ich wich zwei oder drei Schritte zurück, schielte kurz noch einmal zu den Geistern hinüber, hatte aber viel zu viel Angst, um länger hinzuschauen, und rannte dann zu einem großen Fenster am anderen Ende des Flurs. Dort war es hell, und ich konnte über die Kuhweiden bis zum Lough Derg sehen. Hier fühlte ich mich sicher. Es war, als wären die Engel überall um mich herum, wie eine Decke oder ein Dunst. Ich konnte keinen einzelnen Engel ausmachen, aber ich spürte, dass sehr viele da waren.
    Wieder in Dublin dachte ich überhaupt nicht mehr an die beiden Geister in Mountshannon, aber immer wenn die Ferienzeit näherrückte, kamen sie mir allmählich wieder in den Sinn. Ich verstand immer noch nicht ganz, was das alles zu bedeuten hatte, aber irgendwo tief in meinem Inneren wusste ich, dass es mit großem Leid zu tun hatte und dass ich eines Tages diesen Gang hinuntergehen musste, den ich jetzt immer noch mied. Der Gedanke daran erfüllte mich mit großer Angst.

Kapitel 15
    In längst vergangener Zeit
    Als wir im nächsten Sommer wieder nach Mountshannon in die Ferien fuhren, wohnten wir nicht bei meiner Großmutter, sondern in einem leer stehenden Haus im Dorf. Doch wir besuchten Oma sehr oft, und es wurde mir nicht erlaubt, die beiden Geister zu vergessen. Ich wusste, dass man mich dazu auffordern würde, etwas zu tun. Das verunsicherte mich, machte mich traurig und jagte mir Angst ein.
    Manchmal, wenn ich so traurig war, erschien Hosus. Eines Tages kam er zu mir, als ich im Wintergarten saß, und sagte: »Wir wissen, dass dir das Herz manchmal schwer wird, dabei bist du noch so klein. Aber du solltest immer daran denken, dass Gott dich anders gemacht hat als andere Menschen, und das wird dein ganzes Leben lang auch so bleiben. Du wirst diese Arbeit immer tun müssen, denn du wirst gebraucht.«
    Ich sah ihn zornig an. »Aber ich will das überhaupt nicht. Warum konnte Gott sich nicht jemand anderen aussuchen? Warum will er mich?«
    Hosus lachte nur und sagte: »Eines Tages wirst du selbst wissen, warum. Aber du musst in den kleinen Gang gehen, weißt du.«
    Ich erwiderte: »Nein! Niemals gehe ich in den kleinen Gang, für niemanden. Ich fürchte mich davor, der

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